Bielefeld

Die öffentliche Zeit

In der Nacht zum Sonntag müssen die Uhren wieder zurückgestellt werden

27.10.2012 | 27.10.2012, 10:32
Friedrich Schüttenberg von der Stadtwerke-Tochter BITel.
Friedrich Schüttenberg von der Stadtwerke-Tochter BITel.

Bielefeld. Die Zeit rast. Sie vergeht so schnell, dass sie schon wieder zurückgestellt werden muss. Das heißt nicht die Zeit, sondern die Chronometer, die Zeitmesser, auch genannt Uhren. In der Nacht zum Sonntag beginnt wieder die Winterzeit, die Uhren werden von 3 auf 2 Uhr zurückgedreht.

"Stimmt nicht", sagt Friedrich Schüttenberg (59) von der Bielefelder Stadtwerketochter BITel. Schüttenberg ist dort zuständig für die Anlagentechnik und damit quasi der Herr über die öffentlichen Uhren. Er ist Experte, denn er hat früher das angesehene Handwerk des Uhrmachers gelernt.

Das mechanische Zurückdrehen der Uhren gehört schon lange der Vergangenheit an. Heute werden die Uhren sekundengenau durch ein Funksignal aus der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt in Braunschweig geregelt. Dort steht die Atom-Uhr, und das ist die Mutter aller Chronometer. Das Funksignal wird ausgestrahlt in Mainflingen bei Frankfurt am Main. Das Signal auf der langen Welle heißt DZF 77.

Weltläufiges Stadthallen-Foyer

BITel regelt über sein Netz die Pausenglocken in den Bielefelder Schulen ebenso wie die Uhren in Freibädern, Eisbahnen, den städtischen Verwaltungsgebäuden und in einigen Betrieben. Auch für die Uhren der Stadtwerketochter MoBiel an den Haltestellen der Stadtbahnen ist er zuständig.

Die Zeit wird öffentlich an mehreren Stellen angezeigt, an Kirchtürmen, am Rathaus, auf dem Jahnplatz, dem Willy-Brandt-Platz an der Stadthalle oder dem Adenauerplatz an der Kunsthalle. Ferner im Foyer der Stadthalle, wo fünf Uhren weltläufig die Zeit von Sydney, New York, Bielefeld, Moskau und Tokio anzeigen.

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Nicht zuständig ist Schüttenberg für die Uhren an und im Hauptbahnhof. Auch diese Uhren richten sich bundesweit nach der Braunschweiger Atom-Uhr. Allerdings, über das Thema Uhren und Bahn und das artverwandte Thema Pünktlichkeit und Bahn möchte man ja gar nichts mehr sagen.

Umstellung unter  Ausschluss der Öffentlichkeit

Die Zeit dieser Tage zieht sich immer mehr ins Private zurück. Wer braucht schon eine öffentliche Uhr? Allenfalls Kinder für die Pausen oder Arbeiter in den Fabriken. Der moderne Mensch besitzt ein Handy mit Kalender und Zeitanzeige. Mindestens aber eine Armband- oder Taschenuhr, analog oder digital.

Nur an der ehemaligen Falkrealschule an der Frachtstraße tickt eine Uhr, die sich nicht automatisch einstellen lässt. "Die stellt der dortige Hausmeister ein", sagt Schüttenberg. Allerdings schon am Samstag, unter Ausschluss der Öffentlichkeit.

Die Menschen haben keine Zeit. Das hat der Schriftsteller Erich Kästner ("Emil und die Detektive") schon in den 30er Jahren erkannt und den immer gültigen Satz geprägt: "Wer keine Zeit hat, der muss sich eben welche nehmen."