Zuckersüßes Leben

Verler Kirmes lässt den Ortskern drei Tage lang kräftig aufleben

Charlotte, Miriam und Alina (v.l.) lassen sich den Rummel mit
Zuckerwatte schmecken. | © FOTO: HUBERTUS EBBESMEYER

07.09.2009 | 07.09.2009, 00:00

Verl. "Kommt, wir machen jetzt mal Wahlkampf", ruft Peter Pawliczek den Kindern zu. Ein Mädchen kommt zu ihm und gemeinsam tauchen sie das Ringgestell für riesige Seifenblasen in die Lauge, ziehen das Gestänge dann durch die Luft. Die Menschen staunen angesichts der großen, oft allerdings nur kurzlebigen Kunstwerke. Und verstehen auch den Wortwitz mit der Wahl.
Pawliczek ist nur einer von zahlreichen Akteuren auf der Kirmes "Verler Leben". Drei Tage lang geht gar nichts mehr im Ortszentrum. Oder geht alles?

Es geht alles. Auf dem Kühlmannplatz geht’s turbulent zu. Zumindest in der Raupe, im Autoscooter und erst recht im "Shake". Da werden kreischende Jugendliche nach allen Regeln der Physik und des Fahrzeugbaus ordentlich durcheinander geschüttelt. Langsamer drehen sich höchstens die Gondeln des Riesenrades und der Berenbrinkers "Ochs am Spieß". Zentimeter für Zentimeter verliert der seine Leibesfülle. "Einfach köstlich", meinen die Speisenden.

Das Angebot an Döner und Zuckerwatte, Bratwurst und Lebkuchenherzen ist enorm. Ebenso wie das Angebot auf dem Kinderflohmarkt. "Das Geld, was ich einnehme, investiere ich gleich wieder", meint Jessica. So muss es sein.

Trampolinspringen, Kinderschminken, Ketten- und Kinderkarussellfahren sind das Größte für die Kleinen. Die Großen genießen an strategisch günstiger Position im Vorzelt bei Kampwirth das Drücken und Schieben in den Straßen. Von hier aus frönen sie bei feinen Leckereien und einem kühlen Bier ihrem Lieblingssport, dem "Sehen und Gesehenwerden".

Sportlich geht es auf dem Pausenhof der Marienschule zu. Die DLRG hat zum Menschenkickerturnier eingeladen. Kopfbälle machen allerdings keinen Spaß mehr, wenn sich die Schaumstoffbälle zuvor im Regenschauer vollgesogen haben. Fürs Publikum ist das allerdings ein Riesenspaß. Den haben immer auch noch die politischen Parteien vom Ölbach. Bei Kaffee und Waffeln machen sie mit Broschüren und Tippspielen auf ihre Programme aufmerksam. Sie wissen: "Nach der Wahl ist vor der Wahl - bis zum 27. September ist es nicht mehr lang."

Zwischen all den wummernden Sounds aus den Fahrgeschäften und den Werbeversprechen der fahrenden Händler wirkt die Musik des Drehorgelmanns am Pfarrzentrum wie ein akustischer Kurzurlaub im ansonsten hektischen Kirmesgeschehen. Das findet nach Einbruch der Dunkelheit gerade am Freitag und Samstag seine intensive Fortsetzung. In den Kneipen ebenso wie in den Partyzelten. So lebt Verl auf. Drei Tage lang. Und das ist gut so.