Fristlos gekündigt nach Einsatz bei Tönnies - Mitarbeiter wehren sich

Kreis Gütersloh. Der Corona-Ausbruch beim Schlachthof Tönnies in Rheda-Wiedenbrück beschäftigt das zuständige Arbeitsgericht Bielefeld ein weiteres Mal. Insgesamt vier Arbeitnehmer wehren sich gegen ihre fristlose Kündigung, die sie im Sommer von ihrem Hauptarbeitgeber - einem Automobilzuliefererbetrieb - erhalten hatten. Alle vier Mitarbeiter waren nebenbei auf Basis eines Minijobs bei der Reinigungsfirma Besselmann beschäftigt. Jeweils am Wochenende wurden sie bei der Firma Tönnies in Rheda eingesetzt - alles problemlos, bis es in jener dramatischen Woche im Juni bei Tönnies zum großen Corona-Ausbruch kam und die gesamte Tönnies-Belegschaft schließlich unter häusliche Quarantäne gestellt wurde. Zuliefererbetrieb aufgeschreckt und verängstigt Sind die vier Mitarbeiter zur Gefahrenquelle für den Hauptarbeitgeber geworden, weil das gefährliche Virus in die Belegschaft des Automobilzulieferers eingetragen wurde? Rückwirkend kann diese Frage wohl mit Nein beantwortet werden. Die Firma Besselmann hatte ihre vier Minijobber am 19. Juni aufgefordert, sich einem Corona-Test zu unterziehen. Der Zuliefererbetrieb jedoch war aufgeschreckt und verängstigt und sprach allen vier Mitarbeitern die fristlose Kündigung aus. "Außerdem gibt er an, von der Nebenbeschäftigung bis dato gar nicht informiert gewesen zu sein", erklärt Joachim Kleveman, Direktor des Arbeitsgerichts Bielefeld. Aktuell stehen die ersten beiden Verhandlungen vor der dritten Kammer am Mittwoch, 2. Dezember, unter den Aktenzeichen 3 Ca 1733/20 und 1379/20 an. Kläger: Kein Kontakt zu Tönnies-Mitarbeitern Eine mögliche Corona-Infektion als Kündigungsgrund, ist das rechtens? "Die Kläger geben an, dass sich in den jeweiligen Räumlichkeiten während der Reinigungsschicht bei Tönnies keine anderen Arbeitnehmer befanden", so Kleveman. Ihr letzter Arbeitseinsatz bei der Firma Tönnies war am 14. Juni. In der darauffolgenden Woche waren sie bei ihrem Hauptarbeitgeber in Bielefeld regulär in der Spätschicht eingeteilt. Derweil wurden am 16. Juni 128 Tönnies-Beschäftigte positiv getestet, am 17. Juni waren von 983 Testergebnissen der Firma Tönnies 657 positiv. Am 18. Juni wurden Schulen und Kitas im Kreis Gütersloh geschlossen und auch Tönnies musste den Betrieb einstellen. Am 19. Juni erfolgte die Allgemein-Verfügung. Tags darauf wurde für alle auf dem Betriebsgelände der Firma Tönnies tätigen Personen häusliche Quarantäne bis zum 2. Juli angeordnet. Die Kläger wollten in der folgenden Woche ganz normal zur Arbeit kommen. Der Automobilzulieferer aber schob hier einen Riegel vor, schaltet den Betriebsrat ein und kündigte fristlos mit der Begründung: "Eine mögliche Corona-Infektion der klagenden Partei hätte dazu führen können, dass sich im Betrieb der Beklagten das Virus ausbreitet, was weitreichende wirtschaftliche Schäden des Unternehmens und die gesundheitliche Gefährdung von Arbeitskollegen zur Folge gehabt hätte." Nebentätigkeit muss Arbeitgeber mitgeteilt werden "Das Arbeitsgericht wird nun prüfen müssen, ob die Minijobber eine arbeitsvertragliche Pflichtverletzung begangen haben und ob diese eine fristgemäße oder gar fristlose Kündigung rechtfertigt", sagt Joachim Kleveman, der eines der vier Verfahren führen wird. Dabei müsse auch festgestellt werden, ob die Arbeitnehmer ihre Nebentätigkeit beim Arbeitgeber gemeldet hatten. "Eine Nebentätigkeit ist nicht genehmigungspflichtig", erklärt Kleveman, "aber sie muss dem Arbeitgeber angezeigt werden. Er muss davon Kenntnis haben. Das ist Pflicht." Hierbei reicht eine mündliche Mitteilung. Nur ist die - wie im vorliegenden Fall - mitunter schwer zu beweisen. Der Arbeitsrichter empfiehlt deshalb: "Eine schriftliche Mitteilung ist immer besser."

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