"Schöne heile Tönnies-Welt" - Leser sind stinksauer auf Politiker

Zu dem dramatischen Ausbruch des Coronavirus im Schlachtbetrieb Tönnies und den damit für den Kreis Gütersloh verbundenen Folgen, erreichen die Redaktion weiterhin viele Leserzuschriften. Hier eine Auswahl: Gaby Stecher-Dick und Wilhelm Dick, Rheda-Wiedenbrück:In welche Abgründe von Staatsversagen blicken wir eigentlich dieser Tage im Kreis Gütersloh?Da wiegt man die Bevölkerung seit Jahren in Sicherheit: Mit der bestens funktionierenden Wohnraum-Kontrolle habe man das Problem der prekären Wohnverhältnisse unter den Werkvertragsarbeitern endlich in den Griff bekommen. Dazu trage eine Ombudsfrau bei, dass Betroffene bei eventuell doch noch auftretenden Problemen eine Ansprechpartnerin und Fürsprecherin hätten. Und obendrein finanziere das Unternehmen Tönnies auch die Maßnahmen zur Integration der Arbeiter und Familien aus Bulgarien, Rumänien und Polen.Schöne heile Tönnies-Welt: Da durften sich Rat und Verwaltung auch getrost zurücklehnen, die immer wieder aufploppenden Proteste der Tönnies-Gegner als Problem einiger weniger Fehlgeleiteten abtun, und Tönnies weiter als Wohltäter dieser Stadt feiern, dank dessen Steuergeldern vieles möglich sei, was ansonsten flach gefallen wäre.Und jetzt? Jetzt hat sich diese vermeintliche Sicherheit als jene Scheinsicherheit erwiesen, die sie immer schon war. So man nur bereit war, genau hin- als lieber wegzuschauen.Man hat der Bevölkerung mit all diesen vermeintlichen Errungenschaften an all den vielen Runden Tischen letztlich nichts anderes verabreicht als ein Placebo. Und all die Super-Griller und Täglich-Billig-Fleisch-Esser haben nur zu gern geglaubt, dass diese Tablette, die sie da schlucken, echte Inhaltsstoffe enthalte. Auf dass auch sie getrost weiter wegsehen konnten.Nun hat die Tönnies-Katastrophe plötzlich ans Tageslicht gespült, dass man in den heimischen Rathäusern über die wahren Dimensionen der prekären Wohnverhältnisse offensichtlich gar nichts wusste. Mit der Folge, dass einigermaßen hilflos gerudert werden musste, um die für alle Tönnies-Mitarbeiter verhängte Quarantäne einigermaßen wirkungsvoll an den Start zu bekommen.Dieses Behördenversagen resultiert aus dem jahrelang an den Tag gelegten Unwillen, das Problem Tönnies wirklich an der Wurzel zu packen statt gelegentlich ein paar Krokodilstränen zu vergießen, wenn mal wieder Missstände nicht aus der Welt zu diskutieren waren.Dieses Versagen ist letztlich ein Offenbarungseid, über den der Wähler den Stab brechen mag. Sofern er es nicht vorzieht, auch künftig lieber wegzusehen. Werner Stegemann; (2. Vorsitzender TuS Friedrichsdorf), Gütersloh:Als Vorstandsmitglied eines mittelgroßen Gütersloher Sportvereins müssen wir nunmehr unseren Mitgliedern zum wiederholten Mal mitteilen, dass der sogenannte Lockdown eine weitere Fortsetzung findet. Mal abgesehen davon, dass es besonders die Kinder nicht verstehen, was hier vonstatten geht, auch deren Eltern ringen um Fassung, denn wir wollten die Ferienzeit jetzt dazu nutzen, Sportangebote nach Monaten des Untätigseins nachzuholen. Ja, testen, testen und nochmal testen, denn wer viel testet, hat auch viele (positive) Ergebnisse. Danke Laschet, Laumann & Co. Ludger Hellkuhl, Gütersloh:Herr Adenauer, Sie haben Recht. Ich habe von Ihnen die Schnauze voll. Sie wurden von den Bürgern des Kreises Gütersloh gewählt, um Gefahren für die öffentliche Sicherheit abzuwenden. Sie haben die Gefahren und Risiken rund um Tönnies nicht abgewendet und auch nicht die Gefahren und Risiken der Leiharbeiter, die im ganzen Kreisgebiet nicht nur für Tönnies arbeiten.Die Kreispolizei dient nicht dem Landrat. Sie dient allen Bürgern des Kreises Gütersloh, auch den Leiharbeitern, Obdachlosen und Bettlern in den Fußgängerzonen. Die Kreispolizei hat die gesellschaftlichen Missstände im Kreis Gütersloh nicht gemacht und kann sie auch nicht beseitigen.Sie, Herr Landrat, sind der oberste Chef der Polizei. Wenn das so weitergeht, machen Sie aus unsern Freunden und Helfern eine Schutztruppe für den Landrat mit seinen Anhängern und gegen die anderen, deren Stimmen kein Gewicht und kein Gesicht haben. Wenn ich dann noch lesen muss, dass Sie mit 30 Nebentätigkeiten 84.000 Euro hinzuverdienen und sogar &bdquo;Adenauer Gourmet-Gurken" im Laden des Herrn Tönnies verkaufen, dann sollten Sie bitte nicht mit dem Finger auf Tönnies, Laschet und Co zeigen, um Ihre Verantwortung abzuwälzen.Fazit: Es ist Ihre ureigene Verantwortung, im Kreis Gütersloh, alle Gefahren für die öffentliche Sicherheit abzuwenden. Sebastian Pérez Barrocal, Gütersloh:Wir wollten eigentlich mit dem Motorrad mit Zwischenübernachtungen in Bayern und Österreich nach Italien fahren. Also sind wir am Donnerstag im Drive-Through-Center am Flughafen gewesen. Alles &bdquo;fluppte" wie am Schnürchen. Einen QR-Code, oder etwas Ähnliches, bekamen wir allerdings nicht. Nachdem dann auf der Internetseite des Gesundheitsamts zu lesen war, dass die Ergebnisse postalisch zugestellt würden, haben wir uns auf Montag eingerichtet , wobei die 48 Stunden ab Befund dann auch schon vorbei gewesen wären. Im Laufe des Montags passierte – nichts. Nachdem meine Frau dann noch mal telefoniert hat und von Pontius zu Pilatus und zurückverwiesen wurde, war klar: Niemand wusste, wer unsere Testergebnisse hat.Vom Gesundheitsamt bekamen wir zumindest die Aussage: &bdquo;Wohl negativ, sonst hätte man Sie schon angerufen". Vor Ort im Urlaub nützt mir das gar nichts. Also haben wir unser Quartier in Italien angerufen, wo man uns dankbar um ein paar Tage verlängert hat, und sind heimlich durch Bayern und Österreich durchgefahren und jetzt glücklich in Italien, wo uns keiner doof anguckt oder nach Hause schickt. Zum Artikel &bdquo;Auf der Suche nach dem Warum" (NW v. 27./28. Juni) schreibt Leserin Lisa Lange, Gütersloh:Die Sonderseite mit der Mailkorrespondenz zwischen Jeanette Salzmann und Petra Dannemeyer hat mir sehr gut gefallen.Die Suche nach dem &bdquo;warum" ist in diesem Texten schon ausreichend betrachtet worden. Unser Augenmerk sollte jetzt in die Richtung gehen &bdquo;wie geht es weiter, nicht wie vorher, sondern anders".Welche Behörden auf lokaler Ebene, auf Kreis- Landes- und Bundesebene begleiten und kontrollieren die noch gesetzlich zu beschließenden Änderungen?Es sollte im Interesse aller Beteiligten liegen, diesen Prozess so öffentlich wie möglich zu gestalten.

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