Gütersloher Mohren-Apotheke wird wegen Rassismus-Debatte umbenannt

Gütersloh. Die Debatte um rassistische Bezeichnungen hat nun Auswirkungen auch in Gütersloh. Die Mohren-Apotheke am Kreisel an der Marienfelder Straße soll demnächst umbenannt werden. Als Grund gibt die Betreiberin Claudia Scherrer zunehmende Anfragen bezüglich des Namens an. &bdquo;Die kamen nicht nur von Kunden, sondern über verschiedenste Wege auch von Leuten, die ich nicht kenne, zum Beispiel per Mail oder über Facebook", so die Apothekerin. Außerdem habe sie von der Antidiskriminierungsstelle der AWO Gütersloh eine Beschwerde erhalten. Die Mohren-Apotheke wurde 1950 eröffnet. 2015 wurde sie von Claudia Scherrer übernommen. &bdquo;Schon damals war das Thema aktuell", sagt die Apothekerin. &bdquo;Deshalb haben wir im Zuge der Übernahme unsere Kundschaft befragt, ob wir den Namen beibehalten sollen. Rund 97 Prozent der Befragten haben sich damals für die Beibehaltung entschieden." Apotheker sagen, dass der Begriff nicht rassistisch gemeint sei Aber Sprache sei ständig im Fluss. Um nicht immer wieder mit dem Thema konfrontiert zu werden, habe man daher diese Entscheidung getroffen. Das sei ihr nicht schwer gefallen. &bdquo;Ich hänge nicht an dem Namen." Eine Kollegin in Süddeutschland berichtete ihr von Demonstrationen vor ihrer Mohren-Apotheke. &bdquo;Und darauf habe ich ja gar keine Lust." Die Kollegin sei übrigens bei dem Namen geblieben, weil sie zu dessen positiver Bedeutung stehe. Auch Scherrer kann die Kritik an dem Namen nicht nachvollziehen. &bdquo;Ich verbinde mit dem Mohr nicht den schwarzen Menschen, der Sklaverei erleidet, sondern einen Menschen, der Heilung bringt. Aber weil ich keine Lust mehr habe, den Namen zu rechtfertigen, habe ich mich zu diesem Schritt entschlossen." Seit einigen Jahren stören sich immer mehr Menschen an dieser Bezeichnung. Die Servicestelle Antidiskriminierungsarbeit der Arbeiterwohlfahrt (AWO) hat nach Aussage von Mitarbeiter Thomas Hellmund die Beschwerde einer Person über die Namensgebung der Apotheke erhalten, da diese rassistische Bilder und Denkmuster reproduziere. Daraufhin sei der Kontakt zur Apotheke aufgenommen worden. Auch sei die Bitte der Person um eine kritische Auseinandersetzung mit der Namensgebung sowie eine Umbenennung vorgebracht worden, so Hellmund. Zudem bot die Servicestelle weitere Informationen und Unterstützung bei der kritischen Auseinandersetzung mit der Namensgebung an. &bdquo;Für mich ist der Name positiv besetzt und eine Wertschätzung der maurischen Bevölkerung" Doch inwiefern ist die Bezeichnung Mohren-Apotheke als rassistisch zu verstehen? Dazu Thomas Hellmund: &bdquo;Rassismus, so wie wir ihn kennen, entstand in Zeiten der Kolonialisierung verschiedener Teile der Erde, so auch von Ländern Afrikas. In diesen Zeiten wurden Menschen, die keine weiße Hautfarbe hatten, abgewertet und mit vielen negativen Eigenschaften belegt – sie wurden als weniger &bdquo;entwickelt" als weiße Menschen dargestellt." Diese Unterscheidung sei von den Kolonialmächten, also auch Deutschland, bewusst erfunden worden, um unter anderem die Kolonialisierung als &bdquo;zivilisatorische Pflicht" darzustellen und die Unterdrückung, Ausbeutung und Ermordung der Menschen sowie die Ausbeutung etwa der Bodenschätze zu rechtfertigen. Apothekenbetreiber halten dem entgegen, dass der Begriff &bdquo;Mohren-Apotheke" keineswegs rassistisch gemeint sei. In der Deutschen Apotheker-Zeitung (DAZ) wird Wilhelm Bouhon zitiert, der bereits in dritter Generation Nürnbergs älteste Apotheke von 1442 führt. Seit 1578 heißt sie Mohren-Apotheke. &bdquo;Für mich ist der Name positiv besetzt und eine Wertschätzung der maurischen Bevölkerung, die uns die moderne Pharmazie gebracht hat." Eine andere Lesart führt sogar den dunkelhäutigen der Heiligen Drei Könige, der Myrrhe als Heilkraut mitbrachte, als Erklärung für den Namen an. &bdquo;Ihre Betroffenheit ist die mit Abstand wichtigste Perspektive in dieser Diskussion" Thomas Hellmund argumentiert hingegen, dass Menschen, die selbst von rassistischer Diskriminierung betroffen seien, diese Fremdbezeichnung ablehnten. &bdquo;Ihre Betroffenheit ist die mit Abstand wichtigste Perspektive in dieser Diskussion." Der &bdquo;M."-Begriff, wie Hellmund ihn abkürzt, stelle die älteste deutsche Fremdbezeichnung schwarzer Menschen dar. Der Begriff setze sich zusammen aus dem griechischen Wort moros, was töricht, einfältig, oder auch gottlos bedeutet und dem lateinischen Wort maurus, das schwarz oder dunkel meint. Im Altdeutschen sei daraus das Wort &bdquo;mor" abgeleitet worden. Von der Idee, den Namen an geeigneter Stelle in oder an der Apotheke zu erläutern, statt zu eliminieren, hält Hellmund nichts. &bdquo;Es geht in erster Linie darum, die Verletzungen betroffener Menschen durch die Namensnutzung anzuerkennen und zukünftig zu vermeiden. Weshalb eine Umbenennung erfolgen sollte." Namens-Wahl oder Änderung liege in der persönlichen Verantwortung der Betreiber Knapp 100 Apotheken tragen nach einem Bericht der DAZ von 2016 in Deutschland den Namen &bdquo;Mohren-Apotheke". Von den 1.800 Apotheken im Bereich des Apothekerverbandes Westfalen-Lippe heißen lediglich vier so. Der Verband nimmt nach Aussage einer Sprecherin keinen Einfluss auf diese Diskussion. Die Namens-Wahl oder Änderung liege in der persönlichen Verantwortung des Betreibers oder der Betreiberin, heißt es auf Nachfrage. Bei der Umbenennung werde gegebenenfalls Unterstützung angeboten. Weil sie neben ihrer sonstigen Arbeit derzeit im Impfzentrum die pharmazeutische Leitung innehabe, werde sich die Neubenennung noch etwas verzögern, sagt Scherrer. Sie rechnet im Frühjahr damit. Schließlich müssten eine neue Zulassung beantragt und viel Papierkram erledigt werden: Betriebserlaubnis, Handelsregistereintragungen, Genehmigungen, Verträge mit Krankenkassen und weitere rechtliche Schriftstücke müssten geändert werden. Ein eigenes Logo hat sie sich auch schon entwickeln lassen. Den neuen Namen will Claudia Scherrer aber noch nicht verraten. &bdquo;Nichts Spektakuläres", sagt sie. &bdquo;Aber unangreifbar."

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