Tönnies will Reportage verbieten - und scheitert erneut vor Gericht

Kreis Gütersloh. Der Schlachtkonzern Tönnies mit Stammsitz in Rheda-Wiedenbrück ist auch in zweiter Instanz damit gescheitert, eine kritische Reportage, die unter anderen Missstände bei Arbeits- und Wohnbedingungen der Beschäftigten anprangert, gerichtlich verbieten zu lassen. Bereits das Landgericht Köln hatte in erster Instanz den Antrag auf Unterlassung der Schlachtfabrik aus dem Kreis Gütersloh abgeschmettert, der darauf abzielte, eine weitere Ausstrahlung zu verhindern. Nun folgte dem auch in zweiter Instanz das Oberlandesgericht Köln, wie der Sender Sat.1 im Kurznachrichtendienst Twitter jüngst bekannt gab. "Die Schlachtfabrik Tönnies hat vor dem Landgericht Köln (Az. 28 O 12/22) und dann in zweiter Instanz vor dem OLG Köln (Az. 15 W 8/22) gegen SAT.1 verloren", verkündet der Sender auf Twitter. "Beide Instanzen haben den Antrag des Unternehmers Tönnies und seiner Firma in Gänze und auf Kosten von Tönnies zurückgewiesen", heißt es weiter. "Wir lassen uns juristisch nicht einschüchtern" Im Vorfeld dieser Entscheidungen zur Veröffentlichung der Doku "Sat.1 investigativ - Inside Tönnies" hatte sich der TV-Sender darüber beklagt, dass trotz anders lautender Äußerungen aus dem Firmenumfeld kurz nach Ausstrahlung der Reportage am 14. Dezember 2021 über das Fleischimperium Tönnies in Sat.1 der Konzern das weitere Zeigen nun doch mit juristischen Mitteln verhindern wolle. Sat.1 wurde deshalb demnach in einem 28 Seiten langen Schreiben aufgefordert, zentrale Punkte der Reportage nicht mehr auszustrahlen. Dagegen wehrte sich der Sender und gab die geforderte Unterlassungserklärung nicht ab. +++Good To Know+++ (3/4) Beide Instanzen haben den Antrag des Unternehmers Tönnies und seiner Firma in Gänze und auf Kosten von Tönnies zurückgewiesen.Hier kannst du die Doku #SAT1investigativ sehen, die Tönnies so verbieten lassen will. https://t.co/2eXGEY3zfD SAT.1 (@sat1) March 4, 2022 Schon während der Dreharbeiten zur Reportage habe Tönnies seine Anwälte mit rechtlichen Schritten drohen lassen, anstatt auf die Frage zu antworten: Wie viele Menschen im Tönnies-Werk zum Mindestlohn beschäftigt seien?, beschwert sich der Sender. Sat.1-Chefredakteurin Juliane Eßling dazu: "Mit der Investigativ-Reportage über die Zustände von Wohnungen und unvorstellbare Arbeitsbedingungen in und um das Fleischimperium Tönnies haben wir offensichtlich einen Nerv getroffen. Wir lassen uns juristisch nicht einschüchtern", zeigten sich die beteiligten Journalisten und Journalistinnen kämpferisch.DJV NRW: "Klare Entscheidung für die Pressefreiheit" Sat.1-Sprecher Christoph Körfer erklärte: "Wir haben nach der Reportage so viele Anrufe von Menschen bekommen, die unter dem System Tönnies leiden, dass es eine gesellschaftliche Verpflichtung ist, diese Reportage weiter jedem zugänglich zu machen, der sich für das Unternehmen Tönnies und seine Machenschaften interessiert. Wir werden alle uns zur Verfügung stehenden rechtlichen Mittel ausschöpfen und sehen einer juristischen Klärung des Sachverhalts durch ein ordentliches Gericht sehr gelassen entgegen." Der Sender merkt in seinen Tweets im Kurznachrichtendienst zu den Entscheidungen noch an: "Natürlich können Clemens Tönnies und sein Unternehmen weiter Klage einreichen. SAT.1 sieht einer solchen Klage gelassen entgegen." Auch der Deutsche Journalistenverband NRW wertet dies als klare Entscheidung für die Pressefreiheit. Klare Entscheidung für die Pressefreiheit: @sat1 wurde von #Tönnies aufgefordert, zentrale Punkte einer Reportage nicht mehr auszustrahlen. Alle Anträge auf Unterlassung wurden aber vom @LGKoeln und vom @OLGKoeln zurückgewiesen, wie das @DWDL berichtet >>> https://t.co/hK1cSItUkA pic.twitter.com/h05F128Wqj DJV NRW (@DJV_NRW) March 4, 2022

Meistgelesen