Gütersloh

Bertelsmann-Studie belegt: Eltern verlieren bei Rente

System bleibt grundlegend familienfeindlich

18.01.2014 | 18.01.2014, 00:01
Bertelsmann-Studie: Eltern verlieren bei Rente - © Gütersloh
Bertelsmann-Studie: Eltern verlieren bei Rente | © Gütersloh

Gütersloh/Berlin. Die Bundesregierung hat ihr Rentenpaket auf den Weg gebracht, das auch eine Erhöhung der Mütterrenten vorsieht. Das sei nur ein Tropfen auf den heißen Stein, sagt eine neue Studie der Bertelsmann-Stiftung: Das Rentensystem bleibe trotzdem familienfeindlich und benachteilige Väter, Mütter und deren Kinder massiv.

"Wer Kinder hat, zahlt drauf", sagt Jörg Dräger, Vorstand der Bertelsmann-Stiftung. Eltern erfüllen im umlagefinanzierten Rentensystem einen zweifachen Generationenvertrag: Sie finanzieren über ihre Rentenbeiträge die Generation der eigenen Eltern. Zusätzlich aber investieren sie Geld, Zeit und Energie in ihre Kinder. Diese zweifache Belastung der Eltern spiegelt das Rentensystem in keiner Weise wider, lautet die brisante These der Bertelsmann-Studie.

Gerade wenn die Kinder klein sind, schränken Mütter und Väter häufig ihre Berufstätigkeit ein, so dass Einkommen und Rentenansprüche sinken. Auch die durchschnittlich 8.300 Euro hohe Mütterrente, mit der heutzutage die Erziehungsleistung von Eltern honoriert wird, macht nur einen kleinen Teil der 77.000 Euro aus, die die Rentenkasse durch jedes Kind an Überschuss erhält. Die rund 200 Milliarden Euro, die der Staat jährlich für 156 familienpolitische Maßnahmen ausgibt, wiegen die Investitionen von Familien in Kinder ebenfalls nicht auf.

Auf der falschen Seite der Wippe - © FOTO: DPA
Auf der falschen Seite der Wippe | © FOTO: DPA

Zwar kommt die Allgemeinheit für die Kosten von Kitas und Schulen, Kindergeld und Elterngeld auf. Nach Berechnungen des Bochumer Ökonomen und Beraters der Bundesregierung Martin Werding zahlt ein durchschnittliches Kind im Lauf seines Lebens trotzdem 50.500 Euro mehr in die Sozialkassen und ins Steuersystem ein, als es an staatlichen Zuschüssen für Betreuung und Bildung erhält.

"Kinder sind ein Armutsrisiko"

Um das System "demografiefest und familiengerecht" zu machen, müsse es grundlegend reformiert werden – und zwar rechtzeitig. Also in den nächsten 15 Jahren, bevor die geburtenstärksten Jahrgänge in Rente gehen. "Kinder sind – trotz der Vielzahl an familienpolitischen Leistungen – ein Armutsrisiko", stellt die Bertelsmann-Stiftung fest.

Die Studie wirbt für Reformen, die Eltern in der aktiven Familienphase besserstellen. Dabei wird vorausgesetzt, dass die Kinderlosen stärker als heute zur Rentenfinanzierung beitragen. Ein Ansatz sieht vor, das Rentensystem um Kinderfreibeträge nach dem Vorbild des Steuersystems zu ergänzen. Dadurch würden Eltern weniger einzahlen, ohne dass ihr Rentenanspruch geschmälert würde. "Die Politik ist gefordert, das Rentensystem so umzugestalten, dass es nach 2030 noch von unseren Kindern finanziert werden kann", sagt der Ökonom Werding. ⋌¦ Kommentar