„Plötzlich wurde mir übel“: Bielefelder kämpft sich nach Schlaganfall zurück ins Leben

Stieghorst. Wer Werner Vogelsangs Geschichte über seinen Schlaganfall hört, merkt schnell, dass der 71-jährige Rentner einen eisernen Willen hat. Aufgeben beim Kampf zurück ins alte Leben war und ist für den ehemaligen Außendienstmitarbeiter keine Option. Seit Ende 2022 erhält er die therapeutische Unterstützung, die er für seinen Weg braucht. &bdquo;Bei uns in der Praxis liegt der Schwerpunkt auf neurologischen Störungen, wie sie etwa durch Parkinson, Multiple Sklerose oder einen Schlaganfall auftreten“, sagt Leiterin Pia Falke. Letzteren ereilte auch Werner Vogelsang im Jahr 2018. Der damals 65-jährige Rentner aus Bielefeld war zum Zeitpunkt des Vorfalls im Klinikum Mitte zu einer Krebsbehandlung. Wenige Tage nach der Operation passierte es im Patientenzimmer: &bdquo;Ich telefonierte gerade mit meiner Cousine, als ich merkte, dass mir übel wurde und ich zu zittern begann“, sagt Vogelsang rückblickend. &bdquo;Ich kann mich nicht mehr daran erinnern, was nach dem Telefonat passierte.“ Zwei Tage lang habe er im Koma gelegen. Als er wieder aufwachte, war durch den Schlaganfall seine gesamte linke Körperseite gelähmt. Auch die linke Gesichtshälfte war betroffen. &bdquo;Ich konnte fast fünf Tage nicht sprechen“, sagt Vogelsang. Ein Arzt des Klinikums habe ihm damals die Diagnose gestellt, dass er ein Pflegefall bleiben werde. &bdquo;Da habe ich zu ihm gesagt: ,Das werde ich nicht’“. Und Vogelsang sollte recht behalten. Zwei Wochen lang war er zur Behandlung im Klinikum Bethel. Danach ging es für neun Wochen ins neurologische Reha-Zentrum nach Hilchenbach bei Siegen. In dieser Zeit machte Vogelsang große Fortschritte bei der Rückgewinnung seines Sprechvermögens und Beweglichkeit. &bdquo;In die Reha-Klinik bin ich liegend auf einer Trage gekommen. Als die neun Wochen rum waren, bin ich auf meinen Beinen herausgegangen“, sagt der heute 71-Jährige. Lesen Sie auch: Jede Minute zählt: So handeln Sie richtig beim Verdacht auf einen Schlaganfall Rückschläge gibt es immer wieder Er habe von Anbeginn den Willen gehabt, &bdquo;wieder auf die Beine zu kommen“. Die Therapeuten im Bielefelder Elithera Neurozentrum kennen Patienten wie Werner Vogelsang gut. &bdquo;Es ist für den Erfolg einer Therapie wichtig, dass Patienten von sich aus ihre Situation verbessern wollen“, sagt Pia Falke. Dazu gehöre ein starker Wille und Durchhaltevermögen. Natürlich gebe es immer auch Momente, wo ein Patient an einen Tiefpunkt gerät. &bdquo;Dann bin ich Mädchen für alles und muss versuchen, meine Patienten zu motivieren“, sagt sie. Lesen Sie auch: Bielefelder Brustkrebs-Patientin: Wie mir eine einzigartige App hilft Auch Vogelsang kennt solche Tiefpunkte nur zu gut. Nach der Rehazeit im Sauerland sitzt er eines Morgens auf der Bettkante. &bdquo;Anstatt langsam aufzustehen, bin ich sofort hingefallen“, sagt er. Das sei frustrierend gewesen. Trotz solcher Rückschläge blieb er am Ball. Über eine andere Bielefelder Physiopraxis fand er schließlich im Herbst 2022 den Weg in die jetzigen Praxisräume. Für Vogelsang, der aus allen in der Praxis beheimateten Disziplinen – Physio- und Ergotherapie sowie Logopädie – verschiedene Therapien erhält, ist es ein Vorteil. &bdquo;Hier habe ich alles an einem Ort“, sagt er. Um das noch eingeschränkte Laufen zu trainieren, gibt es ein besonderes Gerät, das auch Werner Vogelsang regelmäßig nutzt: Das &bdquo;C-Mill-Virtual-Reality“ ist ein Laufbandsystem, das durch Bildschirm- und Beamertechnik ein alltagsnahes Training von Gang und Gleichgewicht ermöglicht. &bdquo;Es können verschiedene Situationen und Umgebungen simuliert werden“, sagt Falke. Zum Beispiel das Laufen auf einem steinigen Waldweg – mit virtuellen Hindernissen, die überwunden werden müssen. In der Therapie kommt modernste Technik zu Einsatz Ebenfalls mit Projektionstechnologie funktioniert der &bdquo;Smart-Playground“. Mit dem Gerät lassen sich verschiedene virtuelle Felder etwa mit Zahlen auf den Fußboden projiziert. Der Patient muss bei einer Übung die vom System markierten Felder mit dem Fuß berühren. Die Bewegungen werden in Echtzeit in interaktive Spiele übertragen. Mithilfe dieser sensorgestützten Übungen können gezielt Bewegungsabläufe, Koordination und geistige Fähigkeiten trainiert werden. Beide Therapiegeräte seien neben den klassischen Geräten wie Gehbarren, Gymnastikbälle oder Kraftgeräte ein Alleinstellungsmerkmal der Praxis. &bdquo;Das ist schon etwas Besonderes“, sagt Falke. Sieh dir diesen Beitrag auf Instagram an Ein Beitrag geteilt von Elithera Neurozentrum Bielefeld (@elithera.neuro.bielefeld) Nicht nur an der Beweglichkeit seiner Beine und des linken Armes trainiert Werner Vogelsang dreimal wöchentlich in der Praxis. Auch sein Sprechvermögen ist noch nicht wieder ganz hergestellt. Er leidet noch unter Dysarthrie, einer Artikulationsstörung, die dazu führt, dass er manche Worte nur verwaschen oder abgehakt aussprechen kann. Mit speziellen Übungen für die Mund- und Gesichtsmotorik – unter anderem dem Spitzen der Lippen oder Stirnrunzeln – wirkt er diesem Defizit entgegen. Mit Erfolg, denn Vogelsang trainiert auch außerhalb der Praxisräume. &bdquo;Zu einer erfolgreichen Therapie gehört es, dass Patienten kontinuierlich üben“, sagt Linguistin Pia Falke. Als Therapeutin sei sie nur Anleiterin. Die ständige Umsetzung müsse zu Hause erfolgen. Lesen Sie auch: Halbseitig gelähmt nach Schlaganfall: Bielefelder braucht dringend Hilfe Werner Vogelsang muss gar nicht für die Übungen motiviert werden. Das macht er aus eigenem Antrieb. Für die Fortschritte der Therapie, die seit dem Schlaganfall sichtbar sind, hat er lange an sich gearbeitet. &bdquo;Am Anfang war ich manchmal ungeduldig“, sagt er. Doch er habe eingesehen, dass es etwas Zeit braucht. &bdquo;Es bringt nichts, Dinge übers Knie zu brechen“, sagt er. Therapeuten begleiten ihre Patienten über viele Jahre Ziele hat er für die Zukunft einige. Und auch den Willen. &bdquo;Durch das Krafttraining mit Gewichten will ich erreichen, dass ich meinen linken Arm wieder ganz ausstrecken kann.“ Noch seien die Bänder an den Muskeln zu steif, sodass es bislang nur für kleinere Bewegungen reiche. Wann sein Arm wieder voll funktionsfähig sein wird, kann er nicht abschätzen. &bdquo;Mir genügt es, wenn ich 80 Prozent meines alten Zustandes erreicht habe“, sagt er. Er sei aktuell kurz vor dieser Marke. Vogelsang hofft, dass er bald auch wieder in vollem Umfang seinem Modellbahn-Hobby nachkommen kann. &bdquo;Die Züge kann ich fahren lassen, nur Arbeiten unter der Anlage kann ich noch nicht verrichten“, sagt er. Dafür könne er im eigenen 800 Quadratmeter großen Garten und im Haus mit Unterstützung seiner Frau bereits kleinere Dinge erledigen. Das funktioniere schon ganz gut. &bdquo;Meine Frau sowie viele Freunde und Bekannte haben mich seit dem Schlaganfall unterstützt, und machen es weiterhin.“ Dafür sei er sehr dankbar. Ebenso unterstützen ihn seine Therapeuten schon seit gut drei Jahren. Die enge Bindung an einen Patienten sei gewollt, sagt Pia Falke. &bdquo;Es ist wichtig, Vertrauen zum Patienten aufzubauen.“ Werner Vogelsang will die Therapie so lange wie möglich fortsetzen. &bdquo;Ich komme gerne hierher“, sagt er. Vor einiger Zeit sei er im Urlaub gewesen und musste zwei Wochen die Therapie unterbrechen. &bdquo;Das hat mir gar nicht gefallen.“ Er wolle schließlich &bdquo;am Ball bleiben“, um weitere Fortschritte zu machen. Der eiserne Wille dazu ist bei ihm vorhanden. 📱 News direkt aufs Smartphone: Hier finden Sie den kostenlosen Whatsapp-Kanal der NW-Bielefeld

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