Gütersloh

Von der Villa zum Haus zur Kanzlei

AUFLÖSUNG: Das prächtige Haus Buchwald entkam nur knapp der Abrissbirne

Dietrich Merklinghaus, Holm Hiller und Jörg Balk im Jahr 2011 vor der Renovierung des Haus Buchwald. | © FOTO: RAIMUND VORNBÄUMEN

17.09.2014 | 17.09.2014, 13:06
Eine steinerne Platte weist auf das Baujahr der Villa hin. - © FOTO: RAIMUND VORNBÄUMEN
Eine steinerne Platte weist auf das Baujahr der Villa hin. | © FOTO: RAIMUND VORNBÄUMEN

Gütersloh. Hochherrschaftlich zeigte sich die Gründerzeitvilla auf unserem Suchbild. Hochherrschaftlich erstrahlt das gesuchte Haus Buchwald auch heute. Doch für viele Jahre war das in den Jahren 1889/90 vom Textilfabrikanten Friedrich Strenger errichtete Gebäude in einen Dornröschenschlaf, zwischenzeitlich drohte gar die Abrissbirne.

Vor drei Jahren hatte Susanne Balk, Ehefrau des Gütersloher Rechtsanwaltes Jörg Balk, das damals rund 120 Jahre alte Gemäuer mit der Adresse Auf der Benkert 7 gekauft. Es befand sich in einem erbarmungswürdigen Zustand. Das Haus Buchwald hatte jahrelang leergestanden, Fenster und Türen waren mit Brettern vernagelt worden. Doch auch die hielten Neugierige und Vandalen nicht davon ab, ins Innere des Hauses vorzudringen und unter anderem Wände mit Graffiti zu beschmieren.

Der Zahn der Zeit und schmierende Narrenhände konnten den großzügigen Charakter des aus Backstein und heimischem Naturstein gefertigten Hauses und seiner trotz allem gut erhaltenen Ausstattung nicht mindern. Der Geist des Bürgertums des ausgehenden 19. Jahrhunderts war durch den damals überaus populären neoklassizistischen Stil und seine prächtigen Ornamente präsent. Der markanteste Blickfänger ist dabei sicherlich der Turm an der südwestlichen Ecke der Villa, auf dessen Spitze - immerhin drei Geschosse hoch - ein geschwungener Helm thront. Auch die Holzarbeiten wie ein opulentes Treppenhaus blieben erhalten.

Die Holzarbeiten wurden in mühevoller Arbeit restauriert. - © FOTO: RAIMUND VORNBÄUMEN
Die Holzarbeiten wurden in mühevoller Arbeit restauriert. | © FOTO: RAIMUND VORNBÄUMEN

Die ursprünglich aus Düsseldorf stammende Fabrikantenfamilie Strenger, die - wie NW-Leserin Marga Elbracht zu berichten weiß - eine Weberei auf der gegenüberliegenden Seite der Brockhäger Straße besaß, konnte das Ambiente des Anwesens und die großzügigen Räume ihres Wohnhauses nur für knapp drei Jahrzehnte genießen. Die Witwe des Bauherren veräußerte das Haus Buchwald im Jahr 1925 an den Christlichen Verein Junger Männer, dem Vorläufer des heutigen Christlichen Vereins Junger Menschen (CVJM). Mit dem neuen Inhaber kam auch ein neuer Name. Da "Villa Strenger" in Ermangelung der Erbauerfamilie nicht mehr passte, wählte der CVJM mit Blick auf die schönen Buchenbäume auf dem Anwesen den Begriff "Haus Buchwald", der sich letztlich in Gütersloh einbürgern sollte.

Das Treppenhaus des Hauses Buchwald. - © FOTO: RAIMUND VORNBÄUMEN
Das Treppenhaus des Hauses Buchwald. | © FOTO: RAIMUND VORNBÄUMEN

Der CVJM war jedoch ebenfalls nicht lange im Besitz des Hauses. Der Verein überschrieb seine Heimstatt kurz nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten der evangelischen Kirche. Die Nazis hatten die evangelischen Jugendverbände 1934 unter Zwang in die Hitler-Jugend eingegliedert, durch die Übertragung sollte ein möglicher Zugriff der HJ oder anderer NS-Verbände auf die Villa verhindert werden. Das Unterfangen glückte, das Haus Buchwald blieb in Händen der Kirche. Und es wurde in den Jahren bis zum Krieg und weit darüber hinaus vielfältig genutzt: Es war ein Wohnhaus, dann wieder ein Treffpunkt für Gruppen, ein Kindergarten und zwischenzeitlich unter der Trägerschaft der spanischen Botschaft ein Kulturzentrum, das "Casa de España".

In den 70er Jahren spielte die Kirche mit dem Gedanken, die Villa zu veräußern. Es gab sogar Überlegungen, das die Umgebung prägende Haus dem Erdboden gleichzumachen. Diese Gedanken wurden jedoch wieder verworfen. Anfang der 90er Jahre übernahm schließlich die Stadt Gütersloh das Haus Buchwald in Erbpacht und nutzte das Gebäude zwischenzeitlich ab 1994 sowohl als Kindergarten als auch als Unterkunft für Spätaussiedler. Die Nutzung war aber ebenfalls nicht von langer Dauer, ab 2006 stand das Haus Buchwald einmal mehr leer.

2009 wurde das Gebäude schließlich doch noch an zwei Gütersloher Bau- und Immobilienfirmen verkauft, die es schließlich 2011 weiter veräußerten. Heute residieren im einstigen Wohnhaus der Fabrikantenfamilie Strenger die Rechtsanwalts- und Notarkanzleien Hiller & Balk und Dr. Merklinghaus.