Ungewöhnliche Karriere: Diese Frau ist Top-Managerin bei Bielefelder IT-Riesen

Bielefeld. Als Bundeskanzler Friedrich Merz im Juli 2025 die deutsche Wirtschaftselite ins Kanzleramt rief, um für Aufbruchstimmung zu sorgen, geriet der erhoffte Coup ein Stück weit zum Flop. Auf dem &bdquo;Familienfoto“ des Investitionsgipfels waren 44 Männer zu sehen. Und mit Bundeswirtschaftsministerin Katherina Reiche und Commerzbank-Chefin Bettina Orlopp genau zwei Frauen. Ist mehr Frauenförderung nötig? Nicola Czymek-Lauer findet: Ja. &bdquo;Meine Antwort ist heute anders als vor 25 Jahren“, sagt die Spitzenmanagerin, die neue Finanzchefin der Bielefelder NTT Data Business Solutions AG. Eigentlich sollte das Geschlecht ja keine Rolle spielen für die Besetzung von Posten, findet sie, so wenig wie Hautfarbe, Religion oder Nationalität. Der richtige Kopf müsse an die richtige Stelle. &bdquo;Aber wir profitieren von Vielfalt, und ich hätte erwartet, dass wir bei der Frauenförderung längst weiter sind – tatsächlich aber sind wir da eher rückschrittig unterwegs.“ Die 55-jährige Czymek-Lauer ist mit ihrer Spitzenrolle als Vorstandsmitglied in einem Milliarden-Unternehmen in OWL eine Ausnahmeerscheinung. Es gibt auch Ute Gerbaulet, die Finanzchefin des Bielefelder Oetker-Konzerns, oder Maresa Harting-Hertz, die die gleiche Rolle beim Espelkamper Technologieunternehmen Harting einnimmt. Und es gibt Frauen wie Rebecca Steinhage, die als Personalchefin zum Top-Management des Hausgeräteherstellers Miele in Gütersloh gehört. Doch noch immer sind nur wenige Frauen in Spitzen-Positionen, das gilt für OWL wie für ganz Deutschland. Lesen Sie dazu: Mehr Frauen in Führungspositionen – aber bei weitem nicht genug Breites Know-how rund ums Thema &bdquo;Finance“ Für deutsche Verhältnisse, wo Titel und Abschlüsse eine nicht zu unterschätzende Rolle für die Karriere spielen, war der Lebensweg von Nicola Czymek-Lauer ungewöhnlich: Geboren in Trier, ist sie in einem kleinen Ort in der Vulkaneifel aufgewachsen. Nach der Schule absolvierte sie eine kaufmännische Lehre bei der Siemens AG, wurde an vielen verschiedenen Orten eingesetzt und erwarb sich ein breites Know-how rund ums Thema &bdquo;Finance“, von Buchführung und Kostenrechnung bis hin zur Finanzierung von Firmen-Übernahmen. Sie lernte vieles &bdquo;on the job“ und sammelte zeitweilig auch Erfahrung in der Produktion. Die praxisnahe Ausbildung war der Grundstein für ihren Weg, ein klassisches Studium brauchte sie dafür nicht. Heute strahlt sie Kompetenz und Erfahrung aus, dabei redet sie schnörkellos und humorvoll. Das könnte Sie auch interessieren: Ungewöhnliches Erfolgsrezept: Warum eine Bielefelderin nur Frauen einstellte 2008 wechselte Czymek-Lauer zu Unify, einer auf Echtzeit-Kommunikation ausgerichteten Gründung von Siemens und der Investmentfirma Gores Group. Nachdem Unify an den französischen IT-Konzern Atos verkauft wurde, setzte Czymek-Lauer ihre Karriere bei Atos fort. Bis 2020, als sie zur damaligen Itelligence AG kommt: Hier bekommt sie globale Leitungsaufgaben für die Bielefelder Zentrale, kann aber weiter im Raum München leben und arbeiten, wo sie mit ihrem Mann und den drei Kindern wohnt. Sie steigt bis in die Chefetage auf. Hat sie Spaß an Zahlen? Als Nachfolgerin von Jürgen Pürzer hat sie als Finanzvorständin seit Juni 2025 einen breiten Verantwortungsbereich von Rechnungswesen und Controlling bis hin zu Einkauf und IT. Hat sie Spaß an Zahlen? &bdquo;Nicht die Zahlen selbst machen mir Freude, sondern die Analyse von Sachverhalten – und da helfen Zahlen natürlich sehr.“ Die von Czymek-Lauer mitgesteuerte NTT Data Business Solutions in Bielefeld, die einstige Itelligence AG, ist heute eines der wenigen Unternehmen, die noch aus der New-Economy-Welle rund ums Jahr 2000 herum übrig geblieben sind. Lange Zeit war die 1989 von Herbert Vogel und Wolfgang Schmidt gegründete Gesellschaft spezialisiert auf die Beratung von Firmen, die SAP-Software nutzen wollten. Vom turbulenten Anfang zur Erfolgsgeschichte Die SAP-Beratung gehört immer noch zum Kerngeschäft, doch vieles andere hat sich verändert: Aus Itelligence wurde nach der Übernahme durch den japanischen NTT-Data-Konzern die deutsche Tochter NTT Data Business Solutions. Das Angebot wird heute durch Lösungen von anderen Softwareproduzenten wie Microsoft ergänzt. Und aus den turbulenten Anfängen wurde eine Erfolgsgeschichte. Inzwischen zählt das in mehr als 30 Ländern weltweit vertretene Unternehmen 18.000 Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen in 74 Gesellschaften. Mehr als 2.000 Beschäftigte seien allein in diesem Jahr weltweit neu an Bord gekommen, sagt Nicola Czymek-Lauer. Der Umsatz war 2024/25 (bis 31. März) auf 1,85 Milliarden Euro gestiegen und wird jetzt wohl in Richtung der Zwei-Milliarden-Marke klettern: &bdquo;Wir wachsen allen Krisen zum Trotz weiter“, freut sich die Herrin der Konzernfinanzen. Mehr zum Thema: Bielefelder Unternehmen NTT Data sucht bundesweit 150 neue Mitarbeiter Die Top-Managerin hat als Mutter von drei Kindern, die jetzt 24, 20 und 17 Jahre alt sind, erlebt, wie schwierig die Vereinbarung von Familie und Beruf sein kann. &bdquo;Mit meinem Mann habe ich mich bei der Kindererziehung abgewechselt, manchmal war die Betreuung kompliziert. Dann wurden Kinder auch mal auf Parkplätzen vom einen an den anderen übergeben“, erinnert sie sich lachend. Nachdem sie mit 30 ihre erste Tochter auf die Welt gebracht hatte, hätte sie eine Betriebs-Kita &bdquo;herrlich gefunden“. Heute ist Czymek-Lauer überzeugt, dass junge Frauen mehr Unterstützung für die Karriere brauchen, erst recht, wenn sie auch Mütter sein wollen. Persönlicher Kontakt ist wichtig Nebenbei betont sie Werte, die heute bedroht zu sein scheinen. So mahnt sie zu echter Toleranz, um gutes Miteinander zu erreichen. Eile sei auch in einer schnelllebigen Zeit &bdquo;kein übergeordnetes Prinzip“, oft sei Gründlichkeit genauso wichtig. Und direkte Kommunikation &bdquo;Auge in Auge“ werde selbst in Zeiten von Video-Meetings gebraucht. Loyalität entstehe leichter beim persönlichen Kontakt, daher besuche sie regelmäßig die Standorte im Ausland. Obwohl ihre Familie weiter in München wohne, suche sie deswegen eine Wohnung am Firmensitz in Bielefeld. Ihre Überzeugungen setzt sie im Konzern (34 Prozent Frauenanteil) nun in die Tat um und bietet zum Beispiel regelmäßig ein &bdquo;Lunch mit der CFO“, also der Finanzchefin, speziell für Frauen, um über Ideen zu sprechen. &bdquo;Frauenförderung ist mir ein persönliches Anliegen“, sagt Nicola Czymek-Lauer. &bdquo;Am Ende profitiert auch das Unternehmen davon.“

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