Brackwedes neue Hauptstraße ist ein gelungener Kompromiss

Bielefeld. Es war fürwahr ein Mammutprojekt: Seit fast zehn Jahren wurde über den Umbau der Hauptstraße debattiert. Im Februar 2022 wurde er genehmigt, wenige Wochen später startete die erste Phase mit dem Fällen der Bäume links und rechts der Fahrbahn. Ein Jahr drauf begann die rund 20-monatige Hauptphase in Bielefelds wohl größter Einkaufsmeile jenseits der City, mitten durch das Zentrum von Brackwede. An diesem Wochenende wird der offizielle Abschluss mit einem großen Eröffnungsfest begangen. Doch wie gelungen ist das &bdquo;neue“ Gesicht der Hauptstraße denn nun? Ist wirklich alles besser geworden? Bei der Bewertung hilft ein Blick in die Vergangenheit. Vorbei ist die Zeit, als die Ginkgobäume noch standen (und der ein oder andere sich über ihren unangenehmen Geruch beschwerte); als die Pflasterung ein strukturreiches Durcheinander von Asphaltgrau und bröckelnden beigefarbenen Pflastersteinen im Schienenbereich war, flankiert von verblassten weißen Seitenstreifen und Stellplätzen; als es beidseitig noch einen rot unterlegten &bdquo;unechten“ Radweg mit weißen kleinen Radsymbolen und einen Gehweg direkt daneben gab, dessen Breite variierte und dessen Waschbetonplatten oder (bei Nässe rutschige) Steinplatten kaputt und abgesackt waren. Fußgänger und Radler wuselten durcheinander. Vorbei sind aber auch die Zeiten, in denen Brackwedes Lebensader immer mal wieder abschnittweise gesperrt wurde, weil die Stadtwerke die maroden Schienen oder das Gleisbett oder beides reparieren mussten - und als sich dann der eine oder andere Autofahrende in der Baustelle festfuhr. Und hoffentlich auch die Zeiten, wo die Stadtbahn unerwartet anhielt, weil ein Autofahrer sein Gefährt so lässig geparkt hatte, dass sie nicht mehr daran vorbeifahren konnte. Freie Fahrt für Autofahrer An der Haltestelle Kirche wiederum bildete sich früher hinter den stehenden Bussen und Bahnen mitunter eine kleine Schlange Autofahrer, die es glücklich über die Ampeln an der Kreuzung geschafft hatten, nur um hier wieder halten zu müssen. Einige wenige, die besonders genervt waren, fuhren kurzerhand auf dem Bürgersteig an der Blechlawine vorbei. Nun haben sie alle freie Fahrt - die Haltestelle wurde jenseits der Kreuzung als Hochbahnsteig neu gebaut, dafür reichte im Kurvenbereich vor der Kirche der Platz nicht. Lesen Sie auch: Anfang vom Ende einer Bielefelder Baustelle: So sieht die Brackweder Hauptstraße jetzt aus Das alles zeigt: Die Hauptstraße war schon immer ein Ort, in dem die unterschiedlichsten Verkehrsteilnehmer auf mitunter unerwartete Weise unterwegs waren, und das über Jahre erstaunlicherweise ohne große Konflikte. Durch den Umbau ist der Verkehrsraum neu aufgeteilt und geordnet worden. Das Bodendurcheinander wurde durch dezente Grautöne ersetzt (dunkler in den Parkplatzbuchten), die Pflastersteine im Gleisbett durch glatten Asphalt. Die Radfahrer haben eine deutlich weiß markierte eigene Spur auf der Fahrbahn, wenn sie auch eng bemessen ist. 📱 News direkt aufs Smartphone: Hier finden Sie den kostenlosen Whatsapp-Kanal der NW-Bielefeld Das spontane Queren der Straße wird nun zwar durch die Hochbahnsteige erschwert, dafür gibt’s aber deutlich mehr Bedarfsampeln. Menschen, denen das Gehen nicht (mehr) so leicht fällt, die auf Rollator oder gar Rollstuhl angewiesen sind, Eltern mit Kinderwagen, Leute mit Rollkoffern oder schwerem Gepäck können nun problemlos in die Stadtbahn einsteigen. Mit der Stadtbahn zum Eröffnungsfest Gerade der Blick in die Zeit vor dem Umbau macht klar, wie viel gelungen ist und wie viel hier verbessert wurde - ungeachtet aller Kompromisse und Ärgernisse. Und jeder Bielefelder, jede Bielefelderin sei an dieser Stelle ausdrücklich ermuntert, sich selbst ein Bild vor Ort zu machen. Vielleicht am Sonntag mit der Stadtbahn, die dann erstmals wieder fährt.

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