Neues Urteil: Muss der Kreis Gütersloh jetzt Interna über Tönnies rausgeben?

Kreis Gütersloh. Seit 2014 möchte die Tierschutzorganisation PETA aus Stuttgart wissen, was hinter den Schlachthof-Türen des Fleischkonzerns Tönnies in Rheda-Wiedenbrück vor sich geht. Eingefordert werden Auskünfte über Fehlbetäubungen, Krankheiten oder hygienische Mängel sowie über Tiere, die krank, verletzt oder tot am Schlachthof ankommen. Freiwillig gibt Tönnies die Daten nicht preis – auch nicht der Kreis Gütersloh als zuständige Behörde, dessen Veterinäre den Schlachthof kontrollieren. PETA ging deshalb den gerichtlichen Weg und verklagte die Kreisverwaltung im Sommer 2014 auf Herausgabe der Informationen. Das Verfahren wurde zwischenzeitlich ausgesetzt, weil ein Parallelverfahren auf dem Tisch des Bundesverwaltungsgerichts lag. Das sprach nun ein wegweisendes Urteil, das Bewegung in die Sache bringt. &bdquo;Ende August hat das oberste Verwaltungsgericht entschieden: Es besteht ein umfassender Auskunftsanspruch nach dem Verbraucherinformationsgesetz", sagt Edmund Haferbeck, Leiter der Wissenschafts- und Rechtsabteilung der Tierschutzorganisation PETA. &bdquo;Nächste Woche geht von uns aus ein Schriftsatz heraus, mit dem das Verfahren wieder aufgenommen werden soll." Haferbeck ist sich sicher: &bdquo;Das erstinstanzliche Urteil wird bestätigt werden." Der Kreis Gütersloh komme nicht mehr umhin, die Daten rauszugeben. Der Kreis ging in Berufung Vor dem Verwaltungsgericht Minden hatte Edmund Haferbeck bereits im August 2016 Recht bekommen. Aus Kostengründen beschränkte er sich damals lediglich auf Daten aus dem vierten Quartal 2013. Der Kreis lehnte jedoch ab mit der Begründung, dass sich derartige Auskünfte nicht aus dem Verbraucherinformationsgesetz (VIG) ergeben, da lebende Tiere keine Lebensmittel seien – soweit nicht für den menschlichen Verzehr hergerichtet. Und davon könne bei den von Tönnies geschlachteten Schweinen – im Jahr 2015 über 18 Millionen Exemplare – nicht ausgegangen werden; schließlich seien deren Teile auch für die Herstellung anderer Erzeugnisse bestimmt oder schlichtweg Abfall. Das Gericht konnte dieser Argumentation nicht folgen und gab dem Kläger Recht. Der Kreis Gütersloh ging in Berufung. Die Zuständigkeit fiel damit an das Oberverwaltungsgericht mit Sitz in Münster. Im Januar setzten die Richter hier das Verfahren aus, um zunächst das Urteil am Bundesgericht abzuwarten. Verbraucherschützer feiern das Urteil der Bundesrichter Die Leipziger Richter gaben nun am 29. August in letzter Instanz einem Verbraucher Recht, der sich seit fünf Jahren in einem Rechtsstreit mit der PHW_Gruppe befand. PHW ist Deutschlands größter Geflügelschlachter und -verarbeiter und vor allem für seine Marke Wiesenhof bekannt. Der Kläger wollte Informationen über sogenannte &bdquo;Lebensmittelrechtliche Abweichungen". Das Unternehmen hatte sich gegen die Herausgabe der Infos durch die Behörde gewehrt, unterlag jedoch in allen Vorinstanzen. Die Revision am Bundesverwaltungsgericht wurde jetzt abgewiesen (AZ 7C29.17) mit der Begründung: &bdquo;Jeder habe nach Maßgabe des Verbraucherinformationsgesetzes Anspruch auf freien Zugang zu allen Daten (unter anderem) über festgestellte nicht zulässige Abweichungen von Anforderungen etwa des Lebensmittel- oder Futtermittelgesetzbuches." Das VIG wolle die Verbraucher in die Lage versetzen, als &bdquo;Sachwalter des Allgemeininteresses die Einhaltung der Bestimmungen über die Tiergesundheit und den Tierschutz umfassend zu kontrollieren." Unter das VIG fallen auch Kleidung, Spielwaren, Haushaltsgeräte oder Möbel. Der Schutz des Verbrauchers vor gesundheitsschädlichen oder unsicheren Produkten soll damit verbessert werden – nur galt die Rechtsprechung hierzu bislang als zögerlich. Verbraucherschützer feiern deshalb das neue Urteil und sehen die Verbraucherrechte gestärkt. &bdquo;Es ist ein richtiger Kampf", sagt Edmund Haferbeck, &bdquo;aber wir werden im Fall Tönnies das VIG durchsetzen. Das ist wichtig. Nicht für mich, sondern für alle Verbraucher." "Das Verfahren werden wir gewinnen" Bei Wiederaufnahme des Verfahrens im Fall Tönnies, bezieht sich die Klage auf die Ursprungsforderung vom vierten Quartal 2013. &bdquo;Das Verfahren werden wir gewinnen", so Haferbeck, &bdquo;einen Tag später hat der Kreis unsere Klage auf dem Tisch, auch die restlichen Daten von 2014 bis heute rauszugeben." Da das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts zwar veröffentlicht, aber noch nicht zugestellt ist, hält sich die Kreisverwaltung Gütersloh mit einer Stellungnahme auf Nachfrage bedeckt. Haferbeck hingegen rechnet damit, dass der Kreis in Absprache mit Tönnies bei einer Niederlage am Oberverwaltungsgericht in Münster nochmals in Berufung geht. &bdquo;Aber das wäre dann nur noch ein Hinauszögern. Wir werden die Daten bekommen."

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