Bielefeld. Feierlich ist die abendliche Gesellschaft gekleidet, mittendrin das Brautpaar Elisabeth und Arthur. Zum Himmel blicken sie, bestaunen einen Kometen, obwohl jeder von ihnen weiß, dass kein Schweifstern zu sehen ist. Alles bloße Erinnerung, mehr noch, eine Illusion an eine vermeintlich glückliche Hochzeit.
Familienfeste eignen sich hervorragend für die ganze Palette menschlicher Unzulänglichkeiten. So auch in der Tragikomödie "Der Komet" geschehen, geschrieben von der gebürtigen Mexikanerin Justine del Corte. Seit 2009 treffen sich die Laienschauspieler der "Bühne 55" und proben Stücke in einer professionellen Schauspielproduktion im Bielefelder Theater.
Der Komet, dieser strahlende Himmelskörper, scheint sinnbildlich für die Hochzeitsgesellschaft, ein schöner Schein, nicht von dieser Welt, inbrünstig erhofft, offenen Mundes bestaunt und wehmütig aus dem Blick verloren.
Lu Vienken-Krüger spielt die naive Braut
Zehn Jahre liegt die Hochzeit des Paares zurück und Elisabeth setzt alles daran, ihr paradiesisches Fest noch einmal eins zu eins zu kopieren. Sie ist überzeugt, dass sie im Tod von schönen Erlebnissen träumen und zehren wird und will auf ein glückliches Leben zurückschauen können. Warum Verwandte und Freunde diesem absurden Anliegen folgen und ihre Freundin ungebremst ins Chaos laufen lassen, bleibt unklar.
Schnell zeigt sich, dass Erinnerungen ihre Tücken haben, Illusion und Verklärung ganz schnell in der Realität zerplatzen. Die Braut, mit Herz und Körper überzeugend in ihrer Naivität gespielt von Lu Vienken-Krüger, hält an ihrem vermeintlich schönsten Tag beharrlich fest, kontrolliert den Ablauf bis zum Aberwitz. Doch auch sie kann die aufkommende Turbulenz nicht aufhalten, trotz Hochzeitstorte und Sommergesang, trotz hübschen Blumenkränzen und Hirschtanz.
Alle wissen von Arthurs Techtelmechtel am See und seinem Büchlein, in das der sexhungrige Bräutigam seine Liebschaften verewigt, nur Elisabeth nicht. Helmut Rahlmann spielt den Platzhirschen, der keine Gelegenheit zum Flirt und Baggern auslässt. Aber auch seine Frau hat ihr Geheimnis. Am einstigen Hochzeitstag liebte sie den Schriftsteller Gregor, eigentlich auch heute noch. Jeder der Gäste hat ihre und seine Geschichte und manch einer eine böse Zunge in Abwesenheit der Brautleute.
Suche nach Sinnlichkeit
Zu lachen gibt es angesichts der Absurdität des Unterfangens, des Spiels mit den Fallstricken des Lebens genug. In Erinnerung an alte Zeiten muss die jetzt jugendliche Isabel (Kristina Schiewer) ihr Schläfchen halten und später auf dem Schoß des Onkels hoppe hoppe Reiter spielen. Grotesk zeigt sich die selbstverliebte Anna, die ihr Lebenselixier in Sinnlichkeit sucht und daran scheitert. "Man muss die Blüten in die Vase stellen", sagt sie zu ihren inzwischen gereiften, schöneren Brüsten." Überzeugend spielt Brigitte Walaschewski diese Rolle, treibt sie in die Groteske hinein.
Bitterböse verkörpert Ruth Hebeda die Schwester der Braut. Vera, so heißt sie, erzählt von ihrer Kindheit als ein Nichts. Genüsslich pflegt sie die Hassliebe zu ihrem Mann. "Was wir im Leben gebraucht hätten, wäre ein Suffleur gewesen", sagt Jutta Smaglinski in der Rolle der Greta, einer Freundin der Braut.
Das Stück glüht durch seine schlagfertigen Dialoge, ist vollgepackt mit Lebenslust und Liebesleid. Nur die Toten, die der Einladung gefolgt sind, wollen so gar nicht ins Stück hineinpassen und drohen, die Szenerie zu überfrachten. Andererseits sollte es ja eine Hochzeit wie damals sein. Wehe dem, der die Zeit zurückdrehen will oder glaubt, er könne heute dort anknüpfen, wo er damals aufgehört hat.
Weiterhin spielen mit: Nina Güttler, Karl-Friedrich Bullermann, Brigitte Kulbrock, Brigitte Kulbrock, Hans Dieter Leichsenring, Rita Klausch, Silvia Fischbach, Eva von Haugwitz, Manfred Rahe, Brigitte Lampert
- Weitere Aufführungen: Die. 9.7., Mi. 10.7., Do. 11.7., jeweils um 20 Uhr, zum letzten Mal am Sonntag, 14.7. um 19.30 Uhr im TAM zwei.