Gütersloh

Chirurgen machen einen Schnitt

Binnen kurzer Zeit alle Gütersloher Praxen übergeben

Dr. Wolfram Maria Saul (65) hat zum Jahreswechel den Arztkittel ausgezogen und seine Praxis an den gebürtigen Iraner Mehrdad Ghassemi-Fard übergeben. | © FOTOS: LUDGER OSTERKAMP

05.01.2013 | 05.01.2013, 00:00

Gütersloh. In der Gütersloher Chirurgie wird deutsch gesprochen. Und Farsi (Dari). Wer ins örtliche Ärzteverzeichnis schaut, findet in Gütersloh unter der Rubrik Chirurgie drei niedergelassene Ärzte aufgeführt, alle drei haben Wurzeln oder Verbindungen in den Iran. Ein kurioser Zufall.

Jüngster dieser niedergelassenen Chirurgen ist Mehrdad Ghassemi-Fard, ein 43-jähriger Facharzt, der zuletzt als Oberarzt im Klinikum Hamm-Heessen tätig war. Ghassemi-Fard stammt aus dem Iran; er hat vor wenigen Tagen die Praxis von Dr. Wolfram Saul übernommen, der mit knapp 66 Jahren nun in den Ruhestand gegangen ist. Saul zählt zu den bekanntesten heimischen Ärzten, vor 24 Jahren hatte er sich in der Kökerstraße niedergelassen. In seiner Kartei stehen die Namen von 80.000 Patienten.

Ebenfalls im Iran aufgewachsen ist Dr. Bijan Elahi. Der 52-Jährige arbeitet schon seit zwei Jahren gemeinschaftlich in der Praxis mit Dr. Franz-Josef Meyer an der Rhedaer Straße, seit Oktober führt er sie allein.

Ein Perser, allerdings aus Afghanistan, ist auch Nassir Ahmadi, der vor anderthalb Jahren die Praxis von Dr. Horst Theiß an der Moltkestraße übernommen hat. Der 53-Jährige, Sohn eines später auch im Iran tätigen Arztes, hat in Kabul studiert und kam 1988 nach Deutschland.

Alle drei Chirurgen müssen schmunzeln, wenn sie über die Parallelen in ihrer Biografie berichten. Daraus einen Zusammenhang herzuleiten, sei aber abwegig. Teils kennen sie sich untereinander nicht.

Dr. Wolfram Saul lässt auf die Qualität der Nachfolger nichts kommen. "Ich bin mir sicher, dass da beste medzinische Arbeit geleistet wird." Bei der Suche nach einem Nachfolger für seine Praxis habe er aber zu seinem eigenen Erstaunen festgestellt, dass das Interesse vieler Kollegen an einem Kassensitz derart gering sei. "Viele Ärzte scheinen das Risiko und den bürokratischen Aufwand, den eine eigene Praxis mitbringt, zu scheuen." Sie blieben lieber in den Krankenhäusern, auch wenn dort die Arbeitsbelastung ebenfalls hoch sei.

Saul, geboren in Unna, aufgewachsen in Dortmund, hat 38 Jahre lang als Arzt praktiziert. Nach Studium in Köln und Famulatur in Zululand(Südafrika) legte er 1974 sein medizinisches Staatsexamen ab. Es folgten Assistenzarztjahre unter anderem in Bremen und Leverkusen, bevor er 1981 seinen Facharzt in der Chirurgie absolvierte. Später erwarb er weitere Fachqualifikationen als Unfall-und Kinderchirurg.

Der Einzugsbereich von Sauls Praxis ist groß. Vor allem als Kinderchirurg erwarb sich Saul einen Ruf als Koryphäe, im Schnitt operierte er jede Woche zehn Kinder unter Narkose. Dass er für das Fach Kinderchirurgie, das er mit großer Zuneigung pflegte, keinen Nachfolger gefunden habe, bedaure er sehr.

Allerdings bringt sein Nachfolger Ghassemi-Fard besondere Qualifikationen in der Unfall-, Fuß- und Bauchchirurgie mit. Ghassemi-Fard hat in den USA (Pennsylvania) und Malaysia studiert und in Deutschland seinen Facharzt als Chirurg beendet. Er ist mit einer deutschen Frau verheiratet und Vater einer kleinen Tochter. Seit 1998 lebt er in Deutschland, arbeitete an verschiedenen Krankenhäusern, die letzten Jahre an der Unfallchirurgie an der Barbara-Klinik in Hamm-Heessen. Dass er seinen Wunsch, sich niederzulassen, nun in Gütersloh umsetzen könne, stimme ihn glücklich.