
Gütersloh. Das Ziffernblatt ist schon restauriert, aber die Zeiger stehen auf 2.30 Uhr und bewegen sich kein Stück. Das wird sich in den kommenden Monaten zwar nicht ändern, aber André Haselhorst arbeitet daran. Der Uhrmachermeister restauriert und repariert jetzt die Uhr an der Front der Hundertwasserschule. Seit der Nachkriegszeit hat der 1894 gebaute Zeitmesser stillgestanden.
"Als ich hier zur Schule ging, lief die Uhr noch", sagt Rudolf Herrmann vom Heimatverein, der gestern miterlebte, wie Haselhorst die alte Uhr der 1898 erbauten Schule demontierte und mitnahm. Insbesondere Schulleiter Gerhard Dickers hat sich des angejahrten Zeitmessers angenommen - im Einklang mit der Schulphilosophie, "glückliche Räume zu schaffen" und das Lernumfeld erlebbar zu machen.
Wenn sie denn wieder läuft, dann wird die Uhr in den Schulalltag einbezogen. Denn das gute Stück muss einmal wöchentlich aufgezogen werden, damit es tickt. Und das wird dann jeweils ein Schüler machen, gemeinsam mit Hausmeister Olaf Brinkschneider. "Manche Schüler fragen jetzt schon, ob sie diejenigen sein dürfen", berichtet Dickers.
Geschätzte 30 Pfund wiegt die in einem hölzernen Schrank unter dem Dach aufbewahrte Uhr, die Haselhorst und Brinkschneider gestern demontierten und zum Abtransport auf den Schulhof trugen. Haselhorst, spezialisiert auf antike Uhren, wird sie jetzt erst einmal "komplett zerlegen". Die einzelnen Teile wird der Bielefelder vom Rost befreien und prüfen, ob sie einwandfrei funktionieren.
Im Zweifel wird er einzelne Teile neu anfertigen müssen, vielleicht gibt es aber auch noch Ersatz. Den Uhrenhersteller Korfhage, aus dessen Produktion das gute Stück stammt, gibt es noch. Haselhorst wird beim dem Unternehmen anfragen, ob er dort noch Teile für die Uhr bekommen kann. Etwa 150 Stunden Arbeit, erwartet der Fachmann, werde er investieren müssen, bis die Uhr wieder tickt.
Das Gehwerk und das Schlagwerk sind die beiden wesentlichen Komponenten einer solchen Uhr, deren Konstruktion sich über die Jahrhunderte kaum verändert hat, bis elektronische Uhren aufkamen. Was bei der Uhr der Hundertwasserschule das Schlagwerk leisten soll, ist noch nicht klar. Zuständig ist es dafür, jede Viertelstunde eine Glocke ertönen zu lassen - aber ob das im Sinne der Anwohner wäre, bezweifeln alle Beteiligten.
Womöglich wird sich Haselhorst eine Konstruktion ausdenken, die es möglich macht, dass die Uhr nur während der Schulzeit Signale von sich gibt und ansonsten stumm bleibt. Ohnehin muss er das eine oder andere ändern. Die Gewichte etwa, die die Uhr antreiben, baumelten seinerzeit über zwei Etagen - das geht heute nicht mehr. Bald werden sie unterm Dach baumeln.