Bielefeld. Noch bevor die Vorzeige-Biogasanlage der Stadtwerke in Bielefeld-Deppendorf in Betrieb geht, gerät sie negativ in die Schlagzeilen. Das Umweltamt hat gestern das Ausbringen von silagehaltigem Oberflächenwasser auf die Felder gestoppt. Der Grund: Neue Proben belegen, dass die Nitrat- und Ammoniumwerte deutlich über den von den Betreibern vorgelegten liegen. Der Verdacht: Es ist doch Gülle in der Flüssigkeit.
"Mit dieser hohen organischen Konzentration hätte sie bei dem derzeitigen Wetter nicht auf Felder verteilt werden dürfen", erklärte Umweltamtsleiter Martin Wörmann. Genau das aber war tagelang passiert. Denn das Amt hatte aufgrund von Proben aus dem Januar, die die Betreiber gezogen hatten, das Ausbringen erlaubt. Erst jetzt, als Bürger sich beschwerten und über Geruchsbelästigungen klagten, überprüfte das Amt vor Ort. Es stellte "starke Gerüche" fest und schritt ein. Wörmann: "Leicht verschmutztes Regenwasser stinkt nicht so."

Eine Erklärung für die plötzlich deutlich höheren Stickstoffwerte hat das Amt nicht. Es wird jetzt die Betreiber anschreiben und um Aufklärung bitten. Landwirt Jürgen Lücking, neben dessen Hof die Anlage gebaut wird und der sie mitbetreibt, zeigte sich gestern von der Abweichung überrascht. Die ersten Proben von Anlagenbauer Biogas Nord am 5. und 10. Januar hatten keine hohen Werte ergeben. Als mögliche Erklärung sieht Lücking Ablagerungen in dem Lagerbehälter, in dem das Regenwasser aus der undichten Mais-Silage-Wanne gesammelt wurde (NW v. 18. Februar).
Die Projektbeteiligten der Biogasanlage, neben Stadtwerken, Biogas Nord und Lücking noch Universität und Fachhochschule, geraten jetzt unter Druck. Denn der Lagerbehälter, der dritte der runden Großbottiche, muss leer sein, ehe die Anlage in Betrieb gehen kann. Der Bau ist wegen des Frostes schon vier Wochen im Rückstand.
Lücking hatte gehofft, dass er ab 15. Januar, als die Gülle-Ausbringverbotsfrist ablief, den Bottich hätte vollständig leeren können. Etwa die Hälfte (800 Kubikmeter) hat er geschafft. Der Rest blockiert jetzt die Inbetriebnahme. Lücking: "Das kostet Zeit und Geld."
Nach den neuen Messwerten wären die 800 Kubikmeter unerlaubt auf die Äcker gelangt. Denn in der Stickstoff-Konzentration wäre die Flüssigkeit unter die Gülleverordnung gefallen. Die verbietet das Ausbringen vom 15. November bis 15. Januar, aber auch danach, wenn der Boden mehr als zehn Zentimeter tief gefroren, zu nass oder mit einer zehn Zentimeter dicken Schneeschicht bedeckt ist. Das trifft derzeit zu. Lücking muss jetzt darauf warten, dass die zuständige Landwirtschaftskammer das Ausbringen freigibt – in Rücksprache mit dem Amt.