Bielefeld. Die Blicke richten sich aus dem kleinen Jöllenbeck in Richtung großes Düsseldorf. Wird sich die SPD schulpolitisch durchsetzen? Gegen die CDU? Die FDP? Falls ja, wollen einige Jöllenbecker sich verabschieden: von Haupt- und Realschule. Und eine neue Schule gründen: die Gemeinschaftsschule, die sie Stadtteilschule nennen – gymnasiale Standards inklusive. Bis zur zehnten Klasse könnten Jöllenbecker Kinder gemeinsam lernen.
Ein Modell, das schwächelnden Hauptschulen hilft; das ländlichen Gegenden starke Schülerverkehre Richtung Gymnasien erspart; und das oft eingeforderte längere gemeinsame Lernen bieten kann. Alles Ziele der neuen "Bildungsinitiative Jöllenbeck", aber: "Wir werden nicht an die vier Grundschulen herangehen", so Achim Körbitz, Schulentwicklungsplaner aus der Initiative – einbinden aber würde er sie gerne.
Er, Ex-Leiter der Herforder Otto-Hahn-Realschule und Dozent an der Uni Bielefeld, hat bereits für Schöppingen, Ascheberg und Schalksmühle Stadtteilschulen geplant – und steht vor einem Problem: "Noch hat das Land kein grünes Licht gegeben." Auf dieses warten auch die Jöllenbecker, die zehn Bürger um SPD-Bezirksvertreter Michael Bartels sind aber noch am Anfang. Körbitz: "Es gelingt nur, wenn wir alle Parteien und Bürger mitnehmen." SPD, Grüne und Linke geben sich positiv, Körbitz reicht das aber nicht: "Es darf nicht zum Kulturkampf werden – alle müssen mit ins Boot." Die Idee wird auf der Rats-Ebene von der Ampel (SPD, Grüne, FDP) forciert.
Körbitz: "60 Prozent der Schüler wandern nach der Grundschule ab – 40 Prozent zu Gymnasien, 20 Prozent zu Gesamtschulen." Das will die Initiative verhindern: Fahrtwege sollen vermieden, Schüler stärker an ihre Heimat gebunden werden.
Derzeit ist die Hauptschule ein- bis zweizügig, die Realschule vierzügig – bei sinkenden Schülerzahlen sind die Prognosen nicht rosig. Körbitz: "Wir könnten aber langfristig eine vier- bis fünfzügige Stadtteilschule etablieren." Kinder mit gymnasialer Empfehlung könnten 30 Prozent ausmachen – in den Jahrgängen fünf bis zehn. "Mehr Platz haben wir nicht", so Realschulleiterin Hella Schäfer-Hofmeister. Wer danach das Abi will, kann Gesamtschule, Berufskolleg oder Gymnasium ansteuern – ist dann aber auch 16 Jahre alt. "Viele Eltern wollen nicht, dass ihre Kinder schon mit zehn Jahren so weite Wege haben", nennt Schäfer-Hofmeister ein Argument für die neue Stadtteilschule. Ein anderes: "Es geht auch um die Hauptschule, würde es sie nicht mehr geben, wäre das schlecht für Jöllenbeck."
Schäfer-Hofmeister setzt auf Diskussionen – über pädagogische Konzepte, darüber, wie die neue Schule aussehen soll. Ganztag? Gemeinsames oder getrenntes Lernen? Eigene Schulformen oder echte Gemeinschaftsschule? Wie viel Förderung? Integration? "Wir sollten uns fragen, was für Jöllenbeck am besten ist – und das nicht bildungsideologisch diskutieren." Da stimmt ihr Hans-Jürgen Sager (Hauptschule) zu, aber: "Unsere Schüler brauchen ihre Konzepte, es kann nicht einfach die große Realschule die kleine Hauptschule schlucken." Grundsätzlich sei es gut, "alle Schüler vor Ort zu beschulen, auch wenn ich von gymnasialen Standards bisher nichts weiß".
SPD-Ratsherr Gerd Kranzmann, will "Jöllenbeck zum Erfolgsmodell machen", er schielt dabei Richtung Senne und Brackwede. Die Frage einer gymnasialen Oberstufe ist für ihn jedoch offen, "50 Schüler braucht man für ein vernünftiges Kursangebot". Aber das ist Zukunftsmusik, davor steht die Vision bis Jahrgangsstufe zehn. "Zwei, drei Jahre dauert es", so Körbitz – dann könnten unten Gemeinschaftsschüler rein- und oben Real- und Hauptschüler rauswachsen.
Wer wo lernt, das ist offen, es könnten die Jahrgänge fünf und sechs im Haupt- und die Jahrgänge sieben bis zehn im Realschulgebäude unterrichtet werden. Körbitz: "Für die gymnasialen Standards bräuchten wir auch Lehrer mit Sekundarstufe-II-Ausbildung." Auch Um- und Ausbauten seien notwendig. Ohne Mensa, bestätigt Sager, sei die neue Schule nicht denkbar.