Bielefeld. Das Gütersloher Centrum für Hochschulentwicklung (CHE), zu 100 Prozent finanziert aus Mitteln der Bertelsmann-Stiftung, rühmt sich für das "differenzierteste Hochschulranking in Deutschland. Doch die Kritik am Ranking wächst stetig. Wissenschaftliche Fachgesellschaften wie die der Soziologen, Historiker und Chemiker rufen zum Boykott auf. Reihenweise sind Fakultäten und Fachbereiche ausgestiegen. Einzelne Hochschulen verweigern die Teilnahme komplett.
Die Liste der Kritikpunkte am CHE-Ranking, die die Deutsche Gesellschaft für Soziologie (DGS) erstellt hat, ist viele Seiten lang. Die Rede ist von "gravierenden methodischen Schwächen und empirischen Lücken", die die Zunft der empirischen Forscher gnadenlos auflistet. Im Internetauftritt der Wochenzeitung Die Zeit, publizistischer Partner des CHE, ist davon noch nichts zu sehen. Anders bei den Historikern, wo bereits viele Lücken klaffen. So auch bei der Uni Bielefeld, deren bestbeleumdete Geschichtsfakultät wie fast die Hälfte aller Historiker bereits 2010 die Teilnahme verweigerte.
Die Kritik kann die Hochschulrektorenkonferenz (HRK), Vertretung aller staatlichen und staatlich anerkannten Hochschulen in Deutschland, nicht kalt lassen. Schließlich ist die HRK Mitgesellschafter des CHE. Entsprechend vorsichtig formuliert deren Präsident Horst Hippler: "Ein Ausstieg bringt nichts, denn es wird weiter Ratings und Rankings geben." Daher sei es allemal besser mitzugestalten. Allerdings "muss besprochen werden, ob die Vorgehensweise des CHE wissenschaftlich fundiert ist."
Will sich nicht mehr an Umfragen beteiligen
Als Mitgesellschafter wolle man mitgestalten. "Man muss sehen, dass das Verfahren so konstruiert wird, dass die Hochschulen auch darauf reagieren können", sagt Hippler. Mit Mittleraufgaben wurde Dieter Lenzen, Präsident der Uni Hamburg, beauftragt. Pikant: Seine Alma Mater und ihre Einrichtungen will sich überhaupt nicht mehr an Umfragen beteiligen, "die geeignet sind, deutsche und internationale Universitäten gegeneinander auszuspielen", so das Uni-Präsidium.Weniger radikal äußern sich die Hochschulleitungen in OWL. Die Fachhochschule Bielefeld hält das CHE-Ranking für "das seriöseste", obwohl es in der Vergangenheit durchaus Konflikte gegeben habe. Auch die Hochschule OWL plant keinen Ausstieg, auch wenn "Kritik am CHE-Ranking durchaus berechtigt ist", sagt Präsident Oliver Herrmann. Alles in Allem habe habe es sich bewährt und sei ein beliebtes Auswahlinstrument bei den Studierenden.
Ambivalent ist dagegen die Haltung des Rektorats der Uni Bielefeld. Die Kritik der Soziologen undHistoriker nehme man ernst. "Der Rektor hat daher einen internen Diskussionsprozess gestartet, um ein Meinungsbild zu erhalten und ggf. Kritik an der Methodik an das CHE weitergeben zu können", so Uni-Sprecher Ingo Lohuis. Deutlich positiver ist die Position der Paderborner Uni: "Es wird geschaut, welche Aspekte und Bewertungen als hilfreiche Kritik zur Verbesserung von Bedingungen an unserer Hochschule führen können."
"Unsere Studien sind aussagekräftig"
Das CHE reagiert auf die Kritik verständnislos. "Unsere Studien sind aussagekräftig, die Methoden werden ständig überprüft und verbessert", sagt CHE-Chef Frank Ziegele. Enttäuscht ist er von der DGS, der er "bewusste Verfälschung" vorwirft. Bis zu ihrem Ausstieg hätten sie sich nie kritisch in den Gremien eingebracht. "daher gehen wir unseren Weg weiter."Dass das neue Ranking der Historiker wenig vollständig sein werde, "tut schon weh", räumt Ziegele ein. In Wahrheit zielten die Kritiker gar nicht aufs Ranking, sondern auf die Institution CHE. Es sei eine Reaktion auf die Umsetzung von Reformvorschläge des CHE durch die Politik, die die Hochschullandschaft einschneidend verändert haben. "Das ist Rache für eine von uns angeblich inszenierte neo-liberale Revolution."
"Die beste Ranking-Methode der Welt", wie Ziegele das Ranking nennt, zieht inzwischen in die weite Welt. Das ostafrikanische Kenia will ein Hochschulranking nach dem Beispiel des CHE-Rankings einführen, heißt es in einer Pressemitteilung.