Tatort Gütersloh: Mutter erwürgt - Leiche unter Kinderbett versteckt

Gütersloh. Alkohol, Drogen und immer wieder Schläge: Die Beziehung zwischen dem Jamaikaner Kerry-Anthony H. (damals 45) und seiner deutschen Freundin Nicole M. (34) ist sechs Jahre lang von Gewalt geprägt. Ein Liebesverhältnis von zwischenzeitlichen Trennungen und Versöhnungen. Dann die unfassbare Tat: H. tötet die Mutter von drei Kindern in ihrer Wohnung an der Pestalozzistraße. Nach einem Streit erdrosselt er sie mit einem Staubsaugerkabel. Der gefährlichste Ort für Frauen ist keine dunkle Straße bei Nacht. Leider ist es der Ort, an dem sie sich eigentlich am sichersten fühlen sollten. Denn die meisten gewalttätigen Übergriffe oder Morde an Frauen passieren im eigenen Zuhause. Durch den eigenen Partner oder den Ex-Partner. So auch in diesem Fall.Die Situation eskaliert Es ist der Abend des 6. August 2011, ein Samstag. Das Paar hat sich kurz zuvor wieder einmal getrennt. Angeblich soll Nicole M. einen neuen Mann kennengelernt haben. Wie so oft kommt es zwischen Kerry und Nicole, die an diesem Tag viel Alkohol getrunken hat, zu einem handfesten Zwist. Es geht auch um den gemeinsamen vierjährigen Sohn, der sich zu diesem Zeitpunkt bei der älteren Schwester von M. befindet. Die beiden anderen Kinder übernachten an diesem Wochenende bei ihrem lieblichen Vater. Zuerst gibt es einen verbalen Streit, dann eskaliert die Situation. Zunächst traktiert die junge Frau ihren (Ex-)Lebensgefährten mit dem Metallrohr eines Staubsaugers und schlägt auf ihn ein. Plötzlich gelingt es ihm, ihr das Kabel zu entreißen. Er wickelt es um ihren Hals, zieht mit aller Kraft zu. Sie rührt sich nicht mehr. Keine Atmung, keinen Puls.Hier lesen Sie alle bislang erschienenen Fälle unserer Serie Tatort-GT Handy in einer Schmerzmittelpackung Nicole M. liegt tot auf dem Boden. Kerry Anthony H. schleift die Leiche in das Kinderzimmer und versteckt sie unter dem Kinderbett. Ihm wird erst langsam bewusst, was er getan hat. Doch wie soll es jetzt weiter gehen? Zwei Tage später, also am Montag, schickt er die drei Kinder zu einer Tante. Ihre Mutter sei nur für kurze Zeit weggegangen, erklärt er ihnen. Dann nimmt der Fall seinen Lauf. Als der Gütersloher Strafverteidiger Tobias Guettouche am selben Tag nach der Mittagspause in seinen Briefkasten schaut, entdeckt er eine Schmerztablettenpackung. Der brisante Inhalt: ein Handy. Dazu eine Anweisung mit einem gezeichneten Pfeil: &bdquo;Bitte das letzte Video anschauen.“ Darauf die schaurige Nachricht: H. schildert seine Tat (&bdquo;Ich habe Mist gebaut“) und legt gleichzeitig ein Geständnis ab.Er wirkt ungepflegt und blickt nur kurz in die Runde Er gibt auch an, sich das Leben nehmen zu wollen. Guettouche bringt das Mobiltelefon umgehend zur Polizei. Die Beamten rasen zur Wohnung und finden schließlich die tote Nicole M. unter dem Bett. Stunden später stellt sich der gebürtige Jamaikaner der Kripo. Festnahme. Der Prozess beginnt am 31. Januar 2012 vor dem Landgericht in Bielefeld. Grüner Parka, darunter ein graues T-Shirt, kurze, krause Haare. So erscheint H. wenige Minuten vor neun Uhr im Gerichtssaal, begleitet von einem Wachtmeister, der ihm kurz zuvor die Handschellen abgenommen hat. Er wirkt ungepflegt und blickt nur kurz in die Runde. Das Blitzlichtgewitter der Presse-Fotografen und die Aufnahmen der Fernsehkameras lässt er nur ungern zu, das spürt man. Während eines Gefängnis-Freigangs kennengelerntAls Oberstaatsanwältin Ina Leinkauf die Anklage verliest, faltet der 45-Jährige demonstrativ seine Hände. Die Justiz wirft ihm vor, seine ehemalige Lebensgefährtin mit einem Staubsaugerkabel aus Eifersucht erdrosselt zu haben. Der Angeklagte ist geständig. Die Staatsanwaltschaft verfolgt neben der Bestrafung auch die Unterbringung in der Sicherungsverwahrung. H. hatte bereits 1998 eine lange Gefängnisstrafe verbüßt – wegen versuchten Totschlags. Er wollte den Freund seiner ersten Frau in Oelde mit einem Messer umbringen. Dann schildert er seine Beziehung zu Nicole M.: &bdquo;Kennengelernt habe ich sie 2005 vor der Sparkasse in Gütersloh.“ Zu dem Zeitpunkt habe er in der JVA Castrop-Rauxel wegen Drogendelikte eingesessen. &bdquo;Ich habe Freigang gehabt.“Mehrfach nach England abgehauen Die Verbindung zu der 34-Jährigen sei mit der Zeit enger geworden. &bdquo;Bis wir schließlich ein Paar waren.“ Kerry Anthony H. plaudert drauf los, ist dabei recht locker, so als säße er am Küchentisch, um seine Lebensgeschichte zu erzählen. Immer wieder sei es zu Streitereien gekommen. &bdquo;Nicole hat viel getrunken. Sie hat mich verdächtigt, fremd zu gehen. Wir haben uns zigmal getrennt und wieder zueinandergefunden.“Der Vorsitzende Richter Marc Brüning konfrontiert ihn mit zahlreichen Strafanzeigen aus der Vergangenheit, denn die Polizei war Stammgast in der Wohnung des Paares. Der Angeklagte soll Nicole M. ständig verprügelt haben. &bdquo;Manchmal bin ich einfach abgehauen, nach England, weil ich es nicht mehr ausgehalten habe.“ Doch die Wahrscheinlichkeit, so Staatsanwalt Christoph Mackel, liege nahe, dass H. sich hier weiteren Resthaftstrafen entziehen wollte. "Ich dachte, sie ist nur bewusstlos - doch dann merkte ich, dass sie tot war" Den Tattag schildert der Angeklagte so: Nicole M. sei erneut stark angetrunken gewesen und habe nach einem Ausraster mit einem Staubsaugerkabel immer wieder auf ihn eingeschlagen. &bdquo;Dann sah ich Rot. Ich entriss ihr das Kabel, habe es um ihren Hals gelegt und zugezogen.“ Dann sei er aus der Wohnung gegangen, um eine Zigarette zu rauchen.&bdquo;Ich dachte, sie ist nur bewusstlos, doch dann merkte ich, dass sie tot war.“ Er habe die Leiche in den Bettkasten gesteckt. Rechtsanwalt Torsten Giesecke aus Bielefeld als Nebenkläger: &bdquo;H. ist ein Wolf im Schafspelz. Als Nicole M. sich mit ihm einließ, hat sie ihr Todesurteil unterschrieben.“Elf Jahre Haft Kerry-Anthony H. ist jedoch nicht wegen Mordes, sondern wegen Totschlags verurteilt worden. Er muss für elf Jahre ins Gefängnis. &bdquo;Das Merkmal Mord aus niedrigen Beweggründen konnten wir nicht feststellen“, erklärt Richter Brüning. Es sei eine Beziehungstat und sei nicht geplant gewesen. Alkohol und Gewalt hätten während der Partnerschaft stets eine große Rolle gespielt. Es habe ständig Streit gegeben.Der Beschuldigte und sein späteres Opfer, Nicole M., hätten dann oft die Beherrschung verloren. Brüning: &bdquo;Beide haben während ihrer Verbindung immer wieder Halte- und Stoppschilder übersehen. So kam es schließlich zum tragischen Ausgang.“ Trotzdem habe H. den Tod seiner 34-jährigen Freundin billigend in Kauf und den Kindern die Mutter genommen. &bdquo;Mit dieser schweren Last muss er jetzt leben.“ Heute sitzt der Täter immer noch in Haft. Allerdings befindet er sich seit September im offenen Vollzug. &bdquo;Seine endgültige Entlassung ist für Mitte 2023 vorgesehen“, berichtet sein Anwalt Tobias Guettouche.

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