Bielefeld/Düsseldorf. Die Lage der heimischen Holzindustrie ist angespannt. Durch die Forderung des Holzkonzerns Klausner an das Land, sämtliches in NRW geschlagenes Fichtenholz in den kommenden Monaten nach Österreich zu liefern, wird sich die Situation weiter verschlechtern. Viele fürchten um die Zukunft ihrer Betriebe. Jetzt meldet sich erstmals auch die Firma Klausner selbst zu Wort.
Beim Sägewerksbetrieb Alpmann in Salzkotten (Kreis Paderborn) wird seit 111 Jahren Holz verarbeitet. Fichte. Doch jetzt wird der Rohstoff knapp, die Preise steigen. Der Grund: die Konfrontation zwischen der Klausner AG und dem Land NRW. "Wir mussten unsere Produktion bereits um ein Drittel zurückfahren", sagt Firmenchef Rudolf Alpmann.
Seitdem die Verträge zwischen Land und Klausner abgeschlossen wurden, hätten sich die Lieferungen der vom Landesbetrieb Wald und Holz vermarkteten Stämme deutlich verringert. Sollten die Lieferungen sich weiter reduzieren, fürchtet Alpmann um die Zukunft seines Betriebes.

Die gleiche Situation herrscht in Nieheim (Kreis Höxter). Die Wilhelm Freitag KG hat sich hier auf die Verarbeitung von Fichtenholz spezialisiert, auch hier schweben die Forderungen Klausners wie ein Damoklesschwert über der Zukunft des Sägewerks. "Das ist eine sehr fatale Situation, viele Kollegen haben Existenzängste", sagt Firmenchef Josef Freitag. Bereits jetzt sei die Produktion von bisher 20.000 Festmetern jährlich auf 16.000 gesunken. Der Grund: Rohstoffmangel. "Mehr können wir nicht reduzieren."
Die staatlichen Forstämter in OWL wollen keine Angaben zur Situation machen. Ihre Fichtenbestände werden komplett vom Landesbetrieb Wald und Holz vermarktet und müssten an die Klausner AG geliefert werden, sollte das Landgericht Münster am 3. Mai die beantragte einstweilige Verfügung gegen das Land erlassen. Experten gehen davon aus, dass sich die Einschlagsmengen nicht drastisch erhöhen lassen, ohne dass das vorgeschriebene Prinzip der Nachhaltigkeit gefährdet wird.
Laut Karsten Otte, Sprecher der Bezirkskonferenz Naturschutz OWL, wird in den Wäldern der Region ein regelrechter Kahlschlag stattfinden. Ein Viertel des Holzes, das Klausner fordert, solle hier geschlagen werden. "Eine Brutalität, der wohl viele gefährdete Arten, etwa die Wildkatze, zum Opfer fallen."
Der Wald auf der Fläche des Landesverbandes Lippe (LVL) ist nicht Teil der Klausner-Verhandlungsmasse. Viele Holzverarbeiter beziehen ihren Rohstoff aus dem früheren Fürstentum. Hans-Ulrich Braun, Leiter der Forstwirtschaft im LVL, sagt, dass sich nicht mehr Fichten ernten ließen, ohne die Nachhaltigkeit zu gefährden: "Das kommt für uns nicht in Frage." Allerdings werde der LVL weiter vor allem an heimische Betriebe liefern. Ähnlich äußern sich private Waldbesitzer. Franz-Josef von und zu Brenken liefert Fichten aus seinem Wald bei Büren an heimische Sägebetriebe. Für den Fall, dass das Land seine Bestände in Anspruch nehmen sollte, spricht er von "Enteignung" und kündigt Widerstand an.
Der österreichische Holzkonzern Klausner hat sich auf Anfrage dieser Zeitung nun erstmals zum Konflikt mit dem Land NRW geäußert. Es wurde "eindeutig nicht von uns gewollt", teilte Klausner mit. Man habe nach dem Sturm Kyrill im Jahr 2009 den NRW-Landesbetrieb Wald und Holz und die Waldbauern "unterstützt" und für umgestürzte Bäume höhere Preise gezahlt, als der Markt eigentlich hergab.
"Gleichwohl wurde das Land einige Zeit später vertragsbrüchig, was die eingeschalteten Gerichte bestätigt haben." Der aktuelle Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung gegen das Land, mit dem erreicht werden soll, dass für die nächsten neun Monate das gesamte Fichtenholz an Klausner geliefert wird, sei gestellt worden, weil das Land "trotz richterlicher Entscheide neue Lieferverpflichtungen mit Dritten" eingegangen sei und seine Vertragspflichten gegenüber Klausner nicht erfülle. Das erfordere "leider gerichtliches Einschreiten".
Klausner betonte, man stehe "konstruktiven Gesprächen" offen gegenüber, um den "zugefügten, mittlerweile immer größer werdenden Schaden" zu begrenzen. Die vertraglich zugesicherten 500.000 Festmeter Fichtenholz pro Jahr seien für die beiden deutschen Klausner-Standorte in Saalburg-Ebersdorf (Thüringen) und Kodersdorf (Sachsen) "von hoher Bedeutung". "Es geht uns nicht um Schadenersatz, sondern um Holzlieferungen", schreibt Klausner.
Unabhängig davon hat der Konzern aber für die Jahre 2009 bis 2012 bereits eine Schadenersatzklage gegen das Land über 120 Millionen Euro am Landgericht Münster eingereicht.