Bodybuilderin

Ehrliche Einblicke: Junge Frau aus Kreis Gütersloh hungerte sich auf 40 Kilo runter

Alina Wilhelm aus Halle im Kreis Gütersloh ist heute Europameisterin im Bodybuilding. Sie verdient Geld mit ihrem Körper. Doch bis dahin musste sie einige Hürden meistern.

Mit dem Bodybuilding verdient Alina Wilhelm seit einiger Zeit nebenher Geld. | © Alina Wilhelm

Melanie Wigger
22.07.2023 | 26.07.2023, 09:47

Halle. "Mit dem eigenen Körper Geld verdienen?" Unter diesem Fokus hat das Netz-Format "Die Frage" die junge Hallerin Alina Wilhelm bei einem Wettkampf und bei ihrem alltäglichen Training mit der Kamera begleitet und interviewt. Die 24-Jährige hat bereits mit 19 Jahren in Halle angefangen, intensiv zu trainieren.

Heute ist sie Europa-Meisterin in ihrer Gewichtsklasse. Mit ihrer Schulterbreite, der schmalen Taille und der ausgeprägten Rückenmuskulatur hat sie überzeugt, erklärt ein Jury-Mitglied beim Wettkampf in Prag. Beim entscheidenden Sieg fiebert im Zuschauerraum ebenfalls das Kamera-Team mit - sowie ein Moderator von Funk, dem Netzwerk für die öffentlich-rechtlichen Angebote im Internet.

Bei Wettkämpfen ist die gebürtige Hallerin mittlerweile äußerst erfolgreich. - © Alina Wilhelm
Bei Wettkämpfen ist die gebürtige Hallerin mittlerweile äußerst erfolgreich. | © Alina Wilhelm

Mittlerweile verdient die junge Frau auch Geld mit ihrem Sport, indem sie andere coacht und durch die Zusammenarbeit mit Werbepartnern, deren Produkte sie auf Instagram vorstellt. Hinter diesem Business steckt viel Arbeit - fünfmal die Woche trainiert die Sportlerin für eineinhalb Stunden. Und vor allem braucht sie einen eisernen Willen, denn Bodybuilding erfordert nicht nur sportliche Disziplin, sondern auch die Bereitschaft, die Ernährung streng anzupassen.

Extreme Ernährung war Bodybuilderin aus dem Kreis Gütersloh nie fremd

Extreme Ernährung war Alina Wilhelm jedoch schon vor dem Start in ihre Sportkarriere nicht fremd. Als Jugendliche wog die 1,60 Meter große Hallerin 63 Kilo und fühlte sich damals - unberechtigterweise - zu dick und wollte abnehmen. Doch sie rutschte ab und magerte sich auf 40 Kilo runter. "Ich habe halt nur ein Brötchen am Tag gegessen. Da ging es mir echt schlecht. Keine Energie mehr, keine Lust mehr am Leben." Durch ein Vorbild im Netz wurde sie angefixt, definierte Muskeln aufzubauen - weg vom superschmalen Körperideal. Und es folgte die Erkenntnis: Um das zu schaffen, musste sie essen.

Auf dem Weg zur Profi-Liga meisterte sie einige Hürden: Ihren ersten Wettkampf besuchte sie nach nur wenigen Wochen der Vorbereitung und ohne konkretes Vorwissen. Erst danach lernte sie, dass sie neben dem Muskelaufbau auch das Posing beherrschen muss, um den Körper auf der Bühne richtig in Szene zu setzen. "Posing ist richtig schwer. Das musst du üben."

Nach dem Bodybuilding-Wettkampf: "Ich habe alles inhaltiert"

Auf Instagram teilt Alina Wilhelm mit ihren Followern, was sie vor und während der Wettkämpfe isst. - © Alina Wilhelm
Auf Instagram teilt Alina Wilhelm mit ihren Followern, was sie vor und während der Wettkämpfe isst. | © Alina Wilhelm

Noch viel schwieriger war jedoch der Umgang mit der Zeit nach dem Wettkampf. Nach dem ersten Mal sei es richtig schlecht gegangen. Vor der Kamera spricht sie über das im Bodybuilding nicht unübliche Binge-Eating nach den langen Phasen der sehr strikten Diät. "Ich habe innerhalb von zwei Wochen zehn Kilo zugenommen. Ich habe alles inhaliert", gesteht die junge Frau, die heute einen Bachelor in Ernährungsberatung hat.

Jetzt gerade kämpft sie mit dem gegenteiligen Problem - sie würde gerne ihre Form halten und nicht wieder zunehmen. Auch wenn sie sich darüber im Klaren zu sein scheint, dass das langfristig schlecht für ihre Psyche ist und zu Unfruchtbarkeit führt.

Dass durch die harte Wettkampfvorbereitung bedingt bei Bodybuilderinnen die Periode ausbleibt, sei Standard, stellt sie klar: "Das ist fast bei allen Mädels so. Die sprechen halt nur nicht öffentlich darüber." Professor Patrick Diel vom Institut für Sportmedizin an der Deutschen Sporthochschule in Köln ordnet für das Youtube-Format ein, dass die Körperformen beim professionellen Bodybuilding nicht den gesunden Körpern entsprechen.

Das sei nicht normal. Gerade bei Frauen ist das Runterhungern auf niedrigste Körperfettanteile noch heikler - denn es hat direkte Auswirkungen auf die Menstruation. Das Ausbleiben der Periode durch den Sport sei ungesund, betont der Experte. Auch Alina Wilhelm beschreibt, dass sie sich zwar mental sehr wohl mit ihrer fettarmen Körperform fühlt - aber körperlich gehe es ihr mit mehr Gewicht besser.

Der innere Konflikt, den die junge Frau durchlebt, ist nicht ungewöhnlich. Patrick Diel erläutert, dass der Bodybuilding-Sport durch das ständige Kontrollieren der Ernährung Zwänge fördert. Der Moderator von "Die Frage" konfrontiert Alina Wilhelm mit möglichen Schwierigkeiten mit Blick auf ihre Essstörung in der Vergangenheit. Sie räumt ein, dass die Beurteilung durch die Kampfrichter beim Wettkampf auch mit ihr etwas macht. Ist es ihr das wert? "Momentan schon. Ich weiß aber nicht, wie das in ein paar Jahren sein wird."

Der Sport hat auch positive Auswirkungen

Trotz aller Kritik hebt der Experte Patrick Diel hervor, dass Bodybuilding auch positive Auswirkungen hat. "Man lernt - aber das gilt für viele Sportarten - sehr diszipliniert zu sein. Man muss enorme Willensstärke aufweisen." Möglichst viel Muskelmasse im Körper zu habe, sei generell ein gutes Bestreben, stellt er klar. "Das ist für alle und alle Altersgruppen etwas Gutes."