BIELEFELD

Im schwarzen Taxi mit Meister Proper

Krokodil auf der Theke, Straßenkarte im Wagen: Bielefelder Fahrer blicken gemeinsam auf alte Zeiten zurück

Willi Grafahrend, Helma Papenmöller, Arthur Merkel und Ernst Kolbe (v. l.) beim Wiedersehen. | © FOTO: SIMON BLOMEIER

20.10.2011 | 20.10.2011, 00:00

Bielefeld. Heutzutage kennt man das Bild bloß aus Großbritannien - schwarze Taxis. Bis in die 1970er Jahre fuhren die dunklen Wagen auch durch Bielefelds Straßen. Doch nicht nur die Autofarbe hat sich mit der Zeit geändert. Alte Taxi-Pioniere blicken zurück auf Jahre, in denen die Fahrer noch eine eingeschworene Truppe waren.

Meister Proper, Mecki, Bademir und 29 ihrer ehemaligen Kollegen sitzen im Werningshof an der Eckendorfer Straße. Meister Proper heißt mit richtigem Namen Arthur Merkel. "Den Spitznamen habe ich, weil mein Fahrzeug immer blitzeblank war", sagt der 72-Jährige. Nach jeder Schicht hat er damals den schwarzen Lack seines Wagens poliert. Mecki ist der Spitzname von Ernst Kolbe.

Wegen seiner Mecki-Frisur damals. Klar. Und der besondere Name Bademir gehört zu Helma Päpenmöller. Ihr Ehemann ist ebenfalls Taxi gefahren und habe nach einer Fahrt einmal gesagt: "So, jetzt fahre ich nach Hause und bade mir." Seitdem hat Päpenmöller ihren Spitznamen.

Die drei haben das Treffen der Taxifahrer organisiert. "Wir wollten mal wieder alle alten Kollegen unter einen Hut bringen", sagt Merkel. Die ältesten der überwiegend männlichen Personen-Beförderer sind bereits über achtzig. Einige der Jüngeren sind noch täglich auf der Straße unterwegs. Die meisten haben ihre Autos verkauft und sind Ruheständler. Beim Treffen erinnern sie sich an alte Zeiten.

In ihren schwarzen Taxis, die seit den 1970er Jahren aus Sicherheitsgründen hell seien, sei es im Sommer sehr warm geworden. Navigationsgerät und Klimaanlage sind Luxus-Errungenschaften der heutigen Zeit. "Ein Navi hätten wir damals mal haben sollen", sagt Merkel und lacht. Er erinnert sich noch daran, wie er einen Fahrgast vom Kesselbrink nach Holzhausen gebracht hat. Auf dem Rückweg hat er sich verfahren. Zum Glück hatte er stets eine Straßenkarte im Wagen.

Kolbe chauffierte in den 1950er Jahren hohen Besuch durch Bielefelds Straßen. "Ich habe Romy Schneider vom Bahnhof abgeholt", erinnert sich der 78-Jährige. Die Schauspielerin war zur Premiere eines Sissi-Films gekommen. Auch der Schlagersänger René Carol war Meckis Fahrgast. Merkel würde heute kein Taxi mehr fahren. Damals sei es einfach anders gewesen. "Wir waren eine eingeschworene Truppe. Da war der eine für den anderen da", sagt Willi Grafahrend. Heute stehe die Konkurrenz unter den Fahrern im Vordergrund. Die habe es vor Jahrzehnten zwar auch gegeben. "Das wurde aber damals nicht so zum Ausdruck gebracht", erklärt der 87-Jährige.

Wolfgang Heidemann war von 1989 bis 2003 Geschäftsführer der Bielefelder Funk-Taxi-Zentrale (Bieta). Er erinnert sich an eine kuriose Geschichte. Gerhard Kipp, ein bereits verstorbener Kollege, habe damals in der Kneipe "Kronenstübchen" in der Innenstadt mit anderen Gästen gewettet, ein Krokodil auf den Tresen zu setzen. Was niemand für möglich hielt, trat ein: Kipp, der regelmäßig Tiere zum Tierarzt fuhr, soll das Raubtier aus seinem Terrarium in der Gutenbergschule geholt und in die Kneipe gebracht haben. Zum Dank habe das Krokodil ihn gebissen.

Heidemann weiß auch, wer der erste Taxifahrer der Welt war. "Schlimmes", sagt er und erntet skeptische Blicke. Heidemann weiter: "Denn schon in der Bibel steht geschrieben: Schlimmes wird Euch wi(e)der fahren." Die Fahrer wollen sich künftig regelmäßig treffen und sich an weitere heitere Anekdoten erinnern - aus einer Zeit, in der die Taxis noch schwarz waren.