"Das Ding ist durch" - Schließung von Karstadt in Gütersloh ist besiegelt

Gütersloh. Sollte noch ein Fünkchen Hoffnung auf eine Rettung von Karstadt geglüht haben, so ist es jetzt erloschen. Selbst der Betriebsrat sieht keines mehr. &bdquo;Da ist nichts mehr zu machen. Das Ding ist durch“, sagt dessen Vorsitzender Ertac Ekinci. In einer Betriebsversammlung am Mittwoch informierte er die Belegschaft über das besiegelte Schicksal des Kaufhauses. Das Betriebsratsgremium war vor einigen Tagen in die Konzernzentrale nach Essen gefahren. Es wollte Klarheit und hat sie bekommen. Der Vorstandsvorsitzende Miguel Müllenbach und der Immobilien-Vorstand Reinhard Maas teilten ihnen in einem langen, offenen Gespräch mit, dass die Gütersloher Filiale nicht mehr zu halten sei. Es sei vorbei. Das Haus biete keine wirtschaftlich erfolgversprechende Perspektive. In vier Wochen kommen die Abwickler ins Haus Damit ist klar: Spätestens Ende Januar wird das Kaufhaus am Berliner Platz schließen. Nach beinah 56 Jahren. &bdquo;Für uns kommt es jetzt nur noch darauf an, die nächste Zeit gut zu überstehen“, sagt Ekinci. Schon in vier Wochen komme Gordon Brothers ins Haus, um die Filiale abzuwickeln und zu vermarkten. Der US-Konzern ist unternehmerischer Partner von Karstadt und tritt auch in anderen Niederlassungen auf, die zu schließen sind. Aktuell werde Karstadt noch fortlaufend mit neuer Ware beliefert, so Ekinci. Aber die Erfahrung in anderen Filialen zeige, dass mit der Zepter-Übernahme durch die Gordon Brothers die Abwicklung beginne. &bdquo;Es wird Ausverkäufe, Sonderaktionen, Nachlässe und überall Schilder geben. Das sieht dann nicht mehr schön aus.“ Jene Filialen, deren Schließungsdatum auf dem 31. Oktober liegt, sähen schon gefleddert aus und richteten sich darauf ein, zwei Wochen früher den Schlüssel umzudrehen. Die verbliebenen Tage würden nur noch zum Aufräumen genutzt. &bdquo;Ähnlich dürfte es in Gütersloh laufen.“ Verschiedene Szenarien durchgespielt - alle gleich düster Vorstandsvorsitzender Müllenberg hatte die Gütersloher Arbeitnehmervertreter auf die schlechte Ertragslage des Hauses hingewiesen. &bdquo;Es ist in den vergangenen fünf Jahren stetig weniger geworden“, sagt Ekinci. Zuletzt, 2019, hätten unterm Strich nur noch 16.000 Euro gestanden – vor Steuern, vor Abschreibungen und vor den Umlagen. Da der Konzern seine Overhead-Kosten auf die Filialen umlegt, zudem künftige Investitionskosten einberechnet, sei, so Ekinci, klar: &bdquo;Die Gütersloher Niederlassung ist ein Zuschussbetrieb, und leider kein kleiner.“ Die Prognosen für die nächsten fünf Jahre seien ebenfalls düster gewesen. Verschiedene Szenarien habe man durchgespielt, mit und ohne Corona, alle seien zum selben Ergebnis gekommen: Es reiche nicht. &bdquo;Aus unternehmerischer Sicht muss man die Entscheidung des Konzerns daher verstehen“, sagt Ekinci. Den Gebäude-Eigentümer kümmert ein Leerstand nicht Die Kosten weiter zu drücken, sei überdies kaum möglich. Nur noch 70 Menschen arbeiten in dem Haus, und das über mehrere Etagen und Arbeitsschichten verteilt. Aussichtslos seien offenbar auch Bemühungen, die Miete zu drücken. Karstadt zahle dem Eigentümer der Immobilie, dem Investmentfonds Highstreet, jeden Monat 130.000 Euro Miete, 1,6 Millionen Euro im Jahr. Für eine wirtschaftliche Perspektive müsste diese Miete etwa um die Hälfte gesenkt werden, doch daran hätten die Investoren in den Fonds überhaupt kein Interesse. Ekinci: &bdquo;Wenn die Miete gesenkt wird, verliert auch die Immobilie an Wert. Da nehmen die Investoren lieber in Kauf, dass die Immobilie leer steht, wie lange auch immer. Das können die sich leisten.“ Vorstandschef Müllenberg habe in dem Gespräch klar gemacht, dass die Verhandlungen mit den Immobilieneigentümern abgeschlossen seien. Gütersloh, Lübeck und Bremerhaven, jene Städte, in denen Highstreet die Karstadt-Gebäude gehören, könnten sich ihre Bemühungen um Mietnachlässe sparen, so Ekinci. &bdquo;Für Gütersloh jedenfalls ist klar, dass es unmöglich ist, dieses Haus noch zu retten. Man muss der Wahrheit ins Gesicht sehen.“ Appell für die Zukunft der Mitarbeiter Was die berufliche Zukunft der 70 Mitarbeiter betrifft, spricht der Betriebsratschef einen Appell aus: &bdquo;Das sind gute, tolle Leute, die viel Erfahrung im Verkauf und im Umgang mit Menschen haben. Sie sind gut ausgebildet und zum großen Teil seit Jahrzehnten dabei. Ich hoffe, dass andere Unternehmen ihnen eine Chance geben.“ Etliche, wohl auch er, werden zunächst in eine Transfergesellschaft wechseln, in der sie bis Ende Juli Beratung und Bewerbungshilfe erhalten. Die 60 beziehungsweise 67 Prozent (mit Kindern) des letzten Nettogehalts stocke Karstadt um 13 Prozent auf.

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