
Von
Alexandra Buck
18.01.2012 | 02.01.2020, 12:06
BIELEFELD
Vor genau fünf Jahren fegte der Sturm über Bielefeld
Bielefeld. 630 Einsätze bescherte Sturm Kyrill der Feuerwehr vom Nachmittag des 18. Januar 2007 bis zum Morgen danach. Mit Spitzengeschwindigkeiten von bis zu 100 Stundenkilometern wehte er Ziegel von den Dächern, schickte bis zu 30 Liter Regen pro Quadratmeter übers Land und beförderte rund 20.000 Bäume in die Waagerechte.
Fünf Jahre später sind die kahlen Stellen weitgehend aufgeforstet. Und doch beschäftigt Kyrill die Waldbauern weiterhin.
In seiner Amtszeit hat Herbert Linnemann, Abschnittsleiter Forsten des Umweltbetriebes, keinen heftigeren Sturm erlebt: "Ich würde sagen, das war für NRW der schlimmste Sturm seit Jahrzehnten." Besonders in Lämershagen, Schröttinghausen und Hoberge mussten viele Bäume dran glauben.
Der Holzpreis sackte seinerzeit von 80 Euro auf 55 Euro pro Festmeter. Bei 10.000 gefallenen Festmetern ein Verlust von etwa 250.000 Euro. Inzwischen seien die kahlen Stellen weitgehend aufgeforstet worden, sagt Linnemann. Kostenpunkt: etwa 200.000 Euro. "In den Genuss der Förderung von EU, Land und Bund kamen wir leider nicht, weil die beschädigten Flächen zu klein waren." Zum Vergleich: In Sauerland und Siegerland fielen laut Landesbetrieb Land und Forst insgesamt 15,7 Millionen Festmeter um.
Mit kleinen Tricks und Kniffen haben die Waldbauern die Kosten für die Aufforstung aber gering gehalten, wie Forstamtsrat Erhard Oehle erklärt. "Weil die Baumschulen leergekauft waren, haben wir uns bei den heimischen kleinen Bäumchen, die ohnehin im Unterholz wachsen, bedient. "Unsere heimischen Winzlinge kennen den Boden und die Situation, haben sich gut entwickelt und sind – anders als das bei Baumschul-Bäumen häufig der Fall ist – von Wildfraß weitgehend verschont geblieben."
Stadt und Waldbauern haben die Situation also im Griff – spüren die Folgen des Sturms aber immer noch. Herbert Linnemann: "Gerade die Bäume, die am Rand stehen, leiden noch immer." Baumstämme, die nach dem Sturm plötzlich der Sonne ausgesetzt waren, verbrannten und verbrennen sich. Buchen platzen auf, fangen sich Ungeziefer ein und müssen gefällt werden. "Die Rinde braucht Jahre, sich an die Sonnenstrahlung zu gewöhnen."
Was die Forstleute ebenfalls auch noch nach fünf Jahren beschäftigt, ist das Verhalten der Menschen in den Wochen nach dem Sturm. Erhard Oehle: "Ich empfinde es als grob fahrlässig, dass etliche erwachsene Menschen die Sperrung der Waldflächen ignoriert und sich und ihre Familien in Gefahr begeben haben. Ein Baum entwickelt enorme Kraft und Geschwindigkeiten, wenn er fällt, ebenso die Äste. So schnell kann kein Mensch wegrennen."
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