Studie: Brütende Wanderfalken am Gütersloher Windrad beschützen andere Arten

Gütersloh. Windräder und Vogelschutz harmonieren. Das ist die Erkenntnis aus einer Langzeitstudie an der Windkraftanlage am Brockweg. Mitglieder des Gütersloher Naturschutzteams haben dort den Brutplatz von Wanderfalken beobachtet, die in einer Höhe von 60 Metern seit mehreren Jahren Jungvögel aufziehen. Nach ihrer Einschätzung kommen die Wanderfalken nicht nur gut mit den Rotorblättern zurecht, sie bewahren zugleich andere Arten vor dem Tod. So konnten die Fachleute beobachten, dass die Wanderfalken aus Sorge um ihre Brut zum Beispiel Rotmilane und Mäusebussarde vertrieben - Vogelarten, die aufgrund ihrer schlechteren Seh- oder Flugfähigkeiten gelegentlich Opfer von "Vogelschlag" (Fachbegriff für geschredderte, getötete Tiere) werden. Vogelschützer müssen von alten Vorstellungen abrücken Um diese Arten nicht zu gefährden, sprechen sich Vogelschützer daher oft gegen den Bau neuer Windräder aus. Möglicherweise zu Unrecht, wie Franz Thiesbrummel, Leiter des Gütersloher Naturschutzteams, nun feststellt. Die Beobachtung am Brockweg habe gezeigt, dass es eine andere Option gebe: "Man kann die Rotmilane und andere Greifvögel ebenso gut schützen, indem man Brutkästen für Wanderfalken aufhängt", sagt Thiesbrummel. Wanderfalken, so Thiesbrummel, seien Vögel, die ihr Revier robust gegen Eindringlinge verteidigten - so sei es unter Falknern eine alte Weisheit, dass sie mit ihren abgerichteten Vögeln dort besser nicht auf Beizjagd gehen. Die an einem Windrad brütenden Falken bewirkten auf diese Weise, dass sich andere Greifvögel den Anlagen gar nicht mehr näherten - gleichsam ein natürlicher Schutz. Ergo: Vogelschutz sei kein Argument gegen neue Windräder, jedenfalls nicht zwangsläufig. Der Brutplatz steht unter dem Schutz des Ministeriums Um den Brutplatz am Brockweg hatte es viel Streit gegeben. Er steht mittlerweile unter ministeriellem Schutz - nach einer Sitzung im Rechtsausschuss des Landtages hat die damalige Umweltministerin Christina Schulze Föcking das verfügt. Zuvor hatte der Kreis Gütersloh (als Untere Naturschutzbehörde) von dem Anlagenbesitzer Helmut Schierl verlangt, dass er das Windrad in der Zeit von Brut und Aufzucht stilllegt. Schierl, ein erfahrener Falkner und Windmüller, hatte das abgelehnt. Bereits 1994 hatte er seine erste Windkraftanlage mit einem Falkenbrutkasten versehen, viele weitere folgten. Noch an keinem dieser Räder, argumentierte Schierl, sei ein Falke gestorben. Im Gegenteil: Die Brutplätze würden angenommen, die Aufzucht gelinge. Gleiches gelte für den Turm am Brockweg: 2003 angebracht, hatten Turmfalken den Brutkasten sofort besiedelt; 2016 wurden sie von den stärkeren Wanderfalken verdrängt. Als der Kreis, munitioniert mit Expertisen von Naturschutzbund und anderen Verbänden, dennoch auf das Abhängen des Kastens oder Stilllegen des Windrades drängte, schalteten Schierl und das Gütersloher Naturschutzteam den Landtag ein. Die enorme Schnelligkeit der Falken hilft Die Geschichte schlug Wellen. Hohe. "Wir haben jede Menge Anfragen aus ganz Europa erhalten", sagt Thiesbrummel. Man habe nach der Bauweise der Nistkästen gefragt, nach passenden Standorten für die Windräder, nach der Dauerhaftigkeit der Bruterfolge. Um die verblüffenden Beobachtungen zu unterstützen, hatte das Naturschutzteam bei den Behörden eine fachliche Begleitung angeregt, jedoch keine Resonanz gefunden. "Daher kommen wir zu dem Schluss, die Sache selbst in die Hand zu nehmen und eine eigene Langzeitstudie zu machen." Demnach, so Thiesbrummel, haben die Wanderfalken kein Problem mit den drehenden Rotoren. Aufgrund ihres enormen Sehvermögens und ihrer Schnelligkeit - Wanderfalken zählen zu den schnellsten Vögeln der Welt und erreichen bei Sturzflügen bis zu 360 Stundenkilometer - kämen sie prima zurecht. In diesem Jahr seien am Brockweg drei Junge flügge geworden. Inzwischen ist ein weiteres Windrad besiedelt Sie seien nicht die einzigen in Gütersloh. Denn: Inzwischen brüte ein weiteres Paar an einer anderen Windkraftanlage. Dieser Turm stehe in freier Landschaft. Zunächst von Turmfalken besiedelt, seien auch dort nun die stärkeren Wanderfalken heimisch. "Hoffentlich wird das diesmal auch ohne ministerielle Erlaubnis geduldet", sagt Thiesbrummel. Laut Naturschutzgesetz sei die Beseitung einer Brutstätte für geschützte Vogelarten eine Straftat.

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