Bielefeld

"Frieden kann man nicht kommandieren"

Johannes Gerster: Der Israel-Experte

Johannes Gerster. | © FOTO: OLIVER KRATO

21.01.2010 | 21.01.2010, 00:00

Bielefeld. Mit der Geduld von Johannes Gerster ist das so eine Sache. Im Familien- und Freundeskreis gelte er wohl eher als ungeduldig, sagt der Mann mit den weiß-grauen Strähnen im Vollbart. Einen wahrlich langen Atem hat er bewiesen – bei seinem Engagement in Jerusalem und für den Frieden im Nahen Osten. Knapp zehn Jahre lang war er in Israel Leiter der Konrad-Adenauer-Stiftung. War Mittler zwischen den Welten und Religionen, saß am Tisch der Friedensgespräche zwischen Israelis und Palästinensern, erlebte Terror, Gewalt und erfüllte Wünsche, wenn er als Gastgeschenke Fanschals deutscher Fußball-Vereine überreichte.

Geschenke für die Kinder palästinensischer wie israelischer Gastgeber. Wenn Johannes Gerster von seiner Zeit in Israel erzählt, nimmt er seine Zuhörer mit in dieses Gebiet der Extreme und festgezurrter Fronten. Er erzählt von Annäherungen in Gesprächen zwischen Israelis und Palästinensern – so lange, bis sie sich der Presse stellten und wieder nur "für die eigene Klientel sprachen". Die Idee eines Bielefelder Initiatorenkreises, nach der Städtepartnerschaft mit dem israelischen Nahariya nun auch eine Partnerschaft mit einer Stadt in Palästina einzugehen, findet er gut.

Anlässlich des gestrigen Nahost-Forums in der Ravensberger Spinnerei schilderte er Möglichkeiten, zum Ausgleich beitragen zu können. Seminare oder Projekte, an denen Vertreter dieser beiden Städte teilnehmen, könnten ein Schritt zur Annäherung sein. Voraussetzung: Es läuft im Stillen. "Mit diesen informellen Treffen kann man eine Ebene eröffnen, die etwas bringt." Frieden, so sagt er, Frieden könne man nicht kommandieren, "Frieden muss wachsen". Und das braucht Geduld.
    

 
Zur Person:   Johannes Gerster
    
geboren 1941 in Mainz, verheiratet, drei Kinder

25 Jahre lang CDU-Politiker; Bundestagsabgeordneter, Ministerpräsidentenkandidat; Vorsitzender der CDU-Landtagsfraktion

1997 Umzug nach Jerusalem, Johannes Gerster wird dort Leiter der Konrad-Adenauer-Stiftung (bis 2006)

1995 der Ehrendoktorwürde an der Ben-Gurion-Universität (Israel); Bundesverdienstkreuz (1999); "Freund der Stadt Jerusalem" (2006)

Großonkel von Florian Gerster (Ex-Chef der damaligen Bundesanstalt für Arbeit) und dessen Schwester Petra Gerster (ZDF-Moderatorin)