E-Rezept-Chaos: Bielefelder Apotheken müssen Kunden wegschicken

Bielefeld. Die unbeliebte Situation in der Apotheke: Anstellen, Krankenkassenkarte mit E-Rezept übergeben – und das Medikament eben doch nicht in Empfang nehmen. Bielefelder Apotheker beklagen, dass sie eine Versorgung ihrer Kundinnen und Kunden mit E-Rezept nicht immer gewährleisten können – obwohl sie es eigentlich müssten. Beinahe täglich schicken sie Kunden weg. Entweder weil das System ausgefallen ist, oder weil ein E-Rezept noch gar nicht freigegeben wurde. &bdquo;Es vergeht fast kein Tag ohne Störungen im System“, sagt Hauke Wachsmuth-Helm. Er ist Beauftragter für Öffentlichkeitsarbeit in der Bielefelder Apothekerschaft und Inhaber der Arminius-Apotheke in Brake. Am Mittwoch, 11. Juni, habe es zum Beispiel mehrere kurze Störungen gegeben. Besonders klagt er jedoch über zunehmend mehrstündige Ausfälle: Am Montag, 23. Juni, sei das System zum Beispiel für mehrere Stunden ausgefallen, E-Rezepte konnten vom Nachmittag bis zum Abend nicht eingelöst werden. Knapp 50 Kunden habe er an dem Tag wegschicken müssen. Wo ein Fehler liegt und welche Krankenkassenkarten von einer Störung betroffen sind, sei nur schwer nachvollziehbar, sagt er. Fehler kämen von verschiedensten Quellen. Eingesehen werden können sie über die Website der Gematik, sagt der Apotheker, die im deutschen Gesundheitswesen verantwortlich für die Telematikinfrastruktur ist. Die Website bestätigt: Fast täglich gibt es Fehler im System. Papierrezept als Notlösung Genauso wenig gebe es ein System, auf das Apotheken bei einem Ausfall zurückgreifen können – eine Situation, die gefährlich sein kann. &bdquo;Gerade im medizinischen Bereich geht es im schlimmsten Fall um das Leben von Patienten“, sagt der Apotheker. Einige Kunden können nicht bis zum nächsten Tag auf ihr Medikament warten. Die einzige Lösung: Der Patient müsse wieder zum Arzt zurückgehen und sich ein Papierrezept ausstellen lassen. Genau diesen Fall habe Wachsmuth-Helm erst vor wenigen Tagen gehabt – am Abend. Glücklicherweise sei die Arztpraxis aber noch geöffnet gewesen, sodass der Kunde sein dringend benötigtes Medikament noch erhalten konnte. Auch Hauke Stange, Bezirksgruppenvorsitzender des Apothekerverbands Westfalen-Lippe und Inhaber der Vivas-Apotheken in Bielefeld, kritisiert die ständigen Ausfälle des E-Rezept-Systems: Apotheken müssen garantieren können, dass sie ihre Kunden auch versorgen können, sagt er. &bdquo;Wenn aber online ausfällt, sind wir nicht mehr in der Lage, das zu gewährleisten.“ Auch Wachsmuth-Helm sagt: &bdquo;Wir haben keine zugesicherte Verfügbarkeit, weil es immer wieder ausfällt. Das ist etwas, das nicht sein kann.“ Lesen Sie auch: Neuer Chef und ein endgültiges Aus: Bielefelder Apotheken-Landschaft in Bewegung Freigabe muss nicht sofort geschehen Stange sieht aber noch ein zweites Problem: Ist ein E-Rezept von der Arztpraxis noch nicht freigegeben, kann es auch nicht eingelöst werden – der Kunde verlässt die Apotheke also ebenfalls ohne sein Medikament. &bdquo;Das erweitert die Problematik“, sagt er. Und sei ein Fall, den beide Apotheker täglich sehen. Stange sieht die Vorteile des E-Rezepts durchaus: Ein Kunde könne nun zum Beispiel ein Medikament verschrieben bekommen, ohne die Praxis betreten zu müssen. Aber Nachteile seien nun mal da. &bdquo;Früher konnte ein Rezept die Praxis nicht ohne Unterschrift verlassen“, sagt er. Der rosa Schein sei sofort mit der Unterschrift gültig gewesen. Die Freigabe eines E-Rezepts müsse aber nicht direkt mit Verlassen der Arztpraxis geschehen. Wer also direkt vom Termin zur Apotheke kommt, könnte in die Situation kommen, dass er es noch nicht abholen kann. Stange betont: &bdquo;Die Apotheke ist nicht schuld daran, dass eine Verordnung nicht freigegeben ist.“ Lesen Sie auch: Modern und richtig gemütlich: Bielefelder Apotheke wird zum Eiscafé Kunden sind frustriert Beide Probleme – ständige Systemausfälle und fehlende Freigaben – führen bei Kunden immer wieder zur Frustration, sagen die Apotheker. Ein Rezept nicht einlösen zu können, hat laut Wachsmuth-Helm zwei Konsequenzen: eine Unterversorgung von Patienten, die ein Medikament benötigen, aber auch einen wirtschaftlichen Ausfall für Apotheken. &bdquo;Denn das Frusterlebnis haben sie natürlich in der Apotheke“, sagt er. Und deshalb sei es auch nicht garantiert, dass ein Kunde wiederkommt, um sein E-Rezept später in derselben Apotheke einzulösen. Bei einem Fehler im System helfe es ebenfalls nicht, zum Wettbewerber zu gehen, sagt Wachsmuth-Helm. Denn in der Regel betreffen Ausfälle dann alle Apotheken. 📱 News direkt aufs Smartphone: Hier finden Sie den kostenlosen Whatsapp-Kanal der NW-Bielefeld

Meistgelesen