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Krebserregender Baustoff: Warnung vor Asbest-Welle im Kreis Gütersloh

Mehr als jedes zweite Wohngebäude im Kreis Gütersloh könnte eine potenzielle „Asbestfalle “sein. Beim Entfernen gelten strenge Auflagen - ansonsten drohen fatale Konsequenzen.

Bei den Arbeiten mit Asbest ist äußerste Vorsicht angebracht. | © Bernd Wüstneck/dpa/Archivbild

Philipp Kersten
30.01.2024 | 30.01.2024, 19:53

Gütersloh. In über 48.000 Altbauten im Kreisgebiet sind insgesamt mehrere Tonnen von Asbest verarbeitet worden. Das geht aus der „Situationsanalyse Asbest“ hervor, die die Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt (IG BAU) beim Pestel-Institut in Hannover in Auftrag gegeben hat.

Die Gewerkschaft warnt davor, dass sich diese Altbauten durch Sanierungsarbeiten als „Asbest-Fallen“ entpuppen könnten.

„Von 1950 bis 1989 kamen Asbest-Baustoffe intensiv zum Einsatz. Es ist davon auszugehen, dass es in jedem Gebäude, das in dieser Zeit gebaut, modernisiert oder umgebaut wurde, Asbest gibt. Mal mehr, mal weniger“, sagt Sabine Katzsche-Döring die Vorsitzende des Bezirksverbands Ostwestfalen-Lippe der IG BAU in einer Pressemitteilung.

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54 Prozent aller Wohngebäude im Kreis Gütersloh

Die Zahl der gebauten Wohnhäuser belaufe sich im fraglichen Zeitraum auf rund 48.800 Wohnhäuser mit 88.400 Wohnungen, fügt sie hinzu. Laut der Gewerkschaft sind das 54 Prozent aller Wohngebäude, die es heute im Kreis gibt. Gewerbegebäude, Garagen oder Ställe sind in dieser Bilanz nicht mit verrechnet.

Der Arbeitsschutzexperte der IG BAU, Gerhard Citrich, geht sogar noch weiter. „Solange das Gebäude nicht durch Tests als ‚asbestfrei‘ bestätigt wurde, würde ich alle Häuser, die bis 1993 gebaut wurden unter Generalverdacht stellen.“

Wichtig dabei: Wer in einem asbestbelasteten Haus wohnt, müsse sich erst einmal keine Sorgen machen. Erst bei Sanierungsarbeiten werde es kritisch. Dann könne Asbest freigesetzt und damit zu einem ernsten Problem werden, so Katzsche-Döring. Jeder, der an Sanierungsarbeiten in Altbauten beteiligt sei, solle sich demnach unbedingt im Vorfeld über die Gefahr informieren und entsprechende Schutzmaßnahmen ergreifen, ergänzt Citrich.

Diese Auflagen gelten beim Entfernen von Asbest

Der Experte verweist dabei auf die Auflagen, die beim Entfernen von Asbest gelten. „Für Abrisse müssen spezielle Firmen beauftragt werden. Im Falle einer Sanierung müssen die Handwerker vorher einen extra Asbest-Lehrgang absolviert haben“, erklärt er.

Das sei auch nötig, da sich die krebserregende Mineralfaser in vielen Baustoffen stecke. So könne der Gefahrstoff nicht nur im Asbest-Zement, sondern auch im Fliesenkleber vorkommen.

Schutzmaßnahmen wie FFP3-Masken, Handschuhe, Overall, Schutzbrille und am besten noch Luftreiniger sollten als Grundvoraussetzungen bei einer Sanierung im Altbau vorhanden sein, sagt er.

Fatale Konsequenzen: So gefährlich ist Asbest

Beachtet man die Schutzmaßnahmen nicht können die Konsequenzen fatal sein. „Bei der Verarbeitung oder Zerstörung von Asbest bilden sich sehr kleine Asbestfasern. Diese können eingeatmet werden und gelangen so in die Lunge, wo sie im Lungengewebe selber und auch in der Lungenhaut festhängen und ‚eingebaut‘ werden“, erklärt Axel von Bierbrauer Chef- und Facharzt für Innere Medizin im Klinikum Gütersloh.

Das könne im Wesentlichen drei Probleme in der Lunge verursachen: Lungenkrebs, Vernarbungen und Verkalkungen in der Lungenhaut und Asbestose eine vernarbende Lungenerkrankung, die im weiteren Verlauf mit Belastungsluftnot einhergehen könne, so der Mediziner.

Normalerweise bestünden zwischen dem Einatmen der Asbestfasern und der Ausbildung der Erkrankungen ein Zeitraum von zehn bis 30 Jahren, fügt er hinzu.

Zu wenig Kontrollen im Kreis Gütersloh?

Umso wichtiger ist es, laut Citrich, auf die Gefahren aufmerksam zu machen. Seiner Meinung nach werde das Problem aktuell nicht ernst genommen. Dies sei auf der Kontrollebene als auch in der Gesellschaft zu bemerken.

Als Beispiel dafür nennt er die staatlichen Arbeitsschutzkontrollen, die es in dem Bereich gibt. „Auf 150.000 Arbeiter im Handwerk kommt eine staatlich beauftragte Person die kontrolliert“, bemängelt er.

Aber auch in der Zivilgesellschaft sei mehr Aufklärung nötig. „Wenn im Baumarkt neben dem Baumaterial auch Informationsbroschüren zur Arbeitssicherheit ausliegen würden, wäre das ein erster Schritt“, sagt der Experte. Weitere Informationen rund um das Thema Asbest gibt es auf der Internetseite der Gewerkschaft.