GÖPPINGEN/BIELEFELD

Olaf Teubert und seine "01"

Legendäre Dampflok fährt wieder / In Göppingen erstmals zu bewundern

Der Bielefelder Olaf Teubert vor der Dampflokomotive der Baureihe 01-150. Wie das Bahnhofsschild im Hintergrund verrät, war die Lok jetzt am Bahnhof in Göppingen zu bewundern. | © FOTO: SABINE ACKERMANN

20.09.2011 | 20.09.2011, 00:00

Göppingen/Bielefeld. "Wenn ich mal groß bin, werde ich Lokomotivführer." Den einstigen Traum vieler Kinder verwirklichte Olaf Teubert sich – schon seit mehr als 50 Jahren. Für "seine 01" sammelte er eine halbe Million Euro – und jetzt dampft sie wieder.

Riesig, aus schwarz-glänzendem Stahl mit feuerroten mannshohen Rädern steht sie mit ihren 172 Tonnen Gewicht, 24 Metern Länge nebst 4,55 Metern Höhe auf Gleis 1 des Göppinger Bahnhofs und lässt sich als eine der größten ihrer Art wie eine Diva bewundern: die Dampflokomotive der Baureihe 01-150, die anlässlich der "Märklin-Tage" ihre erste Fahrt zum Göppinger Bahnhof absolvierte – mehr als sechs Jahre nach dem Brand im Nürnberger Eisenbahnmuseum. Beim Modelleisenbahnhersteller Märklin (Sitz: Göppingen) ist die frisch restaurierte 01-150 jetzt als Modell zu erstehen – bei einem Preis von 449,50 Euro ("Lieferung in exklusiver Holzschatulle") allerdings nur etwas für echte Sammler.

Anno 1935 von Henschel & Sohn in Kassel gebaut, 1973 ausgemustert und vom Bielefelder Textilfabrikanten Walter Seidensticker zum "Schrottpreis" für 230.000 DM gekauft, stand die legendäre 01-150 anschließend 15 Jahre lang im Betriebswerk Bielefeld. Nach dessen Schließung kaufte die Bahn die inzwischen von Olaf Teubert, Jochen Pook und Martin Hahlbohm restaurierte Lok (1980 bis1982) für das Eisenbahnmuseum zurück, wo die 2240 PS starke und bis zu 130 km/h schnelle Maschine beim Brand 2005 stark beschädigt wurde.

"Das war damals furchtbar für mich", erinnert sich Olaf Teubert, der am liebsten seiner "01", wie er sie liebevoll nennt, als Lokomotivführer regelrecht Dampf unterm Hintern machte.

1950 hatte er seine Lehre bei der Leipziger Reichsbahn begonnen und wechselte fünf Jahre später zur Bundesbahn. Bis 1968 fuhr er mit Dampf, danach hielt die Technik und mit ihr die Elektrolokomotive Einzug. "Dem historischen Schienenverkehr bin ich dennoch treu geblieben, es gibt fast keine Dampflok, die ich während meiner Laufbahn nicht bewegt habe", verrät der heute 75-Jährige.

50 Jahre und fünf Monate stand der Lokführer praktisch täglich im Führerstand und "leistete" sich in diesem halben Jahrhundert nur insgesamt 29 Krankheitstage. Der Eisenbahner, der nach eigener Aussage für sein "Hobby" sogar noch Geld bekam, kämpfte nach seiner Pensionierung 2001 unermüdlich für die Instandsetzung der legendären 01-150.

Bereits während der Restaurierung der Lok fragten seine Kinder immer: "Vater, gehste wieder zur 01"? Ehefrau Karin duldete das Treiben ihres Mannes eher stillschweigend, zum einen schmälerte das Steckenpferd nicht die Haushaltskasse und zum andern wusste sie immer, wo er war.

"Allein viereinhalb Jahre lang habe ich Briefe verschickt, jeden wirklich handgeschrieben. Das wirkte überzeugender", so Teubert. Rund eine halbe Million Euro für die insgesamt 782.000 Euro teure Restaurierung hat er dadurch quasi im Alleingang zusammenbekommen. Ziemlich enttäuscht war er allerdings von der Spendenbereitschaft der Politiker. "Ich habe damals alle Landesverkehrsminister, Ministerpräsidenten, Banken, Versicherungen, Unternehmer und Prominente wie Günter Jauch angeschrieben." Gespendet habe nur Kurt Biedenkopf – 10.000 Euro habe er locker gemacht. "Ein Privatmann hat sogar 35.000 Euro gespendet und ein Riesenbetrag kam von der Firma Märklin", berichtet Olaf Teubert.

Auch auf dem Göppinger Bahnhof verkauft er geschäftstüchtig Bilder und Sticker "seiner" Lok und wird dabei von vielen wie ein Prominenter fotografiert. Förmlich im Minutentakt beantwortet er die Fragen der zahlreichen "Kundschaft" und wird keinesfalls müde, die "Sammelgeschichte" seiner großen Liebe zum wiederholten Male zu erzählen. "Das kleine Bild zwei und das große drei Euro – ist für einen guten Zweck. Der da auf dem Foto, das bin ich", zeigt der eisenbahnverrückte Bielefelder auf die fein kopierten Zeitungsausschnitte und erntet zu Recht jede Menge Anerkennung nebst Respekt für seinen nun wahr gewordenen Lebenstraum.

"Ja, den Teubert, den kennt man unter uns Eisenbahnern", sagt Harald Seltenreich aus Hamburg. Wie der Lokführer ist auch er gleichfalls der Meinung, dass die 01-150 zwar imposant dasteht, allerdings in mattschwarz bedeutend besser aussehen würde. Olaf Teubert erklärt, er werde diesen Fehlgriff seitens der Handwerker nach dem ersten Schock zur Chefsache machen.