Jungen des Gütersloher Knabenchors spielen in zentraler Szene von "Colonia Dignidad"

Gütersloh/Berlin. Wieder nichts. Obwohl Sigmund Bothmann den Auftrag hatte, von der Premiere des Films "Colonia Dignidad - Es gibt kein zurück" Autogramme von Hauptdarstellerin Emma Watson mitzubringen, ging der Leiter des Gütersloher Knabenchors leer aus. Wie schon bei den Dreharbeiten im November 2014, bei der Harry-Potter-Star ebenfalls nicht dabei war. Stattdessen kam er mit dem Bewusstsein nach Haus, "dass sich unser Chor bei etwas Einzigartigem von einer guten Seite gezeigt hat". Bothmann war mit zwei Elternvertretern, Barbara Luda und Sabine Mellewigt, nach Berlin gefahren, um die Deutschlandpremiere des Films zu erleben, in dem der Chor eine bedrückende Szene meistert. Im Film geht es um die ehemalige deutsche "Kolonie der Würde" in Chile, die 1961 von dem Priester, Nazi und Kinderschänder Paul Schäfer gegründet wurde. Dieser pflegte nach dem Putsch des Militärs gegen Präsident Allende im Jahr 1973 beste Beziehungen zum Diktator Pinochet, aber auch zur Deutschen Botschaft und zu deutschen Politikern, allen voran: Franz-Josef Strauß. Emma Watson sucht Daniel Brühl Im Film von Regisseur Florian Gallenberger ("John Rabe") spielt Emma Watson die Studentin Lena, die ihren inhaftierten Freund Daniel (Daniel Brühl) sucht - und dabei auf die deutsche Kolonie stößt, die Pinochet als Folterzentrum dient. Michael Nyqvist stellt den brutalen Leiter Paul Schäfer dar. Mit ihm ist der Knabenchor in einer heiklen Szene zu sehen. Die Jungen, zur Zeit des Drehs zwischen 9 und 13 Jahre alt, stehen in Badehose unter der Gemeinschaftsdusche und singen zwei Choräle: "O Haupt voll Blut und Wunden" und "Der Herr ist mein Hirte". Übrigens ist der Knabenchor nur in der englischen Originalversion zu hören. In der deutschen Fassung sind vier Berliner Knaben zu einem Chor zusammengemischt worden, da die Gütersloher für die Synchronisation keine Zeit hatten. Am Ende der Szene sucht sich Schäfer ein paar Jungen aus. "Der Missbrauch wird nur angedeutet", sagt Bothmann, der den Film "spannend und dokumentarisch" bezeichnet und sich über negative Kritiken wundert. Die Jungen wurden über den Inhalt dieser Szene vor den Dreharbeiten, die im November 2014 in der Nähe von München stattfanden, behutsam aufgeklärt. Freigabe ab 16 Selbst sehen dürfen die Knaben, die im Abspann als "Gütersloh Boys Choir" bezeichnet werden, den Film noch nicht. Er ist erst ab 16 Jahren freigegeben. Und das hält Sigmund Bothmann für richtig, vor allem wegen der drastischen Folterszenen. Deshalb waren die Sänger auch in Berlin nicht dabei. So musste Bothmann bei der Probe erzählen, wie es war, über den roten Teppich am Sony Center ins Kino zu gehen - und von dem Pressepulk vollkommen ignoriert zu werden. Im Gegensatz zu Emma Watson, die intensiv abgelichtet wurde, aber das Kino durch den Hinterausgang wieder verließ. Bei der Premierenfeier im Nobelhotel ("Es gab viel zu trinken und wenig zu essen") hielt Bothmann Small Talk mit Daniel Brühl ("Ohne Allüren") und erfuhr von Michael Nyqvist, dem er vor dem Dreh Dirigiertipps gegeben hatte, dass dieser "eigentlich ein ganz lieber Kerl" sei. Bothmann erinnert sich, wie beeindruckt Nyqvist von der Disziplin des Chors gewesen sei, als er während des Drehs mit einem Schnipp für konzentriertes Arbeiten sorgte. Umgekehrt habe die Professionalität am Set ihre Wirkung getan. "Der Film hat dem Chor einen unglaublichen Schub gegeben", so Bothmann. Apropos Medien: Im April nimmt der WDR für seine Morgenandachten Choräle mit dem Knaben- wie auch dem Bachchor auf. Eine Mission bleibt aber noch unerfüllt: Autogramme von Emma Watson. "Wir kommen da aber noch dran," ist Sigmund Bothmann zuversichtlich.

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