Sexismus-Vorwurf gegen Morkes in Gütersloh: Das lernen wir von der „Wetten, dass...“-Bühne

Gütersloh. Thomas Gottschalk (73) hatte vor zwei Wochen seine letzte Wetten-Dass-Show. Sie hat ihn vermutlich berühmt gemacht. Er erkärte der Fernsehnation, dass er gezwungen sei in der Show anders zu reden als Zuhause und er deshalb von der Bühne gehe. Zuvor konnten alle erleben, woran es hapert, denn er traf auf seinem Promi-Sofa auf Shirin David, die im Duett mit Helene Fischer aktuell die Musik-Charts stürmt. Selbstbewusst und schlagfertig konterte sie Gottschalks dümmliche Ansprache und brachte ihn damit vollends aus dem Konzept. Es war zum fremdschämen. Gottschalk ist es gewohnt, sich übergriffig gegenüber seinen weiblichen Gästen zu verhalten. Er streichelte Steffi Graf das linke (kaputte) Knie und zog sich anschließend – rein therapeutisch – die Hose vor ihr und der gesamten Fernsehnation runter, um ihr sein Knie zu zeigen. Er küsste weibliche Stars bei der Übergabe von Blumen – und weil das so schön war, verlangte er prompt eine Wiederholung des Kusses in Slow Motion. Er berührte seine weiblichen Gäste am Ausschnitt, prüfte, ob man durch die Oberteile hindurchblicken kann. Dieses Verhalten wurde in all den Jahren und Jahrzehnten nicht hinterfragt und spannend ist die Frage: woran liegt das? Denn die Körpersprache der Frauen und ihre teils deutlichen Antworten zeigten sehr wohl das Signal: Lass das! Es fällt schwer, dem Sunnyboy der Nation sein Verhalten übel zu nehmen, zumal er doch erst neulich in einer Talkshowrunde damit kokettierte, dass er jemand sei, der erst redet und dann denkt. Haha. Wer heute 70 Jahre alt ist, ist in einer Zeit groß geworden, in der es einfach ganz normal war, dass Übergriffiges gesagt wurde, dass man gar nicht darauf achtet, was man damit aussagt, wen man womöglich damit degradiert. Und schließlich gab es ohne Socialmedia auch kein Feedback wie heute. Es gab keine Kritik, die so groß wurde, dass andere Menschen darüber nachdenken, ob das Thema vielleicht auch mit ihnen in Resonanz geht. Sexismusvorwürfe liegen gegen Norbert Morkes vor Blicken wir von der großen Bühne auf die kleine. Es liegen Anschuldigungen gegen Bürgermeister Norbert Morkes (72) vor. Gegenüber Verwaltungsmitarbeiterinnen verhalte sich Morkes frauenverachtend und sexistisch. Alle fünf Beigeordneten (Henning Matthes, Andreas Kimpel, Nina Herrling, Carsten Schlepphorst, Thomas Könnecker) üben den Schulterschluss und fordern Morkes zum Umdenken auf. Ihr Brief hat inzwischen hohe Wellen geschlagen. Die Existenz eines solchen Schreibens dürfte in der Gütersloher Stadthistorie und im weiten Umland einmalig sein. &bdquo;Mit der Rechtfertigung, ich bleibe wie ich bin sowohl anzügliche Bemerkungen über die Bekleidung von Kolleginnen gemacht zu haben oder bewusst provozierend im Sprachgebrauch zu sein (. . .), ist für ein Vorbild, das ein Bürgermeister sowohl in die Verwaltung hinein als nach außen sein sollte, nicht vertretbar.“ Aus Sicht der Beigeordneten gibt es hier keinen Spielraum: &bdquo;Wir werden Fehlverhalten, sobald sie bekannt werden, konsequent ansprechen und gegebenenfalls rechtliche Schritte einleiten.“ Morkes kontert in dieser Woche schriftlich, dass der Vorwurf jeglicher Grundlage entbehrt: &bdquo;Für diese Behauptung gibt es keine Beispiele. Nach Aussage der Polizei liegt weder eine Anzeige vor, noch wurde ein Ermittlungsverfahren eingeleitet.“ Das stimmt. Ergo: Keine Anzeige, kein Fehlverhalten? Strafbare Handlungen sind kein Streitpunkt In jedem vierten Unternehmen gibt es sexuelle Belästigung. Das, was von Thomas Gottschalk auf der Showbühne normalisiert und bagatellisiert wird, ist für viele Frauen schlicht Realität. Nur was tut man, wenn die Finger des Chefs unerwartet an einem herumnesteln? Das Gesetz bietet Hilfe im Strafgesetzbuch: 184i, Absatz 3. Die von Morkes geforderte Anzeige würde sich auf diesen Paragrafen beziehen und wäre damit ein sogenanntes Antragsdelikt. Die aber unterliegen einer Frist von drei Monaten, sonst ist die Möglichkeit der Strafanzeige ein für alle mal verloren. In die gleiche Kategorie fallen übrigens die drei übergriffigen Vorfälle des Kita-Beraters Richard Wagner (68). Sie sind im Sommer der Stadtverwaltung gemeldet worden, die Zusammenarbeit wurde nach 20 Jahren Zusammenarbeit aufgekündigt. &bdquo;Ich werde auch in diesem Punkt nicht lockerlassen, bis eine lückenlose Aufklärung erfolgt ist“, Morkes fügt genau diesen Vorgang ausdrücklich in seine Stellungnahme am Donnerstag ein. Er hat mit vielen Schul- und Kita-Leitungen persönlich gesprochen und stellt die Glaubwürdigkeit der betroffenen Frauen bislang keine Sekunde in Frage. Dabei liegt keine Strafanzeige gegen Wagner vor. Kein Anzeige, kein Fehlverhalten? Unsere Gesellschaft hat sich entwickelt. Manches wird inzwischen vielleicht zu sehr auf die Goldwaage gelegt und auch über die Auswüchse des Genderns darf man streiten. Über strafbare Handlungen nicht. Bürgermeister Morkes hat zuvor schon von anderer Seite Grenzen aufgezeigt bekommen, etwa aus Kreisen der Politik. Es hat deutliche &bdquo;Lass-das!“-Hinweise gegeben. Deshalb ist es ein mutiger Schritt, wenn fünf Beigeordnete ihrem oberen Dienstherrn mitteilen, dass er sexistisches Auftreten unterlassen möge. Sie verdienen höchsten Respekt, wenn sie Fehlverhalten konsequent ansprechen und handeln. Wem das alles nicht passt, der kann die Show ja beenden.

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