Makler über Corona-Folgen: "Leerstand in Gütersloh ist weniger geworden"

Herr Johannes Kaup, inwieweit hat die Corona-Krise die Immobilien-Branche verändert? Johannes Kaup: So richtig verändert hat sie die Branche gar nicht. Entgegen unserer Prognosen im März haben wir hinsichtlich von Wohnimmobilien zum Beispiel gar keine Auswirkungen verzeichnet. Ähnlich sieht das bei Kapitalanlagen aus. Im Gegenteil, die Preise sind sogar leicht angestiegen. Bei Gewerbeimmobilien ist das anders, da gibt es Auswirkungen der Krise. Einzelhandel-, Gastronomie- und Büroflächen - diesen Sektor hat die Pandemie hart getroffen. Schließungen, Home-Office und Online-Versand beeinflussen diese Bereiche. Das bedeutet Gewerbeimmobilien sind nicht mehr gefragt? Kaup: Da muss man unterscheiden zwischen Verkauf und Vermietung. Grundsätzlich ist der Verkauf während der Krise fast gar nicht beeinflusst worden und ist nach wie vor sehr attraktiv. Das Problem ist aber, dass wir uns in einem sehr langwierigen Geschäftsfeld befinden. Noch merkt die Branche die Auswirkungen nicht unmittelbar. Selbst bei der Vermietung für den Einzelhandel merken wir noch keine Auswirkungen. Effektiv haben wir in Gütersloh heute keinen größeren Leerstand als vor neun Monaten. Im Gegenteil. Der Leerstand ist sogar weniger geworden. Auswirkungen der Pandemie auf Einzelhandelsflächen und die Miete werden wir frühestens in ein paar Monaten sehen. Warum ist das so? Kaup: Wir alle haben vom Staat mit Kurzarbeit und Überbrückungshilfen extrem gute Werkzeuge an die Hand bekommen, um einige Monate zu überstehen. Bei vielen Eigentümern von Gewerbeimmobilien habe ich auch eine große Solidarität gegenüber den eigenen Mietern gespürt. Hatte ein Mieter Sorgen oder Probleme, wurde häufig die Miete gestundet. So wurden keine Kündigungen erzwungen. Dies hat zur Folge, dass glücklicherweise nur wenige Einzelhandelsflächen freigestellt wurden. Immer mehr Firmen setzen auf das Homeoffice. Müsste die Anmietung von Büroflächen aktuell nicht deutlich häufiger aufgekündigt werden? Kaup: Auch bei Büroflächen muss man die finale Entwicklung abwarten. Vieles deutet heute darauf hin, dass in Zukunft Platz eingespart wird. Sowohl kleine, als auch größere Unternehmen haben durch die Pandemie gemerkt, dass Home-Office ohne an Effizienz zu verlieren funktioniert. Viele Unternehmen prüfen aktuell die Möglichkeit Büroraum zu verringern und entwickeln Konzepte, so dass die Mitarbeiter nicht mehr von montags bis freitags im Büro sitzen, sondern vielleicht nur noch zwei bis drei Tage pro Woche oder weniger. Sie haben die steigenden Preise bei Wohngebäuden schon angesprochen. Subjektiv wahrgenommen werden Immobilien immer teurer. Hört der Preisanstieg irgendwann auf? Kaup: Angebot und Nachfrage bestimmen noch immer den Preis. Die Nachfrage wird durch das niedrige Zinsniveau getrieben. Die Menschen wollen das niedrige Niveau ausnutzen und machen sich nach wie vor wenig Sorgen über negative Auswirkungen einer Wirtschaftskrise wie beispielsweise Jobverluste. Im März war eine unserer Prognosen, dass das Risikoempfinden der Käufer steigt und die Nachfrage sinken wird, dies hat sich nicht bewahrheitet. Die Käufer sind aufgrund der unsicheren Zeiten nicht zurückhaltender geworden. Ob der Preisanstieg irgendwann aufhört, kann ich heute seriös nicht beantworten. Wie verhält es sich mit Grundstücken? Kaup: Auch da sind die Kaufpreise tendenziell steigend. Das liegt daran, dass die Nachfrage extrem hoch, das Angebot aber gering ist. Wer Grundstücke besitzt und sie nicht verkaufen muss, tut das auch nicht. Das ist oft zu beobachten. Die Grundstücke, die auf den Markt kommen, sind auch meist relativ klein. 500 Quadratmeter sind im Vergleich schon recht viel. Wenn heute dann ein 1.000-Quadratmeter-Grundstück angeboten wird - das ist schon ein Glückstreffer für denjenigen, der es sucht und kaufen kann. Aber am Ende muss man davon ausgehen, dass dieser Kaufpreis hoch ist auf Grund der sehr hohen Nachfrage. Schließlich ist die Nachfrage vorhanden. Die Städte sind gefordert mehr Bauland auszuweisen und zu entwickeln, dass sie kurzfristig dem Markt zur Verfügung stehen. Viele Banken bieten Vollfinanzierungen an. Durch die Krise könnte man aber annehmen, dass bei einigen das finanzielle Grundgerüst zu wackeln beginnt. Laufen wir Gefahr, dass wir auf eine Krise im Immobilienmarkt zulaufen? Kaup: Das ist definitiv eine Möglichkeit, die ich nicht ausschließen kann. Das Problem hatten wir aber schon vor Corona. Auch da haben wir erhebliche Preissteigerungen bei Verkäufen von Immobilien verzeichnet. Es gibt viele Faktoren, die eine Immobilienkrise initiieren können. Corona kann einer sein - zusammen mit dem Verlust des Arbeitsplatzes und einer möglichen Wirtschaftskrise. Ein anderer Faktor sind unter anderem die niedrigen Zinsen. Ich gehe aber nicht davon aus, dass sich diese über die nächsten Monate und Jahre hinweg erkennbar nach oben entwickeln. Am Ende des Tages müssen wir abwarten. Weil eines ist klar: Wenn wir viele Jobverluste haben und Finanzierungen nicht mehr getragen werden können und folglich viele Immobilien auf den Markt kommen, könnte das ein Faktor sein, der eine Immobilienkrise auf den Plan ruft. Dies ist aber nur eines von vielen Szenarien. Was spricht denn momentan dafür, sich eine Immobilie zu kaufen? Trotz aller Unsicherheiten. Kaup: Die Immobilie ist noch immer die langfristig sicherste Kapitalanlage. Es kann sein, dass wir in eine Wirtschaftskrise hineinlaufen und die Immobilienpreise sinken. Aber solange man nicht verkaufen muss ist das ein aushaltbares Momentum. Irgendwann ist die Krise vorbei und die Preise gehen wieder nach oben. Insofern kann man heute, unter den passenden Voraussetzungen, sorgenfrei eine Immobilie kaufen. Gibt es im Kreis Gütersloh noch Schnäppchen, sodass sich ein Hauskauf wirklich lohnen kann? Kaup: Selten. Sehr selten sogar. Das muss man tatsächlich sagen. Bei professionellen Immobilienmaklern sind die Preise marktgerecht, nicht überteuert und nicht zu niedrig. Unsere Aufgabe ist es einen Preis zu finden, für den die jeweilige Immobilie vermarktbar ist. Käufer und Verkäufer sollen am Ende zufrieden sein. Dafür bewerten wir Immobilien fachmännisch. Wenn Sie sich privat eine Wohnung für ein Investment kaufen würden, wo würden Sie zuschlagen? Kaup: Es gibt da unterschiedliche Philosophien bei Kapitalanlegern. Ich stelle mir immer vor, dass ich selber in der Wohnung leben muss.Wenn ich sie mag, dann ist sie auch gut vermietbar. Die wichtigste Regel ist dabei immer die Lage. Natürlich sind Kaufpreise in Gütersloh höher als beispielsweise in Borgholzhausen. Mit den Mieteinnahmen kann man heute aber Tilgung und Finanzierung gegenrechnen und die Immobilie trägt sich in der Regel von alleine. Das ist auch ein Grund dafür, warum Kaufpreise mittlerweile so hoch sind. Abgesehen davon gibt es im Kreis Gütersloh einen massiven Wohnraummangel. Wohnraum bekommen Sie heute und in den nächsten Jahren immer vermietet. Das ist nicht das Problem. Wohnraum wird immer gesucht.

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