RTL-Blockbuster entsteht in Halle: Komparsen zittern vor Aufregung und Kälte

Halle. Der 7. Juli 1985 war ein schöner, warmer Sommertag. Und die Zuschauer, die auf den Rängen des altehrwürdigen Center Courts an der Londoner Church Road saßen und das Wimbledon-Finale zwischen Boris Becker und Kevin Curren verfolgten, trugen leichte Kleidung. Nun, der 26. April 2021 in OWL war kein so warmer Tag – im Gegenteil. Stellenweise hatte es in der Nacht zu Montag sogar noch gefroren. T-Shirts, kurzärmelige Hemden und dünne Kleider mussten die Komparsen beim Dreh des RTL-Blockbusters über Boris Becker dennoch anziehen, ist ja klar. Schließlich stand auf Court One das legendäre Match, bei dem &bdquo;Bum-Bum-Boris" in vier Sätzen jüngster Wimbledon-Sieger aller Zeiten wurde, auf dem Drehplan. Und so hatten die meisten Hobby-Schauspieler am Abend nur noch drei Wünsche: Sitzheizung einschalten, ein heißes Bad und ein Körnerkissen für den Rücken obendrein. &bdquo;Wir waren wirklich völlig durchgefroren und durchaus erledigt", erzählt Katrin Kisker, die eine Rolle als Zuschauerin erhalten hatte. Aber sie lacht. Denn der Spaß, den die mehr als 170 Komparsinnen und Komparsen hatten, war unbezahlbar. Sagen zumindest alle, mit denen wir gesprochen haben. &bdquo;Die ganze Atmosphäre war einfach total locker" Ganz gleich, wann sich die ersten an der OWL Arena einfinden mussten – zunächst stand für alle ein Corona-Test an. Und der war trotz des Drehs unter freiem Himmel umso wichtiger, als dass die Komparsen, die das Publikum darstellten, ja dicht zusammensaßen. Eine von ihnen war Corinna Sötebier, die zu jener Gruppe gehörte, die &bdquo;gefittet" wurde. So heißt das in der Branche, wenn Schauspieler mit Kostümen ausgestattet und von Maskenbildnern professionell geschminkt und frisiert werden. &bdquo;Einmal saß ich direkt hinter Katharina Große, die ja Elvira Becker spielt, und ich sollte ihr nach dem Sieg von Boris gratulieren", erzählt sie. &bdquo;Das war natürlich richtig toll." Auch Thomas Huber (Karl-Heinz Becker), Misel Maticevic (Manager Ion Tiriac) und Samuel Finzi (Trainer Günther Bosch) nahmen zwischenzeitlich in ihrer Nähe Platz. Gemeinsam wurde auf Regieanweisung hin gejubelt und geraunt, geklatscht oder Entsetzen gespielt – je nachdem, was gerade auf dem Platz los war. War die Szene im Kasten, hieß es: &bdquo;So, alle aufstehen und einmal mischen – und dann einen Block weiterziehen", ergänzt Katrin Kisker. Zwar kamen die Komparsen mit den Stars des Films nicht richtig in Kontakt. &bdquo;Also wir haben uns jetzt nicht mit denen unterhalten", sagt Corinna Sötebier. &bdquo;Aber die waren alle total nett und überhaupt die ganze Atmosphäre war total locker. Das gesamte Team hat sich wirklich richtig viel Mühe gegeben. Die Chance zu haben, einmal hinter die Kulissen zu gucken und zu erleben, wie ein Film entsteht, war einfach ein ganz besonderes Erlebnis", zieht sie am Dienstagabend glücklich Resümee. Hotelchef als Kameramann Andy Marten hat genauso empfunden. Der Geschäftsführer des Künsebecker Landhotels Jäckel spielte einen Kameramann und hatte seinen Arbeitsplatz direkt hinter dem Schiedsrichter; Hauptdarsteller Bruno Alexander immer im Blick. &bdquo;Also Montagmorgen war ich schon nervös", gibt der 47-Jährige ganz ehrlich zu. &bdquo;Wäre der Corona-Test positiv ausgefallen, hätte ich gleich wieder einpacken können und alle Vorfreude wäre umsonst gewesen." So aber seien die Drehtage wie Urlaub gewesen. &bdquo;Erst mal das sonnige Wetter", stellt Andy Marten voran. &bdquo;Und überhaupt war es einfach eine total tolle Erfahrung, diese Zwölf-Stunden-Drehtage mit den vielen tollen Komparsen-Kollegen." Für ihn persönlich habe sich außerdem ein Kreis geschlossen. &bdquo;Als Boris 1985 das Finale gewonnen hat, war ich mit meinen Eltern an der Ostsee und wir hingen wie gebannt vor dem Fernseher. Als ich später zum Fahrdienst bei den Gerry Weber Open gehörte, habe ich mit Familie Becker einen Ausflug in den Safari-Park nach Stukenbrock gemacht. Und jetzt bin ich beim Filmdreh vor der Haustür dabei – das ist fantastisch", sagt der Hotelier und lächelt. Wie Boris singt und tanzt Vier Tage war das Team von RTL am Ende in Halle, Freitag zog der Zirkus schließlich weiter. Übrigens nicht nur mit reichlich Tennisszenen im Gepäck, sondern auch mit Bildern einer ausgelassenen Disco-Nacht. Anna Borgstedt (20) aus Hörste gehörte zu den vielen Mädels, die deshalb in Pailettenkleid und kurzer Jeansjacke, pinken Schuhen und hohem Zopf im Event-Center tanzte, während aus den Boxen in Dauerschleife &bdquo;Jump" von Van Halen dröhnte und in der Mitte der Tanzfläche Bruno Alexander alias Boris Becker abging – &bdquo;Der Spieler". Wann der Film an einem Abend zur besten Sendezeit um 20.15 Uhr ausgestrahlt wird, steht noch nicht fest. Aber so viel ist klar: Alle Komparsen, die hier mitgewirkt haben, werden an diesem Abend vor dem Bildschirm hängen. Und noch viele Menschen mehr, denn sie alle wollen sehen, wie Boris siegt und tanzt – mit ihnen als Statisten.

Meistgelesen