Hobby-Knöllchenjäger zeigt Falschparker an: Gibt es solche Fälle auch in Gütersloh?

Gütersloh. Kennen Sie Niclas Matthei? Der junge Mann aus Gräfenhainichen (Sachsen-Anhalt) hat mittlerweile bundesweit Berühmtheit erlangt, weil er in seiner Freizeit zu einer Art Hilfssheriff mutiert. Der 18-Jährige nennt sich &bdquo;Anzeigenhauptmeister“ und macht Jagd auf Park- und Verkehrssünder. Dabei soll er nach eigenen Angaben den Behörden bereits mehr als 4.000 Falschparker gemeldet haben – zunächst in seiner Heimat. Mittlerweile hat sich der Hobby-Ordnungshüter laut Medienberichten aber zum Ziel gesetzt, in jeder Stadt und Gemeinde der Republik mindestens einen Falschparker anzuzeigen. Dafür reist er mit dem Deutschlandticket quer durch das Land. In Gütersloh ist er bislang noch nicht auf Patrouille gegangen. Hier wären seine &bdquo;Dienste“ aber auch nicht unbedingt erforderlich, geschweige denn erwünscht. Gütersloher Ordnungsamt: &bdquo;Wir verlassen uns auf unsere eigenen Kräfte“ &bdquo;Wir verlassen uns auf unsere eigenen Kräfte. Wenn wir auf Probleme aufmerksam gemacht werden, nehmen wir die selber in Augenschein und handeln entsprechend“, erklärt Nicole Pollklas, Leiterin des Ordnungsamtes im Gütersloher Rathaus. Bei Niclas Matthei handelt es sich um jemanden, der in erster Linie Verkehrsordnungswidrigkeiten ahndet. Auch in Gütersloh gibt es Menschen, die Falschparker & Co. melden. &bdquo;Wenn das mal gehäuft auftritt, schicken wir die Verkehrsüberwachung zur Überprüfung hin“, sagt Nicole Pollklas. &bdquo;Es gibt aber auch noch viele andere Arten von Ordnungswidrigkeiten – Lärm, Müll, Hundekot und so weiter.“ Lesen Sie auch: &bdquo;Ist das nicht ekelhaft?“ - Gütersloher Anwohnerin entsetzt über Schmierereien vor der Haustür Gütersloher Ordnungsamt wird bis zu acht Mal pro Woche kontaktiert Bei der Stadt Gütersloh beziehen sich die Anzeigen durch Privatpersonen häufig auf Parkverstöße oder Ruhestörungen. &bdquo;Dabei werden wir etwa fünf bis acht Mal pro Woche kontaktiert“, erklärte Nicole Pollklas. Nicht selten werde auch nach rechtlicher Hilfe gefragt. Die kann der städtische Fachbereich Ordnung aber nicht leisten kann. Obermelder vom Format des selbsternannten Anzeigenhauptmeisters aus Sachsen-Anhalt sind der Leiterin des Gütersloher Ordnungsamtes &bdquo;im Moment tatsächlich nicht bekannt“. Gleichwohl habe es in der Dalkestadt in der Vergangenheit immer mal wieder Personen gegeben, die sich offensichtlich dazu berufen fühlten, über einen längeren Zeitraum regelmäßig Verstöße zu melden. Wie die Privatjagd auf Falschparker abläuft Der skurrile Fall von Niclas Matthei ist allerdings unangefochten und scheint rekordverdächtig: Mit dem Fahrrad, an dem ein Zettel mit der Aufschrift &bdquo;Polifzi“ prangt, Handy, und greller Leuchtuniform reist der junge Mann durch die Nation und sorgt für Ordnung auf der Straße – zumindest seinem Empfinden nach. Mehr als 4.000 Anzeigen will er geschrieben haben, die dem Staat nach seinen Angaben bereits Bußgelder in Höhe von mehr als 140.000 Euro eingebracht hätten. Er tue das, sagt Niclas Matthei in einer &bdquo;Spiegel TV“-Reportage, &bdquo;um die Straßenverkehrsordnung durchzusetzen, weil die Leute denken, sie könnten parken wie sie wollen.“ Das Ergebnis diene alles der Allgemeinheit, sagt er über seine Motivation. Der Ablauf ist quasi immer gleich. Mit dem Handy bewaffnet spürt Niclas Matthei einen Verkehrsverstoß auf. Dann geht es an die Beweissicherung: Fotos schießen, das Vergehen beschreiben, die Tatzeit notieren – und das Delikt zur Anzeige bringen. Die Daten übermittelt der 18-Jährige mit Hilfe einer speziellen Falschparker-App an das zuständige Ordnungsamt. Ordnungswidrigkeiten können geahndet werden - müssen aber nicht In Gütersloh nimmt der Fachbereich von Nicole Pollklas die Anzeigen von Privatpersonen in nur sehr wenigen Ausnahmefällen auf. &bdquo;Hier ist insbesondere eine Herausforderung“, schildert die Amtsleiterin, &bdquo;dass die anzeigenden Personen für etwaige Gerichtsverfahren zur Verfügung stehen müssten.“ Das würden aber generell viele Anzeigenerstatter ablehnen. &bdquo;Bei Ordnungswidrigkeiten gibt es zudem das sogenannte Opportunitätsprinzip“, erklärt Nicole Pollklas. &bdquo;Das besagt, dass Ordnungswidrigkeiten geahndet werden können, aber nicht müssen.“ Vermerkt ist dieser Umstand in Paragraf 47 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten (OwiG), wonach die Verfolgung von derartigen Verfehlungen im &bdquo;pflichtgemäßen Ermessen der Behörde“ liegen. Bürgermeister, Polizei und Feuerwehr genervt Vor allem in Niclas Mattheis’ Heimatbehörde in Gräfenhainichen (rund 11.500 Einwohner, Stand 2022) scheint man von der Melde-Wut des jungen Bürgers genug zu haben. Zwar erklärt der selbsternannte Anzeigenhauptmeister, den Ordnungsbehörden bei ihrer Arbeit helfen zu wollen. Doch ist das wirklich so? Die Sachbearbeiter kommen kaum noch hinterher. Denn auch wenn sie nicht jede Ordnungswidrigkeit verfolgen müssen, so haben sie zumindest darüber zu entscheiden, ob sie das Verfahren einstellen oder weiterverfolgen. Bürgermeister Enrico Schilling sagte gegenüber der &bdquo;Bild“-Zeitung, dass nur eine Handvoll der Anzeigen von Matthei tatsächlich zu Bußgeldern führen würden, da diese oft mangelhaft seien. Zudem würde das dauerhafte Anschwärzen für sozialen Unfrieden sorgen. Mittlerweile sorgt der selbsternannte Anzeigenhauptmeister wohl auch bei der Polizei und Feuerwehr in seiner Heimat für Unmut. So soll der 18-Jährige Einsatzkräfte blockieren. Einmal habe er demnach die Feuerwehr alarmiert, weil ein Ast auf der Straße lag. In anderen Fällen soll er die Polizei gerufen haben, weil ein Nachbar in der Ruhezeit von 13 bis 15 Uhr Staub gesaugt hatte oder weil eine Familie beim Grillen auf ihrem Grundstück ein Radio laufen ließ. Gesetz ist halt Gesetz. Doch die Stadt prüft nun Maßnahmen, um Anzeigenhauptmeister Matthei zu bremsen.

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