Gütersloh Gütersloher Ehepaar klagt gegen Jagd auf seinen Grundstücken und wird bedroht

Gütersloh. Ein Ehepaar aus Gütersloh klagt vor dem Verwaltungsgericht Minden gegen den Kreis Gütersloh, um zu verhindern, dass auf ihrem Grund und Boden rund um die Herzebrocker Straße weiterhin Jäger Tiere erlegen dürfen. &bdquo;Wenn ich Schüsse höre, überkommt mich schon ein Schauer", stellt Margrit Dorn klar. Die 56-Jährige und ihr Mann Klaus-Dieter (55) engagieren sich schon länger für die Rechte und den Schutz von Tieren und wollen deshalb nicht länger dulden, dass die vier Flurstücke in ihrem Besitz bejagt werden dürfen. Die Kreisjägerschaft sieht dieses Vorhaben problematisch, distanziert sich allerdings von einem Mann, der sich telefonisch als Jäger ausgegeben und die Dorns wegen ihres Vorhabens bedroht hat. Bei der Polizei läuft ein Verfahren wegen Nötigung Mitte der vergangenen Woche habe sich der ominöse Anrufer mit unterdrückter Rufnummer gemeldet. Er hätte sich als Jäger namens G. aus Harsewinkel ausgeben, schildert Margrit Dorn, sie beschimpft und bedroht: &bdquo;Er sagte, dass man Leute wie uns verjagen müsse und dass wir Gütersloh verlassen sollten, sonst würde er uns die Hucke vollhauen." Die Vorsitzende der Tierrechte-Vereins &bdquo;Fairleben" stellte unmittelbar nach der Drohung eine Anzeige. Bei der Gütersloher Kreispolizeibehörde läuft mittlerweile ein Verfahren wegen Nötigung, wie Sprecherin Katharina Felsch bestätigte. &bdquo;Dass es dazu kommen könnte, damit hätte ich niemals gerechnet. Ich nehme diese Drohung ernst, mein Mann und ich werden uns jedoch nicht einschüchtern lassen." Kreisjägerschafts-Chef verurteilt ominösen Anrufer Für Ralf Reckmeyer, den Vorsitzenden der Kreisjägerschaft, steht außer Frage, dass ein derartiger Drohanruf vollkommen inakzeptabel ist. &bdquo;Ich verurteile diesen Anrufer auf das Schärfste. So etwas gehört sich nicht." Fraglich sei, ob der Mann zu den 2.100 Mitgliedern zähle, die in der Kreisjägerschaft organisiert seien, schließlich gebe es im gesamten Kreisgebiet etwa 2.400 Jäger. &bdquo;Mir persönlich sagt der Name Gerkens nichts, aber ich halte das in unserer Liste nach." Fakt ist dagegen, dass Reckmeyer das Vorhaben der Dorns, ihre Grundstücke zu befrieden, zwar nicht begrüßt (&bdquo;Wenn dadurch ein Flickenteppich entsteht, führt das zu Problemen"). Gleichwohl sagt der 56-Jährige aus Herzebrock-Clarholz: &bdquo;Liegen ethische Gründe für einen solchen Antrag vor, die sauber und plausibel sind, hat man das als Jäger zu akzeptieren." Seit 2013: Gerichtshof ermöglicht Befriedung aus ethischen Gründen Der Fall Dorn: Die vier Acker-, Wald- und Wiesenflächen, um die es geht - ein 400 Quadratmeter großes Grundstück und drei jeweils einen Hektar umfassende Gebiete -, hat Klaus-Dieter Dorn vor Jahren geerbt. Flächen außerhalb von geschlossenen Ortschaften und mit weniger als 75 Hektar müssen vom Eigentümer in eine Jagdgenossenschaft miteingebracht werden, also einen Zusammenschluss von mehreren aneinanderhängenden Flächen. Dort darf dann entweder in Eigenregie gejagt werden, oder die Fläche wird verpachtet. Im Fall der Dorns gibt es zwei Jagdpächter, deren Verträge noch über mehrere Jahre laufen. &bdquo;Seit 2013 und einer Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte können jedoch private Grundstückseigentümer die Befriedung ihre Flächen aus ethischen Gründen beantragen. Bei besonderen Umständen ist das auch vor Ablauf eines Pachtvertrags möglich", erklärt Margrit Dorn. Genau dieses Ziel haben die Tierschutzaktivistin und ihr Gatte seit gut zwei Jahren vor Augen. Im Dezember 2019 beantragten sie bei der Unteren Jagdbehörde vom Kreis Gütersloh, ihre Flächen, eine davon wird im Gros als Pferdekoppel genutzt, jagd-frei zu stellen. &bdquo;Dass eine einfach Erklärung über die grundsätzliche Ablehnung der Jagd auf dem eigenen Grundstück nicht ausreicht, sondern neben der schriftlichen Begründung auch umfangreiche Dokumente über Besitzverhältnisse, Grundrisse, Karten und weitere Erklärtungen erforderlich sind, wurde uns erst nach monatelanger Wartezeit mitgeteilt." Die Jagdbehörde schlug eine zivilrechtliche Einigung vor, doch das &bdquo;war nie eine Option." Untätigkeitsklage eingereicht, Dortmunder Rechtsanwalt hilft Das Ehepaar zog den Dortmunder Rechtsanwalt Peer Fiesel zur Hilfe. Anfang Juni 2021 wurde eine Untätigkeitsklage vor dem Verwaltungsgericht in Minden eingereicht, wie Gerichtssprecherin Amrei Stocksmeyer gegenüber der NW bestätigte. Gut einen Monat später flatterte den Dorns dann ein negativer Bescheid &bdquo;nebst saftiger Gebührenrechnung" in Haus. &bdquo;Zwei Grundstücke sollten demnach mit einem Übergangsrecht befriedet werden, die zwei anderen nicht", schildert Margrit Dorn. Mit Klage vom 5. August drängen sie und ihr Ehemann nun darauf, dass der Bescheid abgeändert und ihrem Ziel, der Befriedung für alle vier Grundstücke, stattgegeben wird. Das soll möglichst rückwirkend zum April 2021 geschehen. &bdquo;Die besonderen Umstände sind gegeben. Die ganze Situation ist sehr belastend für uns. Wir leiden darunter, dass dort Tiere gejagt werden", erklärt Margrit Dorn. Das Verfahren vor dem Verwaltungsgericht in Minden läuft. Am 8. Oktober ist die letzte Stellungnahme eingereicht worden. Nun steht die Frist zur Erwiderung an. &bdquo;Wir kämpfen so lange, bis auf unseren Flächen nicht mehr getötet werden darf", erklärt Dorn und ergänzt: &bdquo;Ich würde es begrüßen, wenn noch viele weitere Menschen von ihrem Recht auf Befriedung ihrer Grundstücke Gebrauch machen." Im Kreis Gütersloh &bdquo;in der Regel ein Antrag pro Jahr" Im Kreis Gütersloh ist das nicht sonderlich häufig der Fall. Laut Kreispressesprecher Jan Focken wird &bdquo;in der Regel ein Antrag pro Jahr" gestellt. Hauptgründe seien tierschutzrechtliche Beweggründe. Wie letztlich befunden wird, hänge immer davon ab, ob es machbar sei, das Grundstück aus dem Jagdbezirk herauszunehmen, so Focken weiter. &bdquo;Kann man noch jagen, wenn das Grundstück raus genommen wird?" Abgelehnt würden Jagdbefriedungen häufiger, wenn sich die Flächen entlang von Straßen mit einem hohen Aufkommen von Wildunfällen handelt. Als ein solcher Gefahrenbereich gilt auch die Herzebrocker Straße, wenngleich laut Margrit Dorn dort lediglich ein Wildwechsel-Schild an der Heitmann-Kreuzung steht, das für eine Länge von 800 Metern gelte. So äußert sich der Chef der Jäger im Kreisgebiet Dass die Herzebrocker Straße tatsächlich ein Gefahrenherd für Wildunfälle ist, berichtet der Kreisjägerschafts-Vorsitzende Ralf Reckmeyer (56), der einen Teil der dortigen Gegend zu seinem Revier zählt und dort oft genug auf dem Weg zur Arbeit tote Rehe oder Spuren und Polizeihinweise zu verendeten Tieren sieht. &bdquo;Lebt ein verunfalltes Tier noch, könnten wir es auf einer befriedeten Fläche nicht von seinem Leid erlösen", sagt Reckmeyer. Ferner könne man dort auch keine Tiere entnehmen, um beispielsweise generell das Wildtierunfall-Risiko zu senken. Der Standpunkt des Jäger-Chefs: Wer ein Grundstück für die Jagd unzugängig macht, müsse sich im Klaren darüber sein, &bdquo;dass es auch viele Dinge gibt, die sich nachteilig auswirken." Es entstehe ein Flickenteppich, der zum Beispiel bei einer Treibjagd zu Problemen führen könnte. Um Wildschäden müsste sich nicht mehr der Jagdpächter sondern der Eigentümer selber kümmern. Reckmeyer selbst ist froh, dass er im Fall Dorn keine Entscheidung treffen muss. Ob auf den vier Grundstücken des Gütersloher Ehepaares künftig gejagt werden darf oder nicht, darüber entscheidet letztlich das Gericht.

Mehr zum Thema