Die meisten Gütersloher müssen demnächst wohl Wärmepumpe kaufen – das steckt dahinter

Gütersloh. Wie heizen wir in Zukunft unsere Häuser? Über das eigene Heizsystem im Keller oder über den Anschluss an ein Fernwärmenetz? Eine erste Tendenz, wie es in Gütersloh ausschaut, offenbart jetzt der kommunale Wärmeplan. Demnach kommt im Stadtgebiet kaum eine Siedlung für den Anschluss an ein Nah- oder Fernwärmenetz in Frage. Stattdessen läuft es zum weitaus größten Teil auf &bdquo;dezentrale, strombasierte Lösungen“ hinaus – womit in aller Regel der Kauf und Einsatz von Wärmepumpen gemeint ist. Heizkessel mit fossilen Brennstoffen wie Erdgas und Öl sind bekanntlich ab 2045 verboten. Den Entwurf dieses Planes hat die Stadt jetzt vorgelegt. Dessen Konturen sind noch unscharf. Hausbesitzer, die wissen wollen, ob sie mit ihrem Gebäude in einem Quartier leben, das künftig an einem Wärmenetz hängt, finden darin noch keine abschließende Antwort. Zudem macht die Stadt klar, dass der 97-Seiten-Plan sich noch in einem Stadium bewegt, das unverbindlich ist. Er löst keine Rechtsfolgen aus. Dafür, so heißt es, bedürfe es einer Konkretisierung durch weitere Beschlüsse. Nur drei Gütersloher Quartiere bieten sich für Wärmenetz an Das bedeutet: Die künftige Energieversorgung ist bislang weder häuser- und blockscharf noch rechtsverbindlich festgelegt. Allerdings schälen sich Ansätze heraus. So kommen die Fachleute zu dem Schluss, dass sich in Gütersloh lediglich drei Quartiere für ein Wärmenetz anbieten: Das ist ein Teil der Siedlung links und rechts der Kahlertstraße, das sind die Straßenzüge links und rechts vom Stillen Frieden, das sind Teile der Innenstadt bis hinauf zum Mohns Park. Für diese drei Gebiete sind Machbarkeitsstudien geplant. Sie sollen zeigen, ob sich ein Wärmenetz wirtschaftlich lohnt und wie es zu gestalten wäre. Die Fachleute wählten diese drei Quartiere aus, weil dort das &bdquo;Absatzpotenzial“ stimme: Möglicherweise finden sich dort genügend Abnehmer, die sich an ein solches Netz anschössen. Benannt sind auch die potenziellen Wärmequellen: Abwärme aus den beiden Kläranlagen Putzhagen und Obere Lutter sowie Abwärme aus den beiden Pfleiderer-Werken. Insgesamt wären dafür 75 bis 80 Kilometer neue Leitungen zu legen. Die Kosten für ein solches Verteilnetz sind völlig unklar. Sie hängen stark von den jeweiligen Gegebenheiten ab, von der Baudichte etwa und vom Untergrund. Lesen Sie auch: Warum Hausbesitzer nicht nur auf Wärmepumpen vertrauen sollten Was die Machbarkeitsstudien für die drei potenziellen Quartiersnetze kosten, ist in dem Wärmeplan-Entwurf grob beziffert: Sie liegen bei 75.000 bis 150.000 Euro, je nach Umfang des Netzes und Art der Quelle. Die Hälfte davon bezahlt der Bund. Weitere Kosten fallen für das Prüfen dieser Wärmequellen an. Bei industrieller Abwärme ist eine solche Studie nahezu kostenlos, nicht jedoch bei der Abwasser-Wärme: Hier sei mit Kosten von rund 150.000 Euro zu rechnen, wovon der Bund allerdings ebenfalls die Hälfte trüge. Hintergrund: Das Ablaufwasser aus Putzhagen und Obere Lutter ist im Schnitt 15 Grad warm. Würde man es über einen Wärmetauscher auf fünf Grad herunter kühlen, ließe sich daraus Energie gewinnen. Diese Studie ist auch für Investoren interessant Eine weitere Machbarkeitsstudie würde sich mit der potenziellen Wärmequelle Dalke befassen. Der Fachbegriff lautet &bdquo;Flussthermie“. Mit der Wasserwärme der Dalke, so die Idee, könnte man das Freizeitbad &bdquo;Welle“ und umliegende Gebäude beheizen. Dazu müsste man die vorhandene Heizzentrale umbauen. Eine solche Studie sei auch für Investoren interessant; der Investitionsbedarf würde zwischen sechs und vierzehn Millionen Euro liegen. An dem Wärmeplan-Entwurf waren eine Reihe von Akteuren beteiligt: Stadt, Schornsteinfeger, Wohnungswirtschaft, Gewerbe, Industrie, Stadtwerke, Bürgerschaft. Manche wurden für das Erfassen von Daten eingebunden, andere durch inhaltliche Workshops. Erstellt hat den Entwurf ein Fachbüro, konkret die Con Energy Consult GmbH mit Sitz in Berlin. Das Papier liegt nun den Ratsfraktionen vor, die in den Fachausschüssen im Juni und Anfang Juli im Rat darüber beschließen sollen. Dieser Beschluss würde beinhalten, den Schritten zur weiteren Konkretisierung zuzustimmen. In dem Entwurf ist die Rede von einer &bdquo;Shortlist“ für prioritäre Maßnahmen in den kommenden fünf Jahren: Das Management der Wärmewende fortführen (um sie später auch umsetzen zu können), die Machbarkeitsstudien für die Quartiersnetze erstellen, die Nutzungschancen der Wärmequellen Abwasser, Industrie und Flussthermie erkunden. Drei Gütersloher Gebiete als Testgebiete Um Erfahrungen für die Umsetzung zu sammeln, schlagen die Fachleute vor, schon jetzt in drei Gebieten in die Tiefe zu gehen. Sie heißen &bdquo;Fokusgebiete“. Ausgewählt wurden sie, weil sie repräsentativ sind. Die Erfahrungen, die man dort sammelt, um vom Heizen mit fossilen Brennstoffen wegzukommen, seien gut übertragbar auf den Rest des Stadtgebietes. Ausgewählt haben die Fachleute zwei Gebiete, in denen ein Nahwärmenetz entstehen könnte (Innenstadt und die Siedlung Kahlertstraße) sowie ein Gebiet, in dem ein solches Netz unwahrscheinlich ist und daher jeder Hausbesitzer für sich eine Lösung finden muss (Elbrachtsiedlung in Sundern). In dieser Siedlung rund um Elbrachtsweg, Hardenbergstraße und Auf der Haar, großteils bebaut mit Ein- und Zweifamilienhäusern, die energetisch un- oder nur teilsaniert sind, will die Stadt eine Kampagne starten. Diese zielt auf die Umrüstung auf Wärmepumpen, ergänzt durch Infos zur Gebäudesanierung. Die Kampagne beinhaltet digitale Informationspakete, Presseartikel, Infoveranstaltungen, Flyer, Testimonials und kostenlose Beratung von Tombola-Gewinnern an einem &bdquo;Tag der Wärmepumpe“. Etliche Partner würden eingebunden, darunter Handwerker und Installateure. Die Erkenntnisse, die die Stadt in dieser Siedlung gewinnt, will sie auf die vielen anderen Siedlungen im Stadtgebiet übertragen, in denen es ebenfalls auf einzelne, dezentrale Lösungen hinaus läuft. Lesen Sie auch: Mann aus Kreis Gütersloh erfindet neuartige Wärmepumpe Bau eines Wärmenetzes würde fünf Jahre dauern Anders die Lage in den beiden anderen &bdquo;Fokusgebieten“. In der Innenstadt mit ihrer hohen Baudichte und den vielen Mehrfamilien- und Gemeinschaftsbauten sei eine Versorgung über Wärmepumpen schon aus Platzgründen schwierig, heißt es. Das gelte auch für andere dezentrale Heizsysteme, etwa Pelletheizungen oder Solarthermie. Die Alternative lautet also: Wärmenetz, gespeist womöglich aus der Abwasserwärme von Putzhagen oder lokalen Quellen. Für den Neubau eines solchen Netzes sei Eile geboten, heißt es. Die Fachleute schlagen eine Machbarkeitsstudie vor, Kosten 120.000 bis 150.000 Euro, zur Hälfte bezahlt vom Bund. Der Bau eines Wärmenetzes würde rund fünf Jahre dauern. Tatsächlich liegen in der Innenstadt bereits ein fünf Kilometer langes Fernwärme- und mehrere kleine Nahwärmenetze. Allerdings verteilen sie Erdgas – und müssen daher ebenfalls dekarbonisiert werden. Im Fokusgebiet Kahlerstraße ist die Häuserstruktur zwar eine andere als in der Innenstadt, aber auch hier halten die Experten den Bau eines Wärmenetzes für wahrscheinlich. Der Grund sei die Nähe zweier Energiequellen: Eine Biogasanlage könne die Schulen und benachbarte Gebäude versorgen, die Kläranlage Obere Lutter den Rest der Siedlung. Auch hier wäre erst eine Machbarkeitsstudie zu erstellen, Kosten rund 90.000 Euro, Förderquote 50 Prozent. Alternative Wasserstoff hält Gütersloh für viel zu unsicher Im weiteren Ablauf ihrer Wärmeplanung will die Stadt alle Beteiligten, erst recht die Bürger mitnehmen. Schon vor zwei Wochen hatte sie die erste Infoveranstaltung zum Wärmeplan im Vortragssaal der Stadtwerke anberaumt. Die endgültige Fassung muss bis Ende Juni nächsten Jahres vorliegen. Wasserstoff wird darin keine Rolle spielen, so die Stadt. Im Hinblick auf Preis und Verfügbarkeit sei eine Versorgung über Wasserstoff zu unsicher, schon im Entwurf wurde diese Option nicht weiter betrachtet. Wie hoch der Umstellungsbedarf in Gütersloh ist, zeigt sich an einer Bestandserhebung: Aktuell werden 98 Prozent des Energiebedarfes in Gütersloh aus fossilen Brennstoffen gedeckt. 61 Prozent dieses Bedarfes entfallen auf Wohnhäuser, 33 Prozent auf Gewerbe und Industrie, 6 Prozent auf öffentliche Gebäude. Außerdem: Vom gesamten Gebäudebestand, der zu fast zwei Drittel aus den Jahren von 1979 stammt, gelten nur zwölf Prozent als saniert.

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