Ärger über Fischwilderei im Kreis Gütersloh: "kein Kavaliersdelikt"

Gütersloh. Am Axtbach in Herzebrock sind die Fischwilderer unlängst recht professionell zu Werke gegangen. Unbekannte hatten dort zwei illegale Fangnetze mit Bleibeschwerung in den kleinen Nebenfluss der Ems gesetzt. Acht Rotaugen und Dübel verfingen sich, drohten qualvoll zu verenden. Doch zwei Mitglieder des Fischereisportvereins (FSV) Herzebrock-Clarholz retteten die Tiere und entfernten die Netze. &bdquo;Das ist kein Einzelfall", sagt der FSV-Vorsitzende Jens Bertling. Er weiß: &bdquo;Fischwilderei gibt es an vielen Gewässern des Kreises Gütersloh." Wie sieht die Situation der Angelvereine in der Region aus? Wir haben uns umgehört. Wilderer legen Netze, Reusen und Aalschnüre aus &bdquo;Petri heil" unter den Augen des Gesetzes: Die 150 Mitglieder des Herzebrocker Vereins haben nicht zum ersten Mal Ärger mit Fischwilderern. Bereits im letzten Jahr seien Netze im Beelener Teil des Axtbaches ausgelegt worden. Außerdem würden immer wieder Legangeln an den Vereinsgewässern entdeckt werden. Auch Reusen, Stellnetze oder sogenannte Aalschnüre verwenden die Täter. Schonzeiten oder gesetzliche Mindestmaße scheren sie nicht. Der Frust bei den Angelvereinen ist oft groß. &bdquo;Denn das Ganze ist ja kein Kavaliersdelikt", sagt Jens Bertling und vergleicht: &bdquo;Es besteht im Prinzip kein Unterschied darin, ob ich illegal einen Fisch fange oder in den Wald gehe und einfach ein Reh schieße." Paragraph 293 im Strafgesetzbuch Fast richtig: Das Strafgesetzbuch unterscheidet zwischen Jagdwilderei (§292), die mit Geld- oder Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren, in schweren Fällen gar bis zu fünf Jahren geahndet wird, und Fischwilderei (§293), für die man im Extremfall mit zwei Jahren Gefängnis bestraft werden kann. Täter in flagranti zu erwischen, ist jedoch schwer. Deshalb kommt es selten zu Verfahren, die häufig auch noch eingestellt werden, unter anderem wegen Geringfügigkeit. Umso größer ist der Ärger bei passionierten Anglern wie Martin Exner (53), Fischereiaufseher und Jugendwart beim größten Angelverein im Kreis Gütersloh. Der Sportfischereinverein (SFV) Rheda-Gütersloh hat mehr als 1.000 Mitglieder und bewirtschaftet 128 Hektar an Gewässern, darunter die Ems auf 22 Kilometern. 1930 erster deutscher Verein, der gegen Schwarzfischerei kämpfte Der Klub hat sich das Thema Jagdfrevel ganz besonders auf die Fahnen geschrieben. Gegründet wurde er am 16. September 1930 nämlich mit dem Ziel, &bdquo;das Wildfischerunwesen zu bekämpfen und die Hege und Pflege der Ems" zu gewährleisten. &bdquo;Wir waren der erste Verein in Deutschland, der sich mit dem Thema Schwarzfischerei beschäftigt hat", sagt der heutige Vorsitzende Marcus Borgmann (56). Aus seiner Sicht ist die Fischwilderei &bdquo;in den letzten Jahren zu einem immer größeren Problem im Kreis Gütersloh geworden." Kein Wunder, wenn man bedenkt, dass Vereine wie der SFV jährlich schon mal Summen bis zu einer fünfstelligen Höhe in den Fischbestand ihrer Gewässer investieren. &bdquo;Und dann kommt jemand, und nimmt die Tiere einfach so mit oder quält sie sogar." Borgmann und Exner erinnern sich an einen besonders krassen Fall: Ein Wildangler, der regelmäßig in SFV-Gewässern sein Unwesen trieb, posierte mit der Beute für Facebook-Selfies. &bdquo;Er hielt die Fische, den Haken noch im Maul steckend, an der Schnur hoch. Das ist pure Tierquälerei", echauffiert sich Borgmann. Vor vier Jahren fing es an, immer wieder habe man versucht, den Mann zu fassen. Das gelingt erst im Februar 2021, als er von Martin Exner und Fischereiaufseher-Kollegen (&bdquo;Wir haben ein gutes Netzwerk") per Fahrrad verfolgt, gestellt und schließlich der Polizei übergeben wird. Ernüchterung: Das Verfahren ist eingestellt worden. Der Angelschein allein reicht nicht &bdquo;Klar ist Wilderei immer mal ein Thema", sagt Christian Bombeck (43) vom Angelverein Verl-Sürenheide, &bdquo;aber ich würde das nicht dramatisieren." Sein Klub zählt 320 Mitglieder, die demnach eher ruhigere Gefilde ihr Revier nennen dürfen. Voraussetzung für das legale Fischen ist hierzulande neben dem Angelschein, den die Untere Fischereibehörde des Kreises nur nach bestandener Prüfung erteilt, auch eine Vereinsmitgliedschaft oder eben die Erlaubniskarte für das ausgewählte Gewässer. Fehlt diese, kann ebenfalls Fischwilderei vorliegen. Bombeck: &bdquo;Das kann dann auch im polizeilichen Führungszeugnis stehen. Eine Bagatelle ist das nicht." Andere Länder, andere Sitten und Regelungen Beim ältesten Angelverein im Kreis Gütersloh, dem Fischereiverein Rietberg von 1929, beleuchtet der Vorsitzende Wolfgang Gerwing (57) das Schwarzfischen noch einmal von einer ganz anderen Seite. Es sei auch vor dem Integrationshintergrund ein großes Thema. Die Begründung klingt einleuchtend: &bdquo;In vielen anderen Ländern ist das Fischen nicht so geregelt wie in Deutschland. Dort ist es so üblich: Wenn ich Hunger auf Fische habe, dann gehe ich zu einem Fluss und angel", sagt der Maschinenschlosser aus Rheda-Wiedenbrück. Man habe selbst viele Personen mit Migrationshintergrund unter den 120 Mitgliedern im Verein, aber für &bdquo;Menschen, die nur wenige Monate in Deutschland sind", seien die Regelungen nicht immer zu verstehen. Kontrolleure erleben oft aggressive Reaktionen Sechs Kilometer der Ems bewirtschaftet der Verein. Auch hier sind schon Reusen aus Drahtgeflecht oder Netze entdeckt worden. Manchmal würden keine Angeln, sondern nur Schnüre ins hohe Gras gelegt. Bei Kontrollen von Fischereiaufsehern der Vereine gebe es oft aggressive Reaktionen. Auch körperliche Gewalt komme schon mal vor, berichtet Gerwing. Zuletzt sei das in seinem Klub 2018 der Fall gewesen. Damals hätte sich der Gewässerwart aber zur Wehr gesetzt und den Fischwilderer kurzerhand ins Wasser befördert. Dort, in den Seen oder Flüssen im Kreis Gütersloh, wird die Zahl der illegalen Angeln, der Netze und Reusen wohl demnächst wieder zunehmen, schätzt Wolfgang Gerwing. &bdquo;Sobald es drei Tage am Stück warm ist, geht es wieder los."

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