Bielefeld (kb). Mit Nadel, Schere und Faden verwandeln Teilnehmer eines Nähkurses in Altenhagen Stoffreste in Taschen, Gardinen und Kinderkleider. Drei Ehrenamtliche helfen ihnen beim Schneidern. Als Anerkennung für ihr Engagement bekamen sie gestern Besuch: Regierungspräsidentin Marianne Thomann-Stahl schaute den Teilnehmern über die Schulter.
Auf einem Tisch der Altentagesstätte der Arbeiterwohlfahrt (AWO) Altenhagen steht eine riesige Tüte mit Stofferesten. Daneben liegen zugeschnittene gemusterte Einzelteile. Olga Altrogge aus Kasachstan näht mit Hilfe von Annette Ossenkopp einen Sommerrock. Ossenkopp legt Vorder- und Hinterteil übereinander. Genau passen sie noch nicht. Also muss Altrogge noch einmal mit der Schere ran. "Geradeaus nähen konnte ich vorher schon", beschreibt Altrogge ihre Vorkenntnisse. "Aber keine richtige Kleidung." Also flickte sie im Kursus zunächst. Jetzt ist sie bei der Kür angekommen.
Seit Mai entstehen in der "Internationalen Nähwerkstatt" der Freiwilligen-Akademie der AWO Kleidung und Taschen. Koordiniert wird das Projekt durch Jana Marnitz und Gabriele Stillger. Spender haben dem Projekt Stoffe und Nähmaschinen geschenkt. Auch alte Burdas mit Schnittmustern aus den 70er und 80er Jahren waren dabei. "Das kann man doch heute wieder so kaufen", sagt Marnitz beim Blättern durch die Magazine und meinte ein Oberteil mit Taillengürtel. Bei einem bodenlangen Kleid stellt die Regierungspräsidentin fest: "Das geht doch immer."
Auch Sukanya Giller hat ein Kleid nach alten Musterbögen für ihre Tochter Emily geschneidert. Walburga Hillebrand, die als eine von vier Ehrenamtlichen den Kursus leitet, hat die Entwürfe mit Empire-Taille mitgebracht. Nach einigen Kissenbezügen sitzt die Thailänderin Giller nun an der Maschine, um noch ein Kleid nach demselben Entwurf zu nähen - für ihre andere Tochter. Unterstützt wird sie wieder von Hillebrand. "Mir macht das Spaß", sagt die Ehrenamtliche. "Ich bin gerne hier."
Tharmarajaky Ravi aus Sri Lanka näht vor allem Kleidung für ihre drei Kinder. Außerdem Sofakissen und Gardinen. Sie verbessert neben ihren Nähkenntnissen auch ihr Deutsch. Momentan ist sie gerade auf der Suche nach einem weiteren Kursus: Stricken möchte sie auch noch lernen.
Nach der Nähwerkstatt fährt Thomann-Stahl zu einem weiteren Freiwilligen-Projekt. Im Seniorenzentrum Baumheide leiten Ehrenamtliche einen Bingo-Club. Thomann-Stahl zieht eine Nummer aus dem Lostopf. Wie Bingo funktioniert, weiß sie nicht. Seniorin Erna Voelzke erklärt es: "Wer die gezogene Zahl auf seiner Karte hat, streicht sie an", sagt die 88-Jährige. Ist eine Reihe voll, freut sich ein Bewohner übers Bingo. Das Spiel verknüpfen die Ehrenamtlichen mit Gedächtnisübungen.
Thomann-Stahl ist von beiden Projekten überzeugt. "Ich kann nur hoffen, dass die Freiwilligen viele Nachahmer finden", sagt die Regierungspräsidentin. Bisher engagieren sich in der Freiwilligen-Akademie OWL rund 2.300 Ehrenamtliche.