Bielefeld feierte seinen CSD auf besonders fulminante Art und Weise

Bielefeld. Ein CSD, fast wie gemalt: knalliger Sonnenschein, alles schrill-bunt-fröhlich-laut, die Regenbogenfahne gehisst, Polizei und Rettungsdienste entspannt und zufrieden – und mit vermutlich mehr als 10.000, vielleicht sogar 12.000 Menschen weit mehr als vom Veranstalter BIEQueer erwartet. Eine nicht enden wollende Parade – dieses Jahr über Straßen, nicht in der Fußgängerzone, es gibt etwas mehr Raum zum Feiern – und trotzdem zur Bevölkerung, die nicht wegen des CSD in der City ist. Fazit: Wow. Aber: Ein bisschen Kritik gab es auch. Zudem ist der CSD nun einmal politisch, und auch hier gab es Misstöne. Unterm Strich war die 31. Auflage des CSD eine besondere: Die queere Gemeinschaft steht unter Druck, weltweit, in Europa, in Deutschland, in Bielefeld. Gleichberechtigung schwindet, Toleranz gilt einigen nicht mehr viel, alte Muster brechen auf. In Berlin wird gestritten über eine Regenbogenfahne auf dem Bundestag, ein Sinnbild der Trends. Anders als in Berlin weht die Fahne in Bielefeld – sogar doppelt In Bielefeld weht die Fahne dafür doppelt: auf der Burg und vor dem Rathaus. Das wird bejubelt, ist ein Statement des schwulen Oberbürgermeisters Pit Clausen, der die Fahne mit Ehemann Thomas Sopp präsentiert. Er betont: &bdquo;Jede Liebe verdient Respekt!“ – und, dass der CSD eben nicht nur Party sei, sondern auch politisch. Das ist natürlich das Ziel des CSD, und so rufen die Organisatoren Sascha Ohnesorge und Fabi Müller der jubelnden queeren Community und den anderen Besuchern zu: &bdquo;Wir wollen nicht nur heute sichtbar sein, wir müssen uns verbinden und verbünden. Vielfalt ist unsere Stärke, Liebe und Selbstbestimmung sind unantastbar.“ Dass diese Vielfalt im Vorfeld von den Veranstaltern ausgebremst worden war, stieß auch beim CSD auf Kritik. Die Fetischgruppen &bdquo;Puppys“ und &bdquo;Leather OWL“ hatten gemeinsam einen Stand auf dem Ständemarkt beantragt, das wurde abgelehnt. Bis heute ist vielen, auch an den anderen Ständen, nicht klar, warum. Es gibt Mutmaßungen wie &bdquo;formale Sachen“, aber irgendwie reicht das den meisten nicht als Erklärung. Vielen stößt auf, dass Toleranz eingefordert und dann bei einem Info-Stand mit Verboten agiert wird. Mutmaßungen machen die Runde, vielleicht gab es ja Kritik an den Fetischgruppen bei Stichwörtern wie &bdquo;Konsens“, also klaren Regeln des Respekts voreinander, und &bdquo;Minderjährigkeit“, doch keiner weiß es so richtig, das wird bei Gesprächen an den Ständen deutlich. Kunstaktion mit Wutrede gegen die CDU-Positionen Die politische Seite des CSD bekommt auch die CDU auf dem Ständemarkt zu spüren. Sie steht in einer Reihe mit den anderen Rats-Parteien (außer AfD), wird aber über gut eine Stunde fast komplett blockiert. Drag-Künstler Jens Brüggemann aus Münster (alias Saroxa) hält in einem Liegestuhl sitzend über ein Megaphon eine Art Wutrede gegen die CDU, gegen die Positionen, die diese zur Kommunalwahl zu den Themen Gendern, Geschlechtergerechtigkeit, Gleichstellung formuliert hatte. Er liest die Antworten vor, kommentiert sie, es gibt Applaus – für ihn. Spontan gesellen sich weitere Demonstrierende zu ihm, blockieren den Stand. Skandiert wird: &bdquo;CDU verpisst Euch, weg vom CSD.“ Da auch Wasserbomben geflogen sind, ist die Polizei informiert, zeigt Präsenz. Zwei, drei Gespräche gibt es, aber kein Eingreifen. &bdquo;Das ist Meinungsfreiheit, das gehört zur Demokratie“, sagt ein Polizist. Und ergänzt: &bdquo;Fliegen erneut Wasserbomben, werden wir einschreiten und in die Kommunikation gehen.“ CDU-Geschäftsführer Simon Lange ärgert der Vorfall, aber auch er hält die Deeskalation für das richtige Vorgehen. Allerdings seien Wasserbomben auf Ehrenamtliche nicht in Ordnung, alles andere müsse eben akzeptiert werden in einer Demokratie. &bdquo;Es gibt ja wirklich gute Gründe für diesen Tag.“ So wie auch der CSD – wie immer verärgert die politische Parade auch am Straßenrand etliche Menschen, auch Autofahrer sind genervt, doch insgesamt ist in der Stadt ein großes Wohlwollen zu spüren – und viele sagen auch: &bdquo;Es gibt ja wirklich gute Gründe für diesen Tag.“ 📱 News direkt aufs Smartphone: Hier finden Sie den kostenlosen Whatsapp-Kanal der NW-Bielefeld

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