Starke Botschaft in Gütersloh: Afghanischer Medizinstudent setzt ein Zeichen gegen Hass

Gütersloh. Es ist der 16. Februar 2025, als in der Gütersloher Innenstadt kurz vor der Bundestagswahl erneut eine Demo gegen rechts stattfindet. Für alle überraschend schnappt sich plötzlich ein junger Gütersloher das Mikrofon und richtet einige Worte an die Teilnehmerinnen und Teilnehmer. Er sei einer von vielen, die hart arbeiteten oder lernten, um hier in einer offenen Gesellschaft leben zu können. Er selbst studiere Medizin, &bdquo;damit ich dieser Gesellschaft etwas zurückgeben kann, weil sie mich aufgenommen hat“. Er wolle helfen, die deutsche Gesellschaft mitzugestalten, sagt er. Doch wer ist dieser bisher unbekannte Redner der Demo eigentlich? Ahmad Faisal Jebran ist 24 Jahre alt und kommt aus Afghanistan, ist in Kapisa in der Nähe der Hauptstadt Kabul geboren. Nach seinem Abitur bekommt er ein Stipendium für ein Medizinstudium in Indien. Er entschließt sich dazu, es anzunehmen, und studiert ab 2019 vier Semester lang in der indischen Millionenstadt Bangalore. Doch die Situation inmitten der Corona-Pandemie ist nicht einfach für den damals erst 20-Jährigen. Lesen Sie auch: Große Demo gegen rechts in Gütersloh: Mehr als 1.500 Menschen in der Innenstadt Von Afghanistan über Indien nach Gütersloh &bdquo;Die Einschränkungen dort waren erheblich, alles fand online statt und ich war sehr einsam. Das war eine sehr schwierige Zeit für mich“, schildert Jebran im Gespräch mit der &bdquo;NW“. Weil mittlerweile die Taliban in seinem Heimatland an der Macht sind, ist eine Rückkehr nach Afghanistan zu dem Zeitpunkt keine Option. So landet der 24-Jährige im September 2022 in Deutschland, konkret in Gütersloh. Der Schritt nach Europa sei für ihn groß gewesen, allerdings habe er hier auch einige Verwandte, sagt Jebran. Einer seiner Brüder studiert Wirtschaft und IT in London, zwei Cousins von ihm sind bereits Ärzte in Deutschland. Im Land fühlt sich Jebran sofort wohl. Er ist Fan davon, dass es hier so viele Regeln gibt. So wisse man in jeder Situation genau, wie man sich verhalten müsse. &bdquo;Ich liebe Gütersloh, fühle mich selbst als Gütersloher“, sagt er lächelnd. &bdquo;Die Stadt hat genau die richtige Größe. Nicht zu groß und nicht zu klein“, findet er. Im Gegensatz dazu empfindet er Bielefeld als &bdquo;chaotisch“ und ist froh, dorthin nur fürs Studium zu pendeln. &bdquo;Aber eine schöne Stadt ist es trotzdem“, sagt er. Aktuell hat er an der Uni Bielefeld Vorbereitungskurse zu den Themen Allgemeine Medizin, Künstliche Intelligenz und Umweltschutz. Gütersloher möchte den Menschen helfen Jebran wartet darauf, dass die Semester seines Studiums in Indien ihm von der Landesregierung angerechnet werden, damit er in Deutschland Medizin studieren kann. &bdquo;Das ist mein großer Traum, seit ich ein kleiner Junge war“, sagt der Gütersloher. Sein Wunsch sei es, Menschen zu helfen, &bdquo;und das geht am besten als Mediziner.“ In Bangalore macht er ein Praktikum in einem Krankenhaus, danach steht für ihn fest: Er möchte Kardiologe werden. Sieh dir diesen Beitrag auf Instagram an Ein Beitrag geteilt von Faisal Jebran (@faisal_jebran_) Und auch weitere Träume erfüllt sich Jebran in Gütersloh. In seiner Heimat hat er nie Schwimmen gelernt. Das ändert er hier, macht sein Schwimmabzeichen in Bronze. &bdquo;Eigentlich wollte ich am gleichen Tag auch Silber machen, aber mir wurde gesagt, dass ich eine kleine Pause einlegen soll“, sagt er lachend. Auch die Führerscheinprüfung hat er längst bestanden, mit 0 Fehlerpunkten. Dank der vielen Regeln fühlt sich der Gütersloher auch im Straßenverkehr absolut sicher. &bdquo;Alles ist logisch und sinnvoll“, findet er. Damit das überhaupt möglich war, hatte Jebran zu Beginn seiner Zeit in Gütersloh zunächst andere Hürden zu meistern. &bdquo;Die ersten zwei Monate habe ich auf Englisch kommuniziert, aber ich wollte natürlich Deutsch lernen“, sagt der Gütersloher. Er besucht Deutschkurse und trifft sich regelmäßig mit Muttersprachlern, um die Sprache zu lernen. Mit Erfolg: Schnell schließt er die Sprachkurse B1 und B2 ab, macht außerdem den Einbürgerungstest &bdquo;Leben in Deutschland“. Gütersloher tritt spontan auf Demo auf Dort werden ihm mehr als 300 Fragen rund um Politik, Geschichte und Wirtschaft in Deutschland gestellt, Jebran schließt den Test mit voller Punktzahl ab. Als er davon erzählt und die Zertifikate zeigt, ist klar erkennbar, wie stolz er darauf ist. &bdquo;Ich möchte mich auskennen in dem Land, in dem ich lebe. Deutschland ist jetzt meine Heimat“, sagt Jebran. Er möchte &bdquo;keine halben Sachen machen“, wenn es um die Integration geht. Das Thema Integration ist ihm wichtig, das betont er im Gespräch mehrfach. Er setzt sich dafür ein, dass in dem von ihm so geliebten Deutschland ein regelmäßiger Austausch der Kulturen stattfindet, ohne Hass und Vorurteile. &bdquo;Das macht Deutschland aus“, sagt Jebran. Wer sich nicht integrieren möchte, hat aus seiner Sicht jedoch kein Recht auf einen Verbleib in Deutschland. Lesen Sie auch: Vom Kreis Gütersloh zurück nach Syrien: 35-Jähriger findet komplett zerstörtes Wohnhaus &bdquo;Schon gar nicht, wenn er Straftaten begeht. Dann ist für ihn kein Platz hier“, findet der Gütersloher, der auch in den Sozialen Medien seine Botschaft verbreitet. Dass er an besagtem Sonntag einige Worte an die Gütersloher richtet, kommt ihm spontan in den Sinn. Er habe von der Demo gar nichts gewusst. &bdquo;Meine Nachbarin hat es mir erzählt und mich dann mitgenommen“, sagt Jebran. Überwältigendes Feedback für den Gütersloher Vom Feedback im Anschluss ist er überwältigt. Überhaupt hat er persönlich in Gütersloh und der Region bisher ausschließlich positive Erfahrungen gesammelt. Sein Wunsch: &bdquo;Dass das nicht nur für mich gilt, sondern für alle, die sich integrieren möchten!“ Denn Deutschland steht aus seiner Sicht wie kaum ein anderes Land auf der Welt für Meinungsfreiheit und Gerechtigkeit.

Meistgelesen