Bielefeld

Arbeitslosengeld weg: Wegen eines unbezahlten Praktikums

Junger Bielefelder lernt die Tücken der Unterstützung durch die Arbeitsagentur kennen

04.12.2012 | 04.12.2012, 10:04
Leonard P. arbeitet sich durch die verschiedenen Bögen. Er möchte gerne eine Ausbildung machen. - © FOTO: ANDREAS FRÜCHT
Leonard P. arbeitet sich durch die verschiedenen Bögen. Er möchte gerne eine Ausbildung machen. | © FOTO: ANDREAS FRÜCHT

Bielefeld. Die Suche nach einem Ausbildungsplatz kann langwierig und frustrierend sein. Leonard P. (Name von der Redaktion geändert) weiß das nur zu gut. Das Schlimmste für den 23-Jährigen: Während seiner Suche wurde ihm das Arbeitslosengeld gestrichen – weil er ein unbezahltes Praktikum angenommen hatte.

Nach einem Berufsgrundschuljahr und Praktika absolvierte er eine Dachdecker-Ausbildung, bestand aber die praktische Prüfung nicht. Seitdem hat er verschiedene Helfer-Stellen angenommen. Im Sommer dieses Jahres wandte er sich an die Agentur für Arbeit, um sich bei der Suche nach einer neuen Ausbildungsstelle helfen zu lassen. "Ich hatte keine Lust mehr auf wochenlange Montage. Ich möchte endlich eine Ausbildung abschließen." Seit Juni 2012 ist er arbeitssuchend.

"Es hat vier Monate gedauert, bis die einen Bescheid geschickt haben", sagt Leonards Mutter: "In der Zeit, in der man keinen Bescheid bekommt, kann auch keine Vermittlung von Ausbildungsstellen stattfinden."

Auf der Internetseite der Arbeitsagentur fand Leonard eine Ausbildung zum IHK-geprüften Finanzfachmann. "Um diesen neuen Job zu bekommen, hat Leonard einige Wochen unentgeltlich und auf eigene Kosten bei dem möglichen Arbeitgeber verbracht", sagt sein Vater. Beim nächsten Gespräch in der Arbeitsagentur dann die böse Überraschung: "Als er stolz erzählt, was er zwischenzeitlich nach sechs Wochen Wartezeit auf einen Beratungstermin selbst erreicht hat, wird ihm als Dank dafür das Arbeitslosengeld gestrichen. Argument: Er sei ja jetzt untergekommen und stünde nicht mehr für den Arbeitsmarkt zur Verfügung." Auch die drei Wochen, während er sich bei dem vermeintlich neuen Arbeitgeber aufgehalten habe, würde man ihm von seinem ALG abziehen.

"Gesetzlich korrekt", sagt Kathrin Kreutz, stellvertretende Teamleitung bei der Berufsberatung der Arbeitsagentur. "Wenn ein Kunde dem Arbeitsmarkt nicht mehr zur Verfügung steht, kann er erstmal keine Hilfen beziehen", sagt sie. "Gelder können dann weiter bezogen werden, wenn eine Abwesenheit etwa bei Urlaub oder betrieblicher Erprobungsphase zuvor dem Vermittler mitgeteilt und genehmigt wurde." Darauf werde jeder Kunde im Erstgespräch mit dem Vermittler hingewiesen.

Umfrage

Im Falle von Leonard sei der Agentur für Arbeit der Wunsch nach einem Termin für eine Berufsberatung erst im Oktober genannt worden. "Eine geförderte Ausbildung beginnt immer zum 1. Oktober", sagt Kreutz. "Deshalb war es für den Eintritt ins 1. Lehrjahr bereits zu spät." Bianca Sundermeyer, Pressesprecherin der Agentur für Arbeit: "Knapp eine Woche, nachdem wir von dem Wunsch nach einer Berufsberatung erfahren haben, hat diese stattgefunden." Da es für den Eintritt ins 1. Lehrjahr bereits zu spät gewesen sei, stehe allerdings erstmal die Arbeitsvermittlung im Vordergrund, so Kreutz.

Genau das stört Leonards Mutter. "Es kann nicht sein, dass Leonard fünf Tage die Woche acht Stunden lang über eine Zeitarbeitsfirma Schrauben reindrehen muss. Dabei verliert er ein ganzes Jahr," sagt sie. Und die Belehrung über die Abwesenheit stehe irgendwo im Kleingedruckten. "Es geht offenbar nicht darum, Jugendlichen eine Ausbildung zu vermitteln, sondern nur darum, dass sie in den Arbeitsmarkt kommen, ihren Lebensunterhalt selbst zahlen können und aus der Statistik fallen", so die Mutter.