Wird Tönnies jemals den Corona-Deckel zahlen?

Der Wahlkampf ist vorbei, sonst – da können wir uns sicher sein – würde die Diskussion anders geführt werden. Der Landrat des Kreises Gütersloh muss keinerlei Konsequenzen in der Aufarbeitung des Tönnies-Desasters aus dem vergangenen Jahr fürchten – seine Amtszeit ist verlängert bis 2025. Die Angriffslust der anderen Fraktionen ist auch vergangen, vielleicht ist schlichtweg die Luft raus bei all den Corona-Ereignissen, die den Beteiligten viel Energie abverlangen. Wie sieht die Kostenbeteiligung der Firma Tönnies an dem massiven Corona-Ausbruch im Juni 2020 im Kreis Gütersloh aus? Das wollte die SPD-Fraktion vom Landrat wissen. Und der antwortete am Ende einer dreistündigen Sitzung mit dem Satz &bdquo;Es gibt dazu zielgerichtete Gespräche zwischen mir und Herrn Tönnies." Und sobald es etwas zu sagen gebe, werde er es dem Kreisausschuss – also der Öffentlichkeit – mitteilen. Wie lauten die Absprachen eigentlich im Detail? Auf 2,6 Millionen Euro belaufen sich die Kosten des Einsatzes unter anderem für mobile Abstrichteams, Dolmetscher, Verpflegung für Quarantänepersonen und vieles mehr. Kosten, die nicht angefallen wären, hätte es den Vorfall bei Tönnies nicht gegeben. Sven-Georg Adenauer betonte aber in dieser Woche, dass es sich dabei nicht um juristisch einklagbare Ansprüche handele, obschon dazu im Hintergrund noch eine &bdquo;rechtliche und sachliche Ermittlung" mit dem zuständigen Landesministerium laufe. Vielmehr gehe es hier um &bdquo;moralische Dinge, ausgelöst durch die entsprechende Aussage von Herrn Tönnies." Was hatte Herr Tönnies noch mal genau gesagt? &bdquo;Wir stehen zu unserer Verantwortung und übernehmen die Kosten für einen freiwilligen flächendeckenden Coronatest im Kreis Gütersloh. Die Details stimmen wir mit dem Kreis Gütersloh ab", lautet das Zitat. Manchmal kommt es im Leben und bei Versicherungen auf das Kleingedruckte an und so könnte der zweite Satz dieser Aussage entscheidend sein. Ist die Absprache der Details jemals erfolgt und wenn ja, wie lauten die eigentlich? Eine Antwort erhält die Bevölkerung nicht, nur die Versicherung aus dem Hause Tönnies, dass es diese &bdquo;Details" gibt und dass man dazu im Gespräch sei. Die Kreisverwaltung hat entsprechende Nachfragen der NW auch zu früheren Zeitpunkten schon nicht beantwortet – und tut es immer noch nicht. Eine mündliche Zusage vor Fernsehkameras in Kombination mit einer dokumentierten Detailabsprache – das alles kommt wohl einem Vertrag gleich. Die ermittelten Kosten für die Laboruntersuchungen in Höhe von viereinhalb bis fünf Millionen Euro dürften somit problemlos an den Schlachtkonzern zur Begleichung gereicht werden. Wo bleibt in diesem Kontext noch Raum für &bdquo;moralische Dinge"? Darf man der Annahme verfallen, Clemens Tönnies möchte freiwillig mehr zahlen als nötig? Rechnung schon Ende August an Tönnies zugestellt Wie die Kostenübernahme von Tönnies genau aussehen wird, &bdquo;darüber sind wir in der Diskussion", hatte Landrat Sven-Georg Adenauer schon am 2. September vergangenen Jahres gesagt, nachdem er Ende August dem Unternehmen die Kostenpositionen, die aus der Sicht des Kreises erstattet werden müssen, hatte zukommen lassen. &bdquo;Herr Tönnies hat sich heute gemeldet", teilte Adenauer dem Finanz- und Rechnungsprüfungsausschuss damals mit. Anfang Oktober sollte es ein Gespräch geben, bei dem auch der ebenfalls betroffene Kreis Warendorf mit am Tisch sitzen sollte. &bdquo;Ich hoffe, dass wir uns da auf Positionen einigen können", so der Landrat damals. Sechs Monate sind inzwischen vergangen. Von 7,5 Mio. Euro ist die Rede plus weiteren Kosten, die Kommunen wie etwa Verl entstanden sind. In der Nachbarstadt mussten aufwendige Quarantänemaßnahmen zur Abriegelung von Wohnblocks im Ortsteil Sürenheide vorgenommen werden. Wer hat bislang bezahlt? Die Menschen im Kreis Gütersloh. Da wirkt die &bdquo;moralische Kostenübernahme", auf die der Landrat hofft, wie ein Hohn. Schließlich verhandelt er mit dem Unternehmen, dem er im vergangenen Sommer öffentlich &bdquo;null Vertrauen" ausgesprochen hat. Etwas mehr Transparenz wäre eine erste vertrauensbildende Maßnahme. Dem Bürger gegenüber.

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