Wahlkampf bleibt aus: Gütersloher Bürgermeisterkandidaten fehlt politisches Profil

Auf Bundesebene haben sich die politischen Lager deutlich positioniert: Die Union gegen die Ampel. Die SPD gegen Friedrich Merz. Markus Söder gegen die Grünen. Das BSW und die AfD gegen alle anderen. Und in dieser Tonlage wird es wohl noch ein gutes Jahr bis zur nächsten Bundestagswahl weitergehen. Wir sind schon jetzt genervt. Viel früher und deshalb viel spannender ist die nächste Wahl in Gütersloh. Am 17. November wird der neue Bürgermeister/Bürgermeisterin gewählt. Bleiben noch genau sieben Wochen; rechnen wir die Briefwahl ein, bleibt deutlich weniger. Allerhöchste Zeit also, den Wahlkampf in Gang zu setzen. Nach der Sommerpause, so lauteten die Ankündigungen, solle die heiße Wahlkampfphase richtig durchstarten. Das tat sie dann in dieser Woche auch endlich. Drei Kandidaten machten von sich hören, weil es internen Zoff gibt über die Verteilung der öffentlichen Auftritte. Henning Matthes (CDU) fallen seit Monaten die Aufgaben des Bürgermeisters zu, weil die Position bekanntlich nicht besetzt ist. Also repräsentiert er die Stadt seit fast einem Jahr auf allen möglichen und unmöglichen Terminen. Auch Ex-Bürgermeister Norbert Morkes unterstellte seinem Beigeordneten schon früh, dass er auffällig eifrig in den Repräsentationsaufgaben sei, und witterte Konkurrenz. Trostmann und Trepper wollen ihren Beliebtheitsgrad steigern Eifer ist nun wahrlich nicht strafbar, zumal Matthes mit dem Fachbereich Familie, Jugend, Soziales und Sport einen derartig großen Aufgabenbereich führt, dass es wenig verwundert, wenn er allenthalben auf Veranstaltungen auftaucht. Vielleicht war man mitunter froh, dass überhaupt jemand kommt? Jedenfalls gibt es neben Matthes noch offizielle Stellvertreter des Bürgermeisters: Matthias Trepper (SPD) und Gitte Trostmann (Grüne) zum Beispiel, die auch gerne mal Blumensträuße übergeben würden, um ihren Beliebtheitsgrad zu steigern. Alle drei Stellvertreter sind inzwischen Konkurrenten geworden und haben ein gemeinsames Ziel: Stadtoberhaupt werden. Aber nur einer hat den direkten Zugriff auf den Terminkalender: Matthes. Der unterschwellige Vorwurf lautet, er ziehe Termine an sich, um seine Konkurrenten öffentlich nicht in Erscheinung treten zu lassen. Lesen Sie auch: Unruhe wegen Sichtbarkeit der Bürgermeister-Kandidaten in Gütersloh: Vorteil für Matthes? Trepper und Trostmann haben nachgezählt und kommen auf bis zu 40 Grußworte, die sie in der Vergangenheit pro Jahr hätten sprechen dürfen. In den letzten Monaten sei es nur ein einziges gewesen. Schützenfeste und Abi-Feiern seien schon mal gar nicht darunter gewesen. Zu der ganzen Sachlage gab es jetzt ein klärendes Gespräch im Rathaus. Alle beteuern, dass sie gut miteinander auskommen, die Terminverteilung rechtlich und fachlich korrekt verläuft und ohnehin alles supi ist. Ist das jetzt der Wahlkampf ums Bürgermeisteramt? Kein Mangel an Herausforderungen in Gütersloh Bloß kein Streit, denn das mögen die Gütersloher nicht. Davon hatten wir genug. Das Debakel um die Bürgermeisterabwahl wirkt noch nach und so scheint es, als wolle man höchstens eine Wahlrangelei, aber keinen Wahlkampf. Freilich sind der Fall Morkes und die Neuwahl ums Bürgermeisteramt dicht miteinander verwoben. Dies gilt es jetzt aber in den nächsten Wochen voneinander zu lösen. An Herausforderungen mangelt es in Gütersloh wahrhaftig nicht. Gegen einen ordentlichen politischen Streit und Selbstmarketing ist also nichts einzuwenden – ich finde ihn als Wählerin sogar wünschenswert. Wer grenzt sich mit welchen Positionen gegen seine Konkurrenz ab? Wer hat Ideen, wie wir hier in Gütersloh in Zukunft leben? Ein Wettstreit von realistischen Zukunftsvisionen wäre wunderbar. Eine Auseinandersetzung mit unterschiedlichen Ideen darf jedem Wählen zugemutet werden, doch politische Inhalte gehen in Gütersloh gerade vor lauter Bemühen um den lieben Frieden unter. &bdquo;Mit Sorge betrachten wir die Wahlergebnisse in Brandenburg“, kommentierte Gitte Trostmann in dieser Woche. Der Bundesvorstand der Grünen trat geschlossen zurück. Befürchtungen, dass sich die allgemeine Lage auf ihren persönlichen Wahlkampf auswirken könne, hat die Gütersloherin nicht. &bdquo;Die Bürgermeisterinnenwahl ist eine Personenwahl.“ Kandidaten fehlt klares politisches Profil Diese Einschätzung trügt. Alle vier Kandidaten verkörpern die Politik ihrer jeweiligen Partei. Wie viel oder wie wenig davon in Gütersloh eine Rolle spielt, das gilt es jetzt explizit herauszuarbeiten. Auch Matthes, der durch seine Auftritte den Eindruck erweckt, dass man ihn kenne, fehlt ein klares politisches Profil. Und wer in der zweiten Reihe steht und nach vorne will, darf sich jetzt mal etwas einfallen lassen. Ob mit oder ohne Blumenstrauß.

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