Von Mafiosi und Trüffeln

Noch kein bisschen müde: Jimmy Catsanos feiert 25 Jahre "Mediterranée"

Die griechischen Säulen am Eingang des ehemaligen "Tränenkrugs". |

01.07.2009 | 01.07.2009, 00:00

Bielefeld-Brackwede. Man nehme: aus Italien den Koch und den Kellner, einen weiteren Koch aus Korsika und als Patron einen Griechen. Das Ganze nennt man dann, naheliegend, "Méditerranée", Mittelmeer. 25 Jahre sind seit Eröffnung des Restaurants vergangen. Das Team hat seitdem häufiger gewechselt. Der Chef ist immer noch derselbe: Jimmy Catsanos.

Die Geschichte beginnt in den frühen 80ern. Damals kommt der Sohn eines griechischen Gastronomen von Hannover nach Bielefeld. Seine Tante, Wirtin des "Marathon" am Johann-Fichte-Weg, hatte ihn um Mithilfe gebeten. Schon bald verwirklichte der junge Mann dort lieber eigene Ideen. Statt frittierter Calamares und Souflaki brachte er lieber geschmortes Kaninchen, Riesengarnelen mit Aioli oder im Ganzen gegrillten Fisch auf den Tisch.

Bis er die griechischen Säulen am Eingang des damaligen "Tränenkrugs" an der Brackweder Straße entdeckte. Jimmy pachtete das leerstehende Lokal, verpasste ihm zunächst eine proppere Innenausstattung mit weißem Damast auf den Tischen und taufte das Haus um in "Méditerranée".

"Am Anfang hat es immer sehr lange gedauert, bis das Essen endlich auf den Tisch kam", erinnert er sich an die ersten Monate. Die Gäste nahmen die Wartezeit gern in Kauf. Bei Jimmy kam schon damals keine Langeweile auf. Manchem Dinner ging eine unplanmäßige Weinprobe voraus – als Pausenfüller.

Dreimal musste Jimmy das Lokal seitdem umbauen, bis er endlich alles nach seinem Geschmack fand. Auf den knarrenden Dielenboden stellte er Tische mit gescheuerter Holzplatte und arrangierte darum eine scheinbar wahllos zustande gekommene Dekoration aus Weinkisten, Olivenbäumchen und Ölflaschen. Er stellte Steingutschalen dazu und eine alte Kaufmannswaage. 1993 ging "Jivino" an den Start, die Weinhandlung im vorderen Bereich des Restaurants.

Legendär ist der (Lebens-)Künstlertreff an jedem Montag mit Livemusik. Oder die Mottoabende mit den stets wechselnden Farbthemen. Oder die Pasta-Mafiosi-Nacht. Zu diesem Stelldichein der Halbwelt trugen die meisten männlichen Gäste Nadelstreifenanzüge und feine Hüte der Marke Borsalino. Vor dem "Méditerranée" ließ er eine weiße Luxuslimousine im Stil der Mafia parken.

Jimmy organisierte Kochkurse und weihte seine Gäste in die Geheimnisse der Mittelmeerküche ein. Und immer wieder fanden sich auch Sterneköche bei ihm am Herd ein, unter anderem Cornelia Poletto (Hamburg), Patrick Jaros (Köln) und Roy Petermann (Lübeck). Catsanos organisierte Käseseminare und lud zu aufwendigen Trüffelmenüs ein. "Nie habe ich einen Anlass ungenutzt gelassen", sagt er. Selbst gekocht hat der Vater einer 21-jährigen Tochter allerdings nie. "Ich bin eher ein Theoretiker. Mir fehlt die Ruhe, die ein Küchenchef braucht."

Als es im Lokal in Brackwede nichts mehr zu verändern gab, eröffnete der umtriebige Gastronom einen weiteren Betrieb: die Wein- und Tapasbar "Jivino" im Keller des ältesten Hauses in Bielefeld.

25 Jahre – für Jimmy kein Grund, sich zufrieden zurückzulehnen. Fürs Jubiläumsjahr hat er sich viel vorgenommen. Nach der Geburtstagsparty am Wochenende folgt unter anderem die Aktion "25 Wochen". Bielefelds 25 beste Hobbyköche bereiten jeweils sonntags im "Méditerranée" für Freunde und Gäste ein Überraschungsmenü vor.

Reicht die Kraft für ein weiteres Vierteljahrhundert als professioneller Gastgeber? Jimmy lässt sein unergründliches Lächeln aufblitzen. Die Antwort klingt vage. Zurzeit gebe er sein Wissen an seinen gastronomischen Ziehsohn weiter. Der heißt Marco Pulli, ist 30 Jahre und wirkt in der Küche. Auch die Rückkehr in seine Heimat sei vorstellbar. Das ist die Halbinsel Preveza in Griechenland gegenüber von Korfu.