BIELEFELD

Allergiker vertragen alte Apfelsorten besser

Je brauner das Apfelinnere, umso verträglicher ist er für Allergiker

05.10.2011 | 06.10.2011, 07:28
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Bielefeld/Lemgo. Erst ein Kribbeln, dann ein Jucken im Mund. Manchmal schwellen auch die Schleimhäute im Rachen an oder es bilden sich Bläschen auf der Zunge. "Den kann ich nicht essen", heißt es dann von den Betroffenen. Mit einem neuen Projekt will der Bund für Umwelt- und Naturschutz (BUND) in Lemgo Allergikern dabei helfen, wieder in Genuss von Äpfeln zu kommen.

In Zusammenarbeit mit norddeutschen Obstforschern bietet der BUND Probierpakete an, mit denen Reaktionen auf bestimmte Sorten getestet werden können. Denn viele Allergiker wissen nicht, dass ältere Sorten verträglicher sind. Entstanden ist die Idee für das Projekt des BUND Lemgo bei den Exkursionen auf Obstbaumwiesen.

"Als es an das Probieren ging, sagte ein Teilnehmer mir, das müsse seine Frau übernehmen. Er würde keine Äpfel vertragen", sagt Willi Hennebrüder vom BUND in Lemgo. Und erklärte dem Mann dann, dass das nicht unbedingt für alle Sorten gilt. "Schade, dass viele das nicht wissen", dachte sich Hennebrüder und startete eine Datenbank, in der Allergiker ihre Erfahrungen mit bestimmten Sorten auflisten. Das Hauptproblem sei, dass viele alte Sorten aber im Supermarkt kaum zu bekommen sind, sagt Hennebrüder. So entstand die Idee zu den Probierpaketen, die per Internet bestellt werden können. Darin enthalten sind zum Beispiel Goldparmäne, Alkmene oder Prinz Albrecht von Preußen, die die Positiv-Liste in Sachen Verträglichkeit anführen.

Jeder Apfelallergiker zeigt unterschiedliche Reaktionen

Information

Roh oder gekocht?

  • Mit kleinen Tricks vertragen auch Allergiker bestimmte Apfelsorten besser.
  • Erhitzen: Eiweiße werden durch Hitze zerstört. Deshalb werden Apfelmus oder -kuchen problemlos vertragen. Gibt man einen Apfel für 1 Minute bei 600 Watt in die Mikrowelle ist er noch knackig und seine Allergenität stark verringert. 
  • Klein schneiden: Sauerstoff inaktiviert das Allergen.
  • Schälen: Denn das Allergen sitzt häufig nah unter der Schale. 
  • Lagern: Länger gelagerte Äpfel werden oft besser vertragen. Quelle: DAAB

Laut Forschungen spielt der Gehalt an Polyphenolen (aromatiosche Verbindungen, die als Geschmacks- oder Farbstoffe vorkommen) in Äpfeln eine besondere Rolle bei der Verträglichkeit. Polyphenole seien unter anderem dafür verantwortlich, dass sich ein Apfel nach dem Anschneiden bräunlich verfärbt. "Aus den neueren Sorten wurden diese Stoffe systematisch herausgezüchtet", so Hennebrüder. Polyphenole inaktivieren das Apfelallergen, haben Experten der Universität Hohenheim herausgefunden, indem sie die Aufnahme des Proteins, das sensibilisierten Menschen den Apfelgenuss unmöglich macht, blockieren.

Hans-Joachim Bannier hat in Bielefeld sozusagen ein lebendes Museum für alte Äpfel, rund 400 Sorten nennt er sein eigen, neue und alte. Auf Veranstaltungen in ganz Deutschland bestimmt der Experte Sorten. "Oft kommen Allergiker zu mir und sagen: ,Diese Sorte aus Nachbars Garten vertrage ich. Was ist das?’" Meistens sind es Sorten wie Alkmene. Der schmecke übrigens ähnlich wie Cox Orange.

Jedoch reagiert nicht jeder Apfelallergiker auf die gleichen Inhaltsstoffe. Marina Oppermann vom Deutschen Allergie- und Asthmabund (DAAB) erklärt, dass eine isolierte Apfelallergie eher selten ist. Symptome zeigten sich vor allem bei Menschen, die eine Allergie auf Frühblüher, also auf Pollen von Birke, Hasel und Erle, haben. "Das nennt sich Kreuzallergie", so Oppermann. Die Ursache liegt in bestimmten Eiweißen im Apfel. Sie ähneln denen in den Pollen, so dass das das sensibilisierte Immunsystem die beiden nicht mehr auseinanderhalten kann und mit einer allergischen Reaktion antwortet. "60 Prozent aller Pollenallergiker entwickeln eine Kreuzreaktion. Wie viele davon auf Äpfel reagieren, ist allerdings nicht bekannt."

Selbsttest nach ärztlicher Zustimmung

Oft entsteht eine Allergie erst nach Jahren. So erging es Christina Tippelt aus Leopoldshöhe (Kreis Lippe). Sie aß gern Äpfel, aber kurz nach der zweiten Schwangerschaft hatte sie urplötzlich eine Bindehautentzündung. Als die vom Arzt verschriebenen Medikamente ohne Wirkung blieben, fragte der Arzt, ob sie unter Allergien leide. Sie verneinte dies zwar, aber die Untersuchungen ergaben, dass sie eine Pollenallergie habe. Die Allergie weitete sich schnell aus, ihre geliebten Äpfel und weitere Obstsorten sorgten für einen angeschwollenen Rachenraum und Juckreiz.

Oppermanns Tipp für Allergiker: Vor dem Verzehr den Lippentest machen. Ein ungeschältes Stück an die Lippen halten und beobachten, ob es eine Reaktion gibt. Hochgradig sensibilisierte Allergiker sollten allerdings nur mit Zustimmung ihres Arztes solche Tests machen.