Gefälschter Impfpass: Ex-AfD-Politiker will sich heute vor Gericht "wehren"

Gütersloh. Am Amtsgericht Gütersloh sind bis Ende März rund zehn Verfahren geführt worden, die sich um den Gebrauch unrichtiger Gesundheitszeugnisse, also gefälschter Impfpässe, drehen. Ein weiteres wird am kommenden Montag eröffnet, bei dem der ehemalige Gütersloher AfD-Politiker Axel Nußbaum im Fokus steht. Der 59-Jährige war im Dezember 2021 bundesweit in die Schlagzeilen geraten, nachdem er einen gefälschten Impfpass besessen und vorgelegt haben soll. Der Beschuldigte selbst hatte den Vorwurf nie bestritten. Die Sache scheint eindeutig. Doch nun, kurz vor Prozessbeginn, geht der Angeklagte in die Offensive. &bdquo;Justiz- und Behörden-Posse in mehreren Akten“ &bdquo;Ich werde mich massiv gegen diese Vorwürfe wehren. Dabei werde ich meinen Widersachern keine Flummis in den Weg legen sondern Steine. Ich komme nicht als Bereuender daher und die Protagonisten der Gegenseite werden sich auf wundersame Ereignisse einstellen müssen“, kündigt Nußbaum im Gespräch mit der NW an. Ins Detail wolle er noch nicht gehen. Wohl auch, um der Verhandlung am Montag, ab 13.30 Uhr, in Saal 105 einen gewissen Knalleffekt nicht vorwegzunehmen. Demnach würde die Beobachter der öffentlichen Verhandlung eine &bdquo;Wundertüte“ erwarten. Er selber gehe davon aus, Bestandteil einer &bdquo;Justiz- und Behörden-Posse in mehreren Akten“ zu sein, so Axel Nußbaum. Beschuldigter stellt Beweismittelbeschaffung in FrageDer Vorwurf: Der ehemalige AfD-Kreisvorsitzende, der – kurz nachdem sein Fall ans Tageslicht kam – zur Jahreswende aus der Partei austrat, soll am 16. November den falschen Impfausweis vorgelegt haben, um an einer Sitzung des Ältestenrates des Gütersloher Kreistages teilzunehmen. Ermittler hatten nach einem Hinweis bei einer Hausdurchsuchung einen Impfpass erhalten. Das Dokument habe Nussbaum &bdquo;freiwillig herausgegeben“, wie er sagt. Durchsucht wurde seine Wohnung wegen des Verdachts, dass er noch 400 Blanko-Pässe des Impfzentrums Lippe besitze. Diese Hinweise bestätigten sich nicht. Aber schon in der Hausdurchsuchung selbst sieht Nußbaum mögliche Ansätze für Verfahrensfehler: &bdquo;Die Durchsuchung an sich hätte nicht stattfinden dürfen.“ Wieso und weshalb, das wolle er im Sitzungssaal genauestens darlegen. Vor Gericht lässt sich der 59-Jährige entgegen der ursprünglichen Annahme indes nicht durch den renommierten Bielefelder Strafverteidiger Detlev Binder vertreten. &bdquo;Ich habe ihm abgesagt.“ Der Beschuldigte übernimmt seine Verteidigung nach eigenen Angaben in Eigenregie, was bis vor die Instanz des Amtsgerichtes möglich ist. Zum Hintergrund erläutert Nußbaum, er halte die juristischen Anforderungen aufgrund der Aktenlage &bdquo;für derart niederschwellig“, dass er zunächst auf die Mandatierung verzichte. Gleichwohl wolle er sich das Engagement seines Anwalts für eine mögliche Berufung offen halten. Nußbaum berichtet von Ermittlungen gegen weitere AfD-MitgliederFür Axel Nußbaum hat sich nach den Vorkommnissen vom Dezember vieles geändert. Zwar lebe er weiter in Gütersloh. &bdquo;Das Familienleben wurde extrem belastet und ich bin bundesweit bekannt“, sagt der ehemalige Mitarbeiter der AfD-Landtragsfraktion. Schließlich habe man ihn ja in die Öffentlichkeit gezerrt. Und das, so behauptet Nußbaum, obwohl im nahezu selben Zeitraum gegen mindestens zwei, wenn nicht gar drei weitere AfD-Mitglieder aus dem Kreis Gütersloh wegen genau des gleichen oder eines ähnlichen Deliktes ermittelt worden sei. Letztlich solle an ihm aber nun ein Exempel statuiert werden, da ist sich Axel Nußbaum sicher. Ex-AfD-Kreisvorsitzender will Rehabilitation erwirken &bdquo;Ich gehe davon aus, dass man eine general-präventive Bestrafung vornehmen will“, so der Beschuldigte. Er fühlt sich vorverurteilt und will eine Rehabilitation erwirken. Zur Verhandlung käme er indes &bdquo;ganz entspannt“. Verantworten muss sich der Gütersloher am frühen Montagnachmittag für einen Vergehenstatbestand, der in Paragraf 279 des Strafgesetzbuches (StGB) geregelt ist. Für den Fall Nußbaum gilt noch eine ältere Fassung, nach der sich der Angeklagte zu verantworten hat, weil er vom falschen Impfpass Gebrauch gemacht haben soll, &bdquo;um eine Behörde oder eine Versicherungsgesellschaft über seinen Gesundheitszustand zu täuschen“. Die neue Fassung des Paragrafen ist deutlich umfassender. An gleicher Stelle ist nun viel allgemeiner geregelt, dass sich derjenige zu verantworten hat, der &bdquo;zur Täuschung im Rechtsverkehr“ von einem falschen Impfpass Gebrauch macht. Bei einer Verurteilung drohen eine Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder eine Geldstrafe. Die Höhe hängt vom Einzelfall ab und kann zwischen fünf und 360 Tagessätzen (Monatsgehalt geteilt durch 30) liegen. Berücksichtigt werden dabei Umstände wie ein Eintrag im Vorstrafenregister, der Umfang oder auch Zweck der Fälschung. Verhandlungsauftakt: 45 Minuten in Saal 105Von den rund zehn Verfahren, die hinsichtlich falscher Impfpässe bis Ende März vor dem Gütersloher Amtsgericht geführt wurden, &bdquo;sind noch nicht alle abgeschlossen“, so Gerichtssprecherin Silke Bergstermann. In der Regel käme es zu Geldstrafen. In einigen Fällen sei Einspruch eingelegt worden. Dabei würden nun weitere Sitzungstermine anberaumt werden. Für die Verhandlung am Montag in Saal 105 ist eine Verhandlungsdauer von 45 Minuten vorgesehen. Axel Nußbaum findet die Zeit für seinen Fall knapp bemessen und geht mit dem Auftakt von einem stark zunehmenden Interesse aus. Er vermutet: &bdquo;Von Verhandlungstag zu Verhandlungstag dürfte auch die Saalgröße nicht mehr ausreichen.“

Meistgelesen