Krisenmanagement beim Kreis: "Kommunikation mit Öffentlichkeit ist unzureichend"

Gütersloh. "Was ist ein Fax?" 14-Jährige fragen so etwas, weil sie diese Technik nicht kennen. Kein Wunder, ist sie doch in den meisten Firmenbüros längst abgeschafft oder integriert in irgendwelchen Multifunktionsdruckern. Wer ein Faxgerät aber noch live und in Arbeit erleben möchte, muss zur Kreisverwaltung, Abteilung Gesundheit, gehen. Genau dort, wo es aktuell am dringlichsten auf Daten ankommt, muss man sich auf die alten Faxgeräte verlassen. Die medizinischen Labore schicken ihre Corona-Ergebnisse per Fax an die Herzebrocker Straße. Dort werden sie dann manuell von Angestellten oder Bundeswehrsoldaten in die Datensysteme eingetragen. Das Gütersloher Schlagwort &bdquo;Digitaler Aufbruch" verkommt angesichts solcher Szenen zu einem Hohn. Obwohl allen Gesundheitsämtern aller Bundesländer Deutschlands bereits Jahre vor Beginn der SARS-CoV-2-Pandemie ein hervorragendes digitales Werkzeug namens Sormas zur Infektionsüberwachung und zum Ausbruchsmanagement zur Verfügung stand, wird je nach Belieben der einzelnen Ämter mit ineffizienten, total veralteten und uneinheitlichen Methoden experimentiert. Im Kreis Gütersloh trotz zusätzlicher Infektionswellen bis dato. Verwaltung beschränkt sich heute nur noch auf Meldung der Infiziertenzahlen Erfreulicherweise sieht der Landesgesundheitsminister – wie auch die Kanzlerin und unser Bundesgesundheitsminister schon zu Beginn der Pandemie – nun auch die Notwendigkeit, die Löcher in dem Flickenteppich zu stopfen und erklärt daher auf seiner Homepage am 5. Januar 2021: &bdquo;Seit Beginn dieses Jahres besteht für alle medizinischen Labore die Pflicht, Laborbefunde digital an die Gesundheitsämter über DEMIS, das deutsche elektronische Melde- und Informationssystem für den Gesundheitsschutz, zu übermitteln. Die althergebrachte Versendung der Laborbefunde per Fax ist dann nicht mehr zulässig." Die Kreisverwaltung Gütersloh hat sich an die Arbeit gemacht. Anfang Februar soll nun umgestellt werden auf Sormas, damit das Fax dann auch in der Kreisverwaltung abgeschafft werden kann. Die Pandemie feiert bald Geburtstag. Sie hat sich binnen eines Jahres verändert, ist gewachsen – aber mit ihr nicht das lokale Management. Die Kreisverwaltung als Aufsichtsbehörde hat sich vor einem Jahr Regeln auferlegt, die dringend angepasst werden müssen, weil sie von außen nicht mehr verstanden werden. Während zu Beginn der Corona-Phase der Krisenstab für die Bevölkerung noch sichtbar war, beschränkt man sich heute auf die tägliche Meldung mit der Zahl der Infizierten. Werden Presseanfragen an das Gesundheitsamt gerichtet oder andere Verantwortliche, ergeht umgehend eine Rüge. Auskunft erteilt nur die Pressestelle des Kreises. Mag es auch noch so viele Tote in einem Seniorenheim geben, die Antwort der Kreisverwaltung lautet stereotyp: &bdquo;Wie bekannt ist, geben wir keine Auskunft zu Personen oder Einrichtungen." Nach Thomas Kuhlbusch hat man öffentlichen keinen Krisenstabsleiter mehr gesehen Das man auch zu viel sagen kann, zeigen die Bielefelder. Die Informationspolitik hier sorgt gerade eher für Verwirrung als für Aufklärung. Aber in der Nachbarstadt gibt es einen Krisenstabsleiter, der sich wöchentlich im Radio äußert und für Fragen der Bürger zur Verfügung steht. Im Kreis Gütersloh hat man nach dem Weggang von Thomas Kuhlbusch öffentlich keinen Krisenstabsleiter mehr gesehen, kaum jemand wird wissen, wer das eigentlich namentlich ist. Sven-Georg Adenauer hat unlängst mehr Personal eingefordert. Es gebe noch so viele Urlaubstage, die man nicht hätte nehmen können und Überstunden häuften sich. Das wird wohl so sein. Aber der Landrat unterschätzt die Wirkung solcher Aussagen. Wir alle hängen maßgeblich von der Aufsichtsbehörde im Kreis ab. Seit inzwischen fast einem Jahr fügen wir uns größtenteils bereitwillig in die oft schwierigen, manchmal katastrophalen Gegebenheiten. &bdquo;Im Kreis Gütersloh ist man eher brav" hat CDU-Bundesfraktionschef Ralph Brinkhaus neulich öffentlich gesagt. Das stimmt. So schnell geht hier keiner auf die Straße. Wie sehr die Menschen jedoch die Nase voll haben, wird vermutlich unterschätzt. Es brodelt, weil die meisten gar nicht mehr nachvollziehen können, warum und wo was erlaubt und was verboten ist. Und weil es eine absolut unzureichende Kommunikation mit der Öffentlichkeit gibt. Signal nach außen: Entwicklung innerhalb von Krise findet in der Verwaltung nicht statt Es ist dringend geboten, die Bürger und Medien aus der Rolle des Bittstellers zu befreien. Aktive Veröffentlichung von Informationen rund um das Pandemiegeschehen inklusive der Krankenhäuser ist eine berechtigte Erwartungshaltung der Bevölkerung. Und während die gesamte Wirtschaft sich in Videokonferenzen tummelt – ob es den einzelnen Angestellten im Homeoffice nun passt oder nicht – wird das gewiss auch im Zusammenspiel mit der Politik möglich sein. Dass Gütersloh nun alle wichtigen Ausschusssitzungen streicht, sendet nach außen das Signal: Entwicklung innerhalb von Krise findet in der Verwaltung nicht statt. Es ist im vergangenen Jahr bereits viel wertvolle Vorbereitungszeit auf das Virusgeschehen verloren gegangen. Stadtentwicklung nun auch noch für Wochen lahm zu legen, ist das absolut falsche Signal zur falschen Zeit.

Meistgelesen