Deutliche Ansage: „Gütersloh soll weiter wachsen“

Gütersloh. Der neue Regionalplan für OWL auch für die Stadt Gütersloh die wichtigste Planungsgrundlage für den Zeitraum bis etwa 2040. Inzwischen liegt der Entwurf, erarbeitet von der Regionalplanungsbehörde bei der Bezirksregierung Detmold, auf dem Tisch. Bis Ende März hatten Kommunen, Organisationen und die Bürger Gelegenheit, sich dazu zu äußern, konnten Anregungen und Bedenken vortragen. Am Freitag befasst sich der zuständige Ausschuss für Planung, Bauen und Immobilien in einer Sondersitzung mit der Stellungnahme der Stadt. Die Grünen haben eine Reihe von Änderungsvorschlägen eingereicht. In mehreren Fällen soll demnach dem Erhalt des Natur- und Landschaftsraumes Vorrang eingeräumt werden. Auch das eigene Votum des Klimabeirats steht zur Debatte. Im Vorfeld hat die NW Stadtbaurätin Nina Herrling zu den Entwicklungsperspektiven der Hauptstadt des Kreises befragt. Frau Herrling, seit Jahren beklagt die Stadt Gütersloh einen eklatanten Mangel an freien Gewerbeflächen. Wird das Defizit durch den neuen Regionalplan 2040 behoben?Wir haben tatsächlich eine gute Flächenperspektive aufgezeigt bekommen. Nach derzeitigem Stand wird für die Stadt Gütersloh ein rechnerisch ermittelter Bedarf von knapp 140 Hektar Gewerbe- und Industriefläche (GIB) zeichnerisch ausgewiesen. Damit sind wir gut aufgestellt. Am Flugplatz, südlich der B 513, sollen laut Entwurf sogar mehr als die bisher vorgesehenen 100 Hektar Gewerbe- und Industriefläche ausgewiesen werden. Jetzt ist von 129 Hektar die Rede. Geht das nicht Lasten der Natur?Wir reden beim Regionalplan über einen Planungsmaßstab von 1:50.000. Nach der Detailplanung und der Berücksichtigung von Abstandsflächen et cetera werden wir eher bei den angepeilten 100 Hektar landen. Direkt hinter der Stadtgrenze soll an der A 2 in Verl nun doch das Gewerbegebiet Pausheide mit 100 Hektar entstehen. Wie beurteilen Sie das?Hier muss dringend über die Erschließung der Fläche gesprochen werden. Einen Autobahnanschluss halten wir für zwingend erforderlich. Wäre es denkbar, dieses Gewerbegebiet aufgrund der unmittelbaren Nachbarschaft gemeinsam zu betreiben?Unser Engagement liegt zunächst auf dem Flugplatz und dem Mansergh-Quartier. Aber es ist auch richtig, dass interkommunale Zusammenarbeit seitens der Planungsbehörde ausdrücklich gewünscht wird. Insofern sollten wir mit Verl im Gespräch bleiben. An welcher Stelle hätte die Stadt gern mehr eigene Flächen ausgewiesen?Die Regionalplanungsbehörde ist nach einem intensiven Austausch unseren Vorschlägen weitestgehend gefolgt. Es wurden lediglich einige wenige der von der Stadt vorgeschlagenen Potenzialflächen nicht berücksichtigt. Das ist aber zu verschmerzen. Im Entwurf findet sich nach wie vor die Ortsumfahrung Friedrichsdorf. Hat sich das Thema nicht inzwischen endgültig erledigt?Die Regionalplanung sieht die Trasse offenbar immer noch als ein Thema an. Aber es steht außer Frage, dass es an dieser Stelle reichlich Konfliktpotenzial gibt, nicht nur zwischen den betroffenen Kommunen Gütersloh und Bielefeld; auch im Ort selbst herrscht keine einheitliche Meinung vor. Unsere Aufgabe ist es jetzt eher, im Ort selbst Verbesserungen der Verkehrssituation herbeizuführen. Wie sieht es mit dem Wohnbauland aus? 350 Hektar Allgemeiner Siedlungsbereich sollen neu ausgewiesen werden. Eine gewaltige Fläche, ungefähr so groß wie der Flugplatz.Wir werden ganz sicher nicht 350 Hektar ASB neu entwickeln. Wir wollen weiterhin sorgsam mit unserer Fläche umgehen. Das schulden wir auch den künftigen Generationen. Allerdings bekommen wir mehr Spielraum als früher. Steht beispielsweise eine durch die Stadt zur städtebaulichen Entwicklung vorgesehene Fläche tatsächlich nicht zur Verfügung, weil der Grunderwerb scheitert, können künftig andere Standorte angegangen werden. Diese Flexibilität hatten wir bislang nicht. Zunächst werden wir uns besonders auf das Mansergh-Quartier konzentrieren. Apropos Grunderwerb: Was hat die von Ihnen vor zwei Jahren gestartete neuerliche Wohnbaulandoffensive ergeben?In Anbetracht der Tatsache, dass sich die Bedingungen des Kommunalen Baulandmanagements für sie verschlechtern könnten, sind einige Eigentürmer auf uns zu gekommen mit dem Signal, nun doch ihre Flächen zur Verfügung zu stellen. Allerdings befinden wir uns noch in der Auswertung dieser Gespräche. Zumindest eine Überraschung hat der Regionalplan auch parat: Am Kreishaus ist ein Allgemeiner Siedlungsbereich mit der Zweckbindung &bdquo;Einrichtung des Bildungswesens" dargestellt. Was hat das konkret zu bedeuten?Wir haben im Kreis Gütersloh einen hohen Bedarf an Bildungseinrichtungen. In der Schaffung solcher Einrichtungen liegt eine große Chance für den gesamten Kreis. Im Falle des ausgewiesenen Bildungsstandortes am Kreishaus handelt es sich jedoch lediglich um einen Darstellungsfehler im Regionalplanentwurf, auf den wir im Zuge der Stellungnahme hingewiesen haben. Die Naturschutzverbände in OWL beklagen, dass nahezu allen Kommunen in der Region größere Flächenkontingente eingeräumt werden, als ihnen rechnerisch zusteht. Kritik kommt auch vom Gütersloher Klimabeirat. Ist das berechtigt?Darüber würde ich mit dem Klimabeirat gern noch einmal sprechen. In dessen eigener Stellungnahme zum Regionalplanentwurf geht es beispielweise um eine Fläche am Spexarder Hüttenbrink, die wir im Flächennutzungsplan gar nicht als Siedlungsbereich oder Gewerbegebiet vorgesehen haben. Sie ist zu einem ganz überwiegenden Teil als landwirtschaftliche Fläche ausgewiesen. Nur ein kleiner Zipfel ist für eine neue Kindertageseinrichtung reserviert. Generell ist darauf hinzuweisen werden, dass der neue Regionalplan eine bisher unbekannte Flexibilität ermöglicht, wenn es um die Entwicklung neuer Siedlungsflächen geht. Letztlich werden dafür im Regionalplanentwurf mehr ASB ausgewiesen als am Ende wirklich genutzt werden können. Kritiker monieren zudem, dass vielfach Bereiche zum Schutz der Natur gestrichen werden sollen. Drohen solche Fälle auch in Gütersloh?Das konnte ich bislang nicht wahrnehmen. Wir haben unsere Vorstellungen ja auch abgeglichen mit dem Landschaftsplan des Kreises. Wie beurteilen Sie die Aussichten, noch Änderungen am Entwurf des Regionalplans zu erwirken?Das Verfahren lässt vergleichen mit der Aufstellung eines Bebauungsplans auf kommunaler Ebene. Auch in diesem Fall besteht die Möglichkeit für Anregungen und Einwendungen. Die werden sorgfältig fachlich abgewogen und letztlich entscheidet die Politik darüber. Mit einem Beschluss des Regionalrates ist vermutlich erst 2023 zu rechnen. Ihr Fazit zum Entwurf des Regionalplans?Gütersloh ist eine wachsende Stadt und dem hat der Regionalplan Rechnung getragen. Wir sollen weiter wachsen. Also können wir zufrieden sein mit dem Ergebnis. Das kann längst nicht jede Kommune in OWL behaupten.

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