Der Kreis Gütersloh hat gewählt: Höhenflug für die Grünen

Gütersloh. Mehr als 250 Wahlkampftermine, in der heißen Phase bis zu sieben am Tag. Birgit Ernst hat sich in den vergangenen Wochen derart ins Zeug gelegt, dass sie gestern, am Wahltag, das erste Mal nach langer Zeit wieder ein ruhiges Sonntagsfrühstück mit ihrer Familie genießen konnte. Die CDU-Spitzenkandidatin aus Werther tat gut daran: Als abends die ersten Ergebnisse der Europawahl eintrafen, dürfte ihr der Appetit vergangen sein. Die 51-jährige Steuerberaterin, angetreten, um im Europäischen Parlament den Stab von Europalegende Elmar Brok (73) aus Verl zu übernehmen, scheiterte. Auf Platz sieben der Landesliste nur mäßig abgesichert, reichte es nicht für ein Mandat, weil ihre Partei enorm abrutschte. Was bedeutet: Erstmals seit Jahrzehnten ist nur nicht Ostwestfalen-Lippe, sondern auch der Kreis Gütersloh nicht mehr in Straßburg und Brüssel vertreten. &bdquo;Das ist eine herbe Enttäuschung", sagte Ernst in der Wahllobby des Kreishauses. In den Stimmbezirken des Kreises verlor die CDU beinah zwölf Prozent – von 43,9 auf 32,2 Prozent. Ergebnis mehr als verdoppelt Stattdessen jubelten die Grünen. &bdquo;Ich bekomme das Lächeln gar nicht mehr aus dem Gesicht", sagte ihr Kreisvorsitzender Thorsten Schmolke. Mit 24,3 Prozent konnten sie ihr Ergebnis im Kreisgebiet mehr als verdoppeln. &bdquo;Alles richtig gemacht", freute sich Schmolke. &bdquo;Bei dem wichtigsten Thema dieser Wahl, dem Klimaschutz, verkörpern wir die größte Glaubwürdigkeit. Das hat der Wähler erkannt." In seiner Heimatstadt, Werther, gelang es den Grünen sogar, stärkste Kraft zu werden und die CDU um drei Prozent hinter sich zu lassen. In der Kreisstadt Gütersloh verfehlten die Grünen die Spitzenposition nur haarscharf: Mit 26,46 Prozent landeten sie beinah gleichauf mit der CDU, die 27,44 Prozent verbuchte. Die SPD holte in der Kreisstadt derweil nur spärliche 18,7 Prozent – knapp zwei Prozent mehr als auf Kreisebene. "An unserer Kandidatin hat es nicht gelegen" &bdquo;An unserer Kandidatin hat es nicht gelegen", sagte der CDU-Kreisvorsitzende Raphael Tigges. Birgit Ernst habe einen engagierten Wahlkampf geführt. Lange Zeit habe es nach einem Erfolg ausgesehen, aber zuletzt sei die Stimmung gekippt. &bdquo;Der Trend war gegen uns. Wir hatten am Ende fast eine reine Klimawahl", so Tigges. Der Fraktionsvorsitzende der CDU im Bundestag, Ralph Brinkhaus, dankte Ernst aus Berlin. Blasse Gesichter derweil bei der SPD. Die Bundestagsabgeordnete und stellvertretende Landesvorsitzende Elvan Korkmaz sagte, es sei fatal, dass die SPD ihre Position als zweitstärkste Kraft verloren habe. Noch am Abend suchte der Landesvorstand nach Gründen, heute gehe die Analyse weiter, so Korkmaz. Kreisvorsitzender Thorsten Klute sprach von einem &bdquo;schmerzlichen Ergebnis". Die SPD brauche dringend Konzepte, wie sie die notwendige Antwort auf den Klimawandel sozial gerecht gestalten wolle. AfD mit leichten Zuwächsen Die AfD, in der Wahllobby zunächst allein durch ihren Bezirksvorsitzenden, den Harsewinkeler Udo Hemmelgarn, vertreten, verbuchte im Kreis Gütersloh leichte Zuwächse. Mit 7,7 Prozent, knapp drei Prozent mehr als vorher, positionierte sie sich als vierte Kraft. &bdquo;Ich hätte mit mehr gerechnet, aber das Klimathema und die Strache-Affäre in Österreich haben uns nicht geholfen", sagte Hemmelgarn. Knapp dahinter freute sich die FDP über einen Zuwachs von 3,8 auf 6,4 Prozent. &bdquo;Ich bin zufrieden", sagte Spitzenkandidat Ulrich Klotz. Leider hätten Themen wie Brexit und Wirtschaft zuletzt kaum noch eine Rolle gespielt.

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