Gütersloh. Baden im Luttersee? Wer jemals gehofft hatte, dieses Vergnügen würde eines Tages legal, hat sich gründlich getäuscht. Im Luttersee zwischen Blankenhagen und Niedhorst wird stattdessen nun geangelt. Und kein Anglerlatein: Vergangene Woche zog ein Mitglied des Sportfischereivereins Rheda-Gütersloh bereits einen kapitalen, 44 Pfund schweren Karpfen aus dem Gewässer.
Der Sportfischereiverein hat mit dem Eigentümer des Geländes, dem Sassenberger Christoph Habrock, einen Pachtvertrag abgeschlossen. Er läuft, wie laut Fischereigesetz als Mindestdauer vorgeschrieben, zunächst über zwölf Jahre. Die Untere Landschaftsbehörde beim Kreis Gütersloh hat dem Pachtvertrag zugestimmt und dem Verein zugleich erlaubt, mit der Befischung schon beginnen zu dürfen.
Einer der größten Vereine in NRW
Der Sportfischereiverein Rheda-Gütersloh, 1930 gegründet, ist der größte im Kreis Gütersloh und einer der größten in Nordrhein-Westfalen. Er zählt 870 Mitglieder.An stehenden Gewässern befischt der Verein den Bänischsee in Rheda, den Fehle-See und den Lecki-See in Harsewinkel sowie das Regenrückhaltebecken in Avenwedde und nun den Luttersee, insgesamt etwa 50 Hektar. Hinzu kommen Abschnitte der hiesigen Fließgewässer, maßgeblich die Ems und ihre Zuflüsse Dalke, Wapel, Ölbach.
Das Unternehmen Gröschler (Sieweckestraße), 1869 gegründet, zählt zu den größten Tiefbauunternehmen in der Region. Es betreibt Straßen- Tief- und Asphaltbau.
Die Gröschler-Gruppe beschäftigt in Gütersloh mehr als 100 Mitarbeiter.
Mit dem Sand aus dem Luttersee ist ein Teil der A 33 gebaut worden. (ost)
Zugleich läuft der Sandabbau weiter. Auch dafür hat sich jemand gefunden. Per Übertragungsbescheid liegen die Abgrabungsrechte nun bei einer GbR (Gesellschaft bürgerlichen Rechts), die die beiden Tiefbauunternehmen Gröschler (Gütersloh) und Knoll (Haren/Emsland) gemeinsam gegründet haben.
"Wir werden dort noch einige Jahre Sand abbauen", sagte Gröschler-Geschäftsführer Jürgen Gerstensehr gestern. Als Abbauvolumen seien 250.000 Kubikmeter Sand genehmigt, rund 40.000 davon seien bislang gewonnen. Im Schnitt, schätzt Gerstensehr, werde die Gröschler/Knoll GbR 20.000 bis 50.000 Kubikmeter pro Jahr abgraben, je nach Sandbedarf.
Die Größe des Sees, derzeit knapp vier Hektar, werde sich annähernd verdoppeln. Außerdem werde weiter in die Tiefe gegraben. Die Insel in der Seemitte, von den illegalen Badegästen als Ruhepunkt geschätzt, sei bereits abgebaut und verschwunden. Man habe vorher prüfen lassen, ob dort seltene Arten brüten. Das sei nicht der Fall gewesen.
Trotz des fortschreitenden Sandabbaus sei es möglich, im Luttersee zu angeln, sagte Claus Anders, Geschäftsführer des Sportfischereivereins. "Es tummeln sich etliche Fische dort, Friedfische, Raubfische, alles, was hier so heimisch ist." Zugleich kümmere sich der Verein um Besatz. Bis diese Fische groß seien und der See seine volle Angelkapazität erreicht habe, würden wohl zehn Jahre vergehen. Doch bereits jetzt bereite es Vergnügen, die Angel auszuwerfen. "Das ist ein sehr schönes Gewässer dort." Vereinsvorsitzender Christian Birkholz sagte, der Verein habe in den vergangenen Monaten viel Mühe darauf verwandt, das Gelände zu säubern, "einen Grund reinzubringen".
Für wildes Baden ist der Zugang praktisch unmöglich geworden. Hatten es Unbefugte bislang stets geschafft, den Zaun plattzutreten oder irgendwo durch eine Lücke zu schlüpfen - an heißen Tagen kamen manchmal Hunderte, samt Strand- und Grillbesteck -, ist die Einfriedung nun verstärkt worden. "Das ganze Gelände ist komplett eingezäunt", sagt Gröschler-Chef Gerstensehr. Außerdem setze man regelmäßig einen Wachschutz ein. Anglerchef Birkholz sagte, der Verein arbeite Hand in Hand mit der Polizei zusammen. Außerdem werde er nicht müde zu betonen, dass das Baden in einem See, in dem noch Sand abgebaut werde, lebensgefährlich sei. Manche Badegäste würden das leider gerne verdrängen.
"Wir hoffen, dass rund um den See nun Ruhe einkehrt", sagte Grundstückseigner Habrock. Es seien Schilder aufgestellt worden, die jedem, der sich dem See nähere, klarmachten, dass es sich um ein Privatgrundstück handele. Der Diplomingenieur aus Sassenberg hatte das 16,2 Hektar große Gelände im April 2013 bei einer Zwangsversteigerung im Amtsgericht gekauft. 250.000 Euro hatte er dafür hingeblättert.
Was seine weiteren Pläne mit dem Grundstück anbetrifft, hält sich Haubrock bedeckt. "Ich werde mein Konzept vorstellen, wenn die Zeit dafür reif ist." Möglicherweise werde außer Sandabbau und Angeln aber auch gar nicht viel passieren.
Dass die Mitglieder des Vereins ihre Ruten bereits auswerfen dürfen, liegt an einer Ausnahmegenehmigung, die die Behörde erteilt hat. "Eigentlich schreibt das Fischereigesetz vor, dass das Angeln erst drei Jahre nach Ende der Abgrabung erlaubt ist", sagt Eberhard Beckemeyer vom Kreis Gütersloh. Der See sei in Teilen aber schon 15 Jahre alt und habe in den vergangenen Jahren weitgehend geruht. "Auch die Trübstoffe haben sich längst abgesetzt. In einigen Abschnitten ist seit Jahren nicht mehr abgegraben worden", sagte Beckemeyer. Dort habe man Angelzonen ausgewiesen. Die Angelnutzung werde gewiss zur Beruhigung des Geländes beitragen.